Transparency International : Korruptionswahrnehmungsindex 2015 veröffentlicht
Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat am 27.1.2016 den Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index, CPI) veröffentlicht. Er umfasst in diesem Jahr 168 Länder und Territorien. Der Index setzt sich aus verschiedenen Expertenbefragungen zusammen und misst die in Wirtschaft, Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption. Deutschland erreicht auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) 81 Punkte. Die Bundesrepublik rangiert damit mit Großbritannien und Luxemburg auf dem zehnten Platz.
Deutschland unter G20 Staaten auf dem zweiten Platz
Im Vergleich aller G20 Staaten belegt Deutschland mit Großbritannien hinter Kanada den zweiten Platz; EU-weit ist Deutschland auf Platz fünf des Korruptionswahrnehmungsindex. International belegen Dänemark (91 Punkte), Finnland (90) und Schweden (89) die vordersten Plätze.
Deutschland hat sich im Vergleich zum CPI 2014 um zwei Punkte und zwei Rangplätze verbessert. Ursache hierfür mag sein, dass Deutschland in den letzten zwei Jahren einige Hausaufgaben in Sachen Korruptionsbekämpfung zumindest teilweise erledigt hat: Die UN Konvention gegen Korruption wurde endlich ratifiziert, die Bestechung von Mandatsträgern wurde strafrechtlich verschärft und es wurden Karenzzeiten für Politiker in hohen Regierungsämtern gesetzlich festgelegt. Im November 2015 ist das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption in Kraft getreten. Der Bundestag berät derzeit den Gesetzentwurf zur Korruption im Gesundheitswesen, mit dem die Bestechung und Bestechlichkeit von Angehörigen der freien Berufe im Gesundheitswesen künftig geahndet werden soll.
Immer weniger Integrität in der deutschen Wirtschaft?
Der Ruf der deutschen Wirtschaft scheint indessen schlechter zu werden. Führungskräfte aus der Wirtschaft nehmen deutsche Unternehmen als immer weniger integer wahr; das ist dem Executive Opinion Survey des World Economic Forum zu entnehmen, der mit anderen Quellen dem CPI zugrunde liegt. Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland: „Von einer vermeintlichen Verbesserung im Index sollte sich Deutschland nicht blenden lassen. Die jüngsten Korruptions- und Compliance-Skandale – sei es in der Automobilwirtschaft, im Sport oder im Finanzmarkt – zeigen, dass es auch in unserem Land in Sachen Integrität noch viel zu tun gibt.“
Ethisches Verhalten braucht solide rechtliche Rahmenbedingungen
Der VW-Skandal zeigt: Wo klare Regelungen und staatliche Verantwortung hinsichtlich der Typzulassungsverfahren sowie der Kontrolle gesetzliche Vorschriften zu Abgas- und Verbrauchswerten fehlen, ist die Versuchung von Unternehmen zu Manipulationen hoch. Am Reputationsverlust und wirtschaftlichen Schaden bei VW trägt daher der Staat eine Mitschuld.
Transparentes Monitoring von Führungs- und Fehlerkultur im Finanzsektor gefordert
Auch im Finanzsektor muss mehr zur Bekämpfung von Geldwäsche und Korruption geschehen. Die großen global agierenden Banken haben in den Jahren 2010 bis 2014 über 300 Milliarden Dollar an Bußgeldern für Gesetzes- und Regelverstöße gezahlt (CCP Research Foundation). Die milliardenschweren Strafzahlungen haben jedoch offensichtlich nicht zu einem Umdenken der Verantwortungsträger geführt: In vielen Fällen wurden die Bußgelder nach innen bagatellisiert. Folglich blieb der Umgang der Banken mit Verstößen gegen Gesetz und Spielregeln mangelhaft.
„Der Kulturwandel kann nur mit einem konsequenten Monitoring von Compliance und gelebter Führungskultur durch die Bankenaufseher gelingen. Neue Regulierungsvorschriften und Bußgelder werden nicht ausreichen. Seit 2010 kündigen Banken immer wieder Aufbruch und Kulturwandel an, doch es ist nur wenig passiert“, so Caspar von Hauenschild, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland.
Das Problem muss auch strukturell gelöst werden. Im Investmentbanking werden beispielsweise die höchsten Boni seit Jahren gezahlt, aufgrund der Bonusregelungen sind Händler durch die Maximierung des eigenen Bonus quasi korrumpiert, und die Position des Kunden oder der Bank selbst ist sekundär geworden. Hier muss eine Aufsicht sicherstellen, dass dieser Geist von Maßlosigkeit und Selbstbedienung unterbunden wird.
Neben einem konsequenten Monitoring der Führungskultur fordert Transparency Deutschland eine Offenlegung von Fehlern und Verstößen von Banken: „Ohne eine radikale Veränderung des Fehlermanagements wird es keinen Wandel in der Führungskultur geben“, sagt Caspar von Hauenschild, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland. Die Delikte der Banken umfassen unter anderem massive Verstöße gegen Anti-Geldwäsche-Gesetze und gegen Embargos von Zahlungsverkehr mit ausgewählten Ländern, Beihilfe zur Steuerhinterziehung, Manipulation von Referenzsätzen für Zinsen und Devisen ebenso wie vorsätzliche Falschdarstellung von Ausfallrisiken von handelbaren Anlagepapieren.
Der Lackmustest für einen gelingenden Kulturwandel erfordert die Entwicklung einer transparenten Fehlerkultur. Die transparente Kommunikation von Fehlern und ihren Folgen durch die Bankenaufsicht ist durch den Abschreckungseffekt eine starke Waffe im Kampf gegen Korruption und illegitimes Geschäftsgebaren.
(PM TI vom 27.1.2016)