Eine Erfolgsgeschichte der ICC – 70 Jahre Incoterms
Die Internationale Handelskammer (ICC) hat sich die praktische Förderung des internationalen Handels und derjenigen Bedingungen zum Ziel gesetzt, unter denen dieser abgewickelt wird. Weltweit anerkannte Handelsklauseln, Musterverträge und Richtlinien der ICC vereinheitlichen die internationale Handelspraxis. Aus Anlass ihres 70. Geburtstags seien die von der ICC entwickelten Incoterms hier besonders hervorgehoben. Nicht zu Unrecht werden sie auch als “cement that keeps the bricks of world trade contracts together” klassifiziert.
Incoterms wie EXW, FOB, CIF, DDU, CPT usw. sind im internationalen Warenverkehr gebräuchliche Abkürzungen. Sie regeln die wesentlichen Käufer- und Verkäuferpflichten bei grenzüberschreitenden Geschäften. Die Incoterms werden weltweit im internationalen Handel eingesetzt. Ihre Erfolgsgeschichte reicht bis in das Jahr 1936 zurück. Das Erfolgsgeheimnis der Incoterms: Sie werden von einer privatrechtlichen Organisation, der ICC, herausgegeben. So können sie schneller und praxisorientierter an die aktuellen Entwicklungen angepasst werden. Seit ihrer Veröffentlichung vor 70 Jahren wurden sie insgesamt sechsmal überarbeitet, zuletzt im Jahre 2000. Die Incoterms werden heute auf internationaler Ebene allgemein anerkannt und von der United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) unterstützt. Auch wurden sie beispielsweise in Musterverträge integriert, die zwischen der deutschen und chinesischen Regierung Mitte der 90er Jahre vereinbart wurden.
Mit der Einbeziehung der Incoterms in Kaufverträge erreichen die Vertragspartner eine weltweit einheitliche Auslegung bestimmter Pflichten von Käufer und Verkäufer. So verringern sie die Gefahr von Missverständnissen, die in der Praxis zu Prozessen zwischen Handelspartnern führen können. Die Incoterms sind insbesondere bei solchen Geschäften nützlich, bei denen keine branchenspezifischen Standardbedingungen oder allgemeinen Verkaufsbedingungen einbezogen werden können.
Ihre Beliebtheit bei Praktikern im internationalen Recht ist leicht zu erklären: Die Incoterms versuchen anders als Gesetze, nicht die Handelspraxis zu diktieren. In die Incoterms werden vielmehr grundsätzlich nur solche Regelungen aufgenommen, über die im internationalen Handelsverkehr bereits im Wesentlichen eine einheitliche Auffassung bestand. Ihr Anspruch ist es, die gängige Handelspraxis zu reflektieren und Änderungen, beispielsweise durch technische Neuerungen im globalen Handel, aufzugreifen.
Vor der regelmäßig, etwa im 10-Jahres-Rhythmus stattfindenden Überarbeitung werden die Mitgliedsunternehmen der ICC konsultiert. Zu den über 7500 Mitgliedern aus 130 Ländern zählen neben global agierenden Unternehmen auch viele international tätige Anwaltskanzleien. Deren geballtes Fachwissen, das in die Incoterms einfließen kann, macht diese so nutzerfreundlich und praxisnah. Und es gibt weitere interessante Neuigkeiten: Aktuell finden die Incoterms auch in den USA vermehrt Anwendung. Dort hatte man lange Jahre auf eine eigene UCC-Regelung gesetzt. Einer weltweiten Anwendung stehen keine Sprachbarrieren im Weg. Es gibt autorisierte Fassungen in 31 Sprachen.
Die privatwirtschaftliche Ordnung des Rechts wird zudem auch für den Konfliktfall aufrechterhalten. Bei einer Schiedsklausel zugunsten der ICC-Schiedsgerichtsbarkeit kann im Streitfall ein Schiedsgerichtsverfahren auf der Grundlage der ICC-Schiedsordnung durchgeführt werden. So regelt die Wirtschaft ihre eigenen rechtlichen Beziehungen untereinander. Ein sinnvolles Prinzip, das auch für andere Bereiche Beispielcharakter haben könnte.
Rechtsanwalt Klaus Vorpeil, Gau-Bickelheim