Im Blickpunkt
Die große Koalition hat sich am 27.5.2021 nach langen und zähen Verhandlungen doch noch auf das Lieferkettengesetz zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards geeinigt, so dass es noch vor der Bundestagswahl beschlossen werden kann (s. dazu auch die Meldung unten auf S. 1346; zum RegE eines Sorgfaltspflichtengesetzes vom 3.3.2021 ausführlich Lutz-Bachmann/Vorbeck/Wengenroth, BB 2021, 906 ff.). Der Anwendungsbereich des Gesetzes wurde auf ausländische Unternehmen erweitert, wenn diese eine Zweigniederlassung in Deutschland haben und in dieser mehr als 3000 Mitarbeiter im Jahr 2023 beschäftigt sind bzw. 1000 Mitarbeiter ab 2024 (s. Schäfers, FAZ.NET vom 27.5.2021). Eine Verletzung der Pflichten aus diesem Gesetz begründe zwar keine zivilrechtliche Haftung, eine unabhängig von diesem Gesetz begründete zivilrechtliche Haftung bleibe allerdings unberührt. Entwicklungsminister Müller begrüßt die Einigung (s. PM BMZ vom 27.5.2021): “Mir fällt ein großer Stein vom Herzen, Jahre der Vorarbeit haben sich gelohnt. . . . Die EU sollte die deutsche Regelung jetzt zur Grundlage eines Vorschlags zur Einhaltung der Menschenrechte in allen europäischen Lieferketten machen.” Diese Einschätzung stößt allerdings in Teilen der Wirtschaft auf heftige Kritik. So sagte Hans-Jürgen Völz, Chefvolkswirt des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) ausweislich der Meldung des BVMW vom 31.5.2021 im Interview mit FAZ.de: “Das Lieferkettengesetz ist für den unternehmerischen Mittelstand eine völlig überflüssige neue Zumutung in wirtschaftlich schweren Zeiten.” Das Gesetz mute den Klein- und Mittelbetrieben zusätzlich zur Pandemiebekämpfung neue Bürokratie und Kosten zu. Es bleibe zu hoffen, dass das Europäische Parlament zeitnah ein eigenes europäisches Lieferkettengesetz mit Augenmaß beschließe und den deutschen Gesetzgeber einfange, so Völz weiter (s. FAZ.NET vom 29.5.2021).
Dr. Martina Koster, Ressortleiterin Wirtschaftsrecht