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ZNER 2020, 365
Lehnert 
ZNER 2020, Heft 05, Umschlagteil S. 365 (IV)

Editorial

Am 23. 09. 2020 hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf für die die Novellierung des EEG beschlossen. Mal wieder eine EEG-Novelle, könnte man sagen. Tatsächlich ist die letzte grundlegende Novelle schon fast vier Jahre her – damals wurde das Fördersystem mit der Einführung der Ausschreibungen grundlegend neu gefasst. Eine umfassende Umgestaltung des Fördersystems steht diesmal nicht an. Vielmehr geht es „nur“ um die Umsetzung ambitionierterer Ziele zum Klimaschutz und zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Dieses Ziel ist wichtig und richtig, und insofern weist auch der Gesetzentwurf in die richtige Richtung und ist daher grundsätzlich zu begrüßen. Dass dabei noch ambitioniertere Ziele wünschenswert gewesen wären, ist natürlich auch nicht zu bezweifeln. Die politische Diskussion darüber könnte sich aber möglicherweise erübrigen, da eine Anpassung der Ziele nach oben aufgrund der Erhöhung des Klimaschutzziels auf europäischer Ebene ohnehin unumgänglich sein dürfte.

Allein durch die Vorgabe von Ausbauzielen im EEG werden allerdings noch keine neuen Anlagen gebaut. Und so wird es umso wichtiger, dass neben der effizienten Umsetzung der Instrumente im EEG auch Hindernisse auf anderen Ebenen, insbesondere im Planungs- und Genehmigungsrecht vor allem bei der Windenergie, beseitigt werden. Dazu ist die Zusammenarbeit mit den Bundesländern unumgänglich, und das neue EEG enthält dafür immerhin neue Instrumente. Auch die Akzeptanz von Anlagen wird eine wichtigere Rolle spielen. Das neue Instrument der freiwilligen Zahlungen an Kommunen dazu im EEG-Entwurf ist ein guter richtiger Ansatz, auch wenn der ursprüngliche Vorschlag im Referentenentwurf nochmal kräftig gestutzt und damit in seiner Wirkung leider beschränkt wurde. Allein mit einem Akzeptanzinstrument im EEG wird es aber wohl ohnehin nicht getan sein, sondern es werden viele kleine Schritte notwendig sein, um die lautstarke Minderheit der Gegner zu überzeugen oder zumindest zu beruhigen.

Im Übrigen enthält der Gesetzentwurf zum EEG 2021 viele wichtige neue Regelungen – wobei auch so manches fehlt, was man erwartet oder sich gewünscht hätte. Einen ersten Überblick zum Gesetz gibt in diesem Heft Altrock. Es ist aber schon abzusehen, dass wir uns auch in dieser Zeitschrift noch intensiver mit dem EEG 2021 beschäftigen werden (müssen).

Im vorliegenden Heft geht es aber erstmal um andere – nicht minder spannende – Themen. Zwei Aufsätze beschäftigen sich mit der sog. Rückseite der Energiewende – der auch nach dem Atomausstieg notwendigen Endlagerung. Auch wenn der Atomausstieg in zwei Jahren abgeschlossen sein wird, bleibt die Frage „Wohin mit dem Müll?“ nämlich zunächst weiter ungelöst. Eigens zu diesem Zweck wurde bereits 2014 eine Behörde geschaffen, das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), das wie eine Atomaufsicht für den Endlagerbereich wirkt. Der Chef dieser Behörde, Wolfram König, stellt in diesem Heft mit viel Hintergrundwissen und Überblick über die Gesamtzusammenhänge die Leitplanken der Suche nach dem Endlager vor. Das Thema ist hochaktuell, denn soeben wurde ein erster wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Endlagersuche erreicht, indem die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE mbH) dem BASE am 28. 09. 2020 den Zwischenbericht Teilgebiete übergeben hat. Dieser Bericht – der entgegen mancher Erwartungen Gorleben ausnimmt und andererseits zahlreiche Gebietsvorschläge in Ost- und Süddeutschland enthält – zeigt mit erfreulicher Klarheit, dass die Endlagersuche in diesem Prozess hoffentlich weniger von politischen Präferenzen bestimmt werden wird, sondern von der wissenschaftlichen Diskussion nach dem am besten geeignetsten und sichersten Endlagerstandort.

Einem besonderen Aspekt bei der Endlagersuche – nämlich der Öffentlichkeitsbeteiligung – widmet sich der zweite Aufsatz zum Themenbereich Atomausstieg. Ohne eine breite Öffentlichkeitsbeteiligung wird die Endlagersuche nicht funktionieren. Aber in Zeiten von Corona ist so etwas kaum möglich, oder? Emanuel macht in seinem Aufsatz deutlich, dass auch in Zeiten der Kontaktbeschränkungen die Öffentlichkeitsbeteiligung gut – und vielleicht sogar besser – funktionieren kann. Und dass die Pandemie andererseits kein Grund sein darf, die grundrechtlich gewährten Beteiligungsrechte aufzuheben und zu beschränken. Davon kann man nicht nur bei der Endlagersuche sondern auch in vielen anderen Bereichen der notwendigen Öffentlichkeitsbeteiligung lernen.

Jenseits der Endlagersuche soll aber auch die eigentliche Energiewende in diesem Heft nicht zu kurz kommen. Als eines der Kernprobleme – zumindest im Strombereich – gilt dabei der schleppende Netzausbau. Seit vielen Jahren beschäftigt sich die Politik damit, und es sind besondere Planungsinstrumente geschaffen worden. Die Instrumente basieren auf dem sog. Netzentwicklungsplan, der den Umfang des Netzausbaus festschreibt. Doch wie wichtig ist der Netzausbau wirklich? Und kann der Umfang nicht durch andere Maßnahmen wirksamer und volkswirtschaftlich günstiger begrenzt werden? Diesen Fragen widmet sich Jarass, der mit interessanten Thesen in Frage stellt, ob der aktuell geplante Netzausbau tatsächlich in diesem Umfang notwendig ist. Diese Fragen werden zu diskutieren sein. Und sie sind hochaktuell: Denn – quasi im Windschatten des EEG – ist gerade auch eine Novellierung des BBPlanG vom Kabinett verabschiedet worden, das den deutlich steigenden Netzausbaubedarf auf Höchstspannungsebene festschreibt. Die Opposition im Bundestag hat schon eingefordert, dass das Gesetz intensiver diskutiert werden müsse, um zu klären, wo der Netzausbau sinnvoll und notwendig ist.

Schließlich widmen sich Antoni/Kalis der Frage, wie die Lieferung von grünem Strom eigentlich nachgewiesen werden kann. Der Bedarf an grünem Strom und vor allem an glaubwürdig nachgewiesenem grünem Strom wächst. Das betrifft weniger den Haushaltskundenbereich, als vielmehr die Industrie, die vielfach große Ziele zur Emissionsminderung hat und diese auch durch den Bezug von grünem Strom nachweisen will. Antoni/ Kalis stellen verschiedene Nachweissysteme dar und vertreten die Auffassung, dass die bestehenden Systeme nicht hinreichend sind. Tatsächlich haben alle Systeme gegenwärtig Schwächen. Ob man aber tatsächlich, wie von den Autoren vorgeschlagen, ein neues System mit einer viertelstundengenauen Bilanzierung und regionalem Zusammenhang braucht oder ob nicht besser das anerkannte und bewährte System der Herkunftsnachweise des UBA weiter entwickelt werden sollte, bleibt zu diskutieren.

RA Dr. Wieland Lehnert, LL.M.

 
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