Willkommen zur 17. Ausgabe “Geldwäsche & Recht”
Dr. Jacob Wende
Penelope Schneider
Prof. Dr. Kilian Wegner
Liebe Leserinnen und Leser,
nach einer vergleichsweise kurzen Sondierungs- und Verhandlungsphase ist seit Anfang Mai eine neue Bundesregierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz im Amt, die sich ausweislich des Koalitionsvertrags (online abrufbar unter https://t1p.de/j3d7i) auch auf dem Feld der Bekämpfung der Finanzkriminalität einiges vorgenommen hat: Die Kompetenzen des Bundes in diesen Bereich sollen gebündelt werden (Zeile 1545), was eine Neuauflage des in der letzten Legislaturperiode gescheiterten Projekts “Bundesoberbehörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität” wahrscheinlich macht. Die nächste FATF-Deutschlandprüfung wird als Herausforderung ausdrücklich angesprochen (Zeile 1546 f.). Dabei soll insbesondere auch eine bessere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern und – gerade im Hinblick auf die AMLA – mit internationalen Akteuren eine wichtige Rolle spielen. Interessant sind auch die Ausführungen zum Transparenzregister: Hier sollen “Lücken geschlossen” werden, wofür der Vertrag als konkretes Beispiel den Fall nennt, dass ein wirtschaftlich Berechtigter nicht ermittelt werden kann: Während in solchen Konstellationen bisher ein fiktiver wirtschaftlicher Berechtigter einzutragen ist, soll den betroffenen Entitäten künftig teilweise die Verkehrsfähigkeit entzogen werden. Transaktionen über 10.000 EUR netto sollen derartig intransparente Entitäten künftig nicht mehr mit Verpflichteten tätigen dürfen. Ausdrückliche Erwähnung findet in der Koalitionsvereinbarung ferner der von Wegner/El-Ghazi/Zimmermann geprägte Begriff der “suspicious wealth order” (siehe den unter https://t1p.de/70len abrufbaren Essay). Unter diesem Stichwort verabreden die Koalitionäre künftig ein effektiveres Mittel zur Einziehung von Vermögenswerten verdächtiger Herkunft zu schaffen. In Zeile 2877 des Vertrags ist sogar von einer “vollständigen Beweislastumkehr” die Rede – auf die Details darf man gespannt sein. Im Bereich des Strafprozessrechts ist schließlich vorgesehen, die Telekommunikationsüberwachung gem. § 100a StPO in Geldwäschefällen künftig auch dann schon zu erlauben, wenn die Geldwäschevortat nicht – was § 100a StPO bisher verlangt – eine Katalogtat nach § 100a StPO ist.
Während der zwischenzeitlich zum Erliegen gekommene Reformprozess in Deutschland also erst wieder Fahrt aufnehmen muss, gingen die Arbeiten auf europäischer Ebene unvermindert weiter. Die AMLA ist drauf und dran ihre Büros in Frankfurt a. M. zu beziehen und rekrutiert zurzeit Mitarbeiter. In seinem Beitrag für dieses Heft zeigt Osman Saçarçelik auf, welche Bedeutung die Arbeit der AMLA künftig für die Bankenlandschaft in Deutschland haben wird. Eine der wichtigsten Aufgaben der AMLA wird es zukünftig sein, sog. Technische Regulierungsstandards (RTS) zu erarbeiten, die die Vorgaben der EU-AML-VO konkretisieren. Wie dies genau vonstattengeht, hat Ilka Brian in einem zweiteiligen Beitrag für uns aufgearbeitet. Dabei geht sie im ersten Teil, der sich in diesem Heft findet, überblicksartig auch schon auf die ersten vier RTS-Entwürfe ein, die die EBA, die mit dieser Aufgabe übergangsweise von der EU-Kommission betraut wurde, kürzlich zur Konsultation vorgelegt hat. Im nächsten Heft werden diese RTS dann noch näherer Analyse unterzogen.
Auf zwei aktuelle Entwicklungen in der deutschen Behördenlandschaft gehen dann Charlotte Salathé und Christian Zumpf ein: Erstere stellt eine jüngst veröffentlichte Aufsichtsmitteilung der BaFin näher vor, in der es um Risiken im Zusammenhang mit Umgehungsgeschäften geht. Zweiterer kommentiert die neue Fassung der sog. Negativtypologien, die die FIU jüngst in Kooperation mit der BaFin erarbeitet hat.
Wie schon vielfach erprobt, fasst unser Stammautor Philipp Rhein wieder die AML-bezogenen Publikationen des vergangenen Quartals zusammen.
Eine Übersicht der zuletzt veröffentlichten Rechtsprechung ist dann von Mohamad El-Ghazi und Jasna Klotz zu lesen. Ergänzt wird die Übersicht dieses Mal durch eine Ausarbeitung unserer Redaktionsassistentin Johanna Mayrhofer, die von einer interessanten Entscheidung des lettischen Verfassungsgerichtshofs berichtet, der über eine lettische Variante der “suspicious wealth order” zu befinden hatte. Zudem drucken wir eine Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. ab, die sich mit der in der GWuR schon häufig thematisierten Frage beschäftigt, inwieweit Finanzinstitute berechtigt oder sogar verpflichtet sind, als verdächtig gemeldete Transaktionen nach gewisser Zeit trotz des Verdachts auszuführen.
Wir wünschen eine erkenntnisreiche Lektüre!
Ihre Redaktion
Dr. Jacob Wende, Penelope Schneider, Prof. Dr. Kilian Wegner