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BB 2018, I
Strauss 

Der M&A-Boom geht auch 2018 weiter – Herausforderungen aus rechtlicher Sicht

Abbildung 1

Nachdem bereits im Jahr 2017 M&A-Transaktionen nach Anzahl und Deal Value auf einem Rekordniveau lagen, wird für das Jahr 2018 noch einmal ein weiterer Anstieg der M&A-Aktivitäten vorhergesagt. Diese Tendenz lässt sich zunächst auf makroökonomische Faktoren zurückführen, insbesondere auf das weiterhin niedrige Zinsniveau, die damit einhergehenden günstigen Finanzierungsbedingungen und ein anziehendes globales Wirtschaftswachstum. Hinzu kommen solide Bilanzen getragen von hohen Cash-Reserven sowie gute Ertragsaussichten der Unternehmen. Die politischen Unsicherheitsfaktoren wie die Entwicklungen auf der koreanischen Halbinsel, die weniger kalkulierbaren sicherheits- und wirtschaftspolitischen Entscheidungen der USA, die unklaren Auswirkungen des Brexit wie auch die Verzögerungen bei der Bildung einer deutschen Bundesregierung scheinen die optimistische Grundstimmung (vorerst) nicht einzutrüben.

Die positiven Rahmenbedingungen treffen auf die von vielen Marktteilnehmern erkannte Notwendigkeit, etablierte Geschäftsmodelle zu hinterfragen und zu ändern. Die fortschreitende Digitalisierung und das hierdurch beförderte Entstehen gänzlich neuer Industriezweige zwingt etliche Unternehmen, ihre etablierten Geschäftsmodelle umfassender und schneller anzupassen, als sie hierzu organisch häufig in der Lage sind. Zahlreiche Unternehmen setzen daher auf Zukäufe, insbesondere im Technologiebereich, mit denen sie digitale Geschäftsmodelle vorantreiben und ihre Konkurrenzfähigkeit erhalten wollen.

Der M&A-Markt erhält weiteren Auftrieb durch den spürbaren Anlagedruck bei Finanzinvestoren, deren Fundraising in den vergangenen Jahren ein neues Rekordniveau erreicht hat. Die eingesammelten Mittel wollen investiert werden, was dazu führt, dass einige Private-Equity-Investoren in Bieterprozessen noch offensiver um attraktive Targets kämpfen. Ein Beispiel liefert die Bieterschlacht um den Generikahersteller Stada im vergangenen Jahr, bei der sich zwei Private-Equity-Bieterkonsortien gegenseitig überboten, um am Ende den Zuschlag zu bekommen. Daneben drängen auch chinesische Investoren und Family-Offices immer stärker in das Buy-out-Geschäft und heizen den Wettbewerb als zusätzliche, finanzstarke Kaufinteressenten weiter an. All dies führt zu weiter ansteigenden Kaufpreisen, wobei auch die Multiples für die Bewertung von Unternehmen aus der “Old Economy” in bislang ungeahnte Höhen schießen.

Der verschärfte Wettbewerb um attraktive Targets verschafft der Verkäuferseite eine äußerst komfortable Position und hat erhebliche Auswirkungen auf die Vertragsverhandlungen und -gestaltung bei M&A-Transaktionen. Die Verkäufer geben zurzeit typischerweise den Takt vor, sowohl bei Auktionen als auch bei bilateralen Transaktionen. Immer häufiger sehen Prozessvorgaben der Verkäufer extrem kurze Zeitspannen zwischen Abgabe der finalen Angebote und dem Vertragsabschluss vor, die zum Teil bei nur 48 Stunden liegen. Auch die Vertragsbedingungen können Verkäufer regelmäßig zu ihren Gunsten ausgestalten. Das führt zum Teil so weit, dass die Bieter im Verkäuferentwurf des Kaufvertrags vorgesehene Garantien streichen bzw. überwiegend oder gar ausschließlich auf einen Versicherungsschutz bauen, um ihr Angebot attraktiver zu machen.

Die aktuelle Marktsituation bringt auch für die externen Rechtsberater und verantwortlichen Inhouse-Teams neue Herausforderungen mit sich. Agiert man auf Verkäuferseite, gilt es, die derzeitigen Rahmenbedingungen des “Seller's Market” bestmöglich auszunutzen, also den Prozess straff aufzusetzen und die Spielräume bei der Gestaltung der Transaktionsdokumentation auszureizen. Auf Käuferseite ist es hingegen angezeigt, fokussiert und mit dem gebotenen kommerziellen Pragmatismus zu handeln. Das gilt insbesondere für die Due Diligence, in der innerhalb enger Zeitpläne die wesentlichen rechtlichen Risiken zielgerichtet herausgearbeitet werden müssen. Gerade bei internationalen Transaktionen verlangt dies regelmäßig ein global schlagkräftiges Team auf Beraterseite. Auch bei den Verhandlungen über den Kaufvertrag muss die Käuferseite den Fokus auf die für sie zentralen Themen legen, um sich im Bieterkampf erfolgreich behaupten zu können. Dazu gehört auch der Einsatz von Gewährleistungsversicherungen, die insbesondere in Auktionsprozessen immer mehr zum Standard werden. Hierdurch können Käufer trotz der Haftungsbeschränkungen oder kompletten Haftungsausschlüsse, die im derzeitigen Marktumfeld von Verkäuferseite regelmäßig eingefordert werden, eine vertretbare Absicherung erreichen und gleichzeitig die Vertragsverhandlungen beschleunigen. Dass diese Auslagerung von Haftungsrisiken von der Verkäuferseite auf Gewährleistungsversicherungen etwas kostet, muss dabei akzeptiert werden und ist angesichts der weiter steigenden Kaufpreise in der Regel kein entscheidender Kostenfaktor.

Es gibt derzeit wenig Anzeichen, dass sich die vorherrschenden Kräfteverhältnisse zwischen Verkäufer und Käufer im Jahr 2018 wesentlich ändern werden. Wie schnell allerdings ein M&A-Boom ein abruptes Ende nehmen und sich die Verhandlungsmacht zugunsten der Käufer verschieben kann, zeigt der Blick in die jüngere Vergangenheit. Ob Käufer aber nun deswegen auf eine Krise hoffen sollten, darf zu Recht bezweifelt werden.

Dr. Ingo Strauss, RA, ist Partner im Bereich M&A im Düsseldorfer Büro von Baker McKenzie und Mitglied des Steering Committee der europäischen Private Equity Praxisgruppe der Kanzlei. Er berät regelmäßig deutsche und internationale Unternehmen und Finanzinvestoren bei M&A-Transaktionen und Joint Ventures sowie gesellschaftsrechtlichen Fragen und Unternehmensreorganisationen.

 
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