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CB-Standpunkte
30.05.2014
CB-Standpunkte
Dr. Christian Humborg: Die Debatte um Regelungen zum Drehtüreffekt – ein Ende in Sicht?

Zwei prominente Wechsel der letzten Monate ließen die Debatte um Regelungen zum sogenannten Drehtüreffekt wieder aufleben: Eckart von Klaeden wechselte im vergangenen Jahr von der Tätigkeit als Staatsminister im Bundeskanzleramt auf den Abteilungsleiterposten Politik und Außenbeziehungen der Daimler AG. Anfang 2014 gab es Presseberichte, wonach der bisherige Chef des Bundeskanzleramtes, Ronald Pofalla, in den Vorstand der Deutschen Bahn AG wechseln würde.

Wo ist das Problem, fragen viele, die sich eine höhere Durchlässigkeit zwischen Politik und Wirtschaft wünschen. Der Wechsel ist nur dann fragwürdig, wenn es einen Zusammenhang geben könnte zwischen im Amt getroffener Entscheidungen und einer nach dem Ausscheiden aufgenommenen Erwerbstätigkeit.

Für Beamte und damit auch die beamteten Staatssekretäre gibt es eine Fünfjahresregelung, innerhalb derer der Wechsel untersagt werden kann, wenn „dienstliche Interessen beeinträchtigt“ werden. Hier bestehen auf Grund verschiedener Beispiele Zweifel, ob diese Regelung immer konsequent angewandt wurde. So ist nicht bekannt, inwieweit in der Praxis stets eine unabhängige Sachverhaltsermittlung seitens des Dienstherrn durchgeführt wird, inwiefern ein Zusammenhang zwischen bisheriger und zukünftiger Tätigkeit besteht, oder ob eine Sachverhaltsanzeige durch den anzeigenden Beamten durch den Dienstherrn als ausreichend angesehen wird. Im Umsetzungsbericht der Zweiten Evaluationsrunde der Europarat Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) wird festgestellt, dass die Empfehlung, klare Bestimmungen und Leitlinien für Fälle einzuführen, in denen Amtsträger in den Privatsektor wechseln, nur teilweise umgesetzt wurde.

Überhaupt keine Regeln gibt es in Deutschland für Minister und Parlamentarische Staatssekretäre. Transparency fordert eine dreijährige Karenzzeit (oder: Abkühlphase) für Mitglieder von Bundes- und Landesregierungen und Parlamentarische Staatssekretäre, wenn ein Zusammenhang zwischen der bisherigen und zukünftigen Tätigkeit besteht und dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können. Prominente Beispiele aus der Vergangenheit sind Otto Wiesheu (Bayerischer Staatsminister für Verkehr/Deutsche Bahn), Wolfgang Clement (Bundeswirtschaftsminister/RWE Power AG), Gerhard Schröder (Bundeskanzler/Nord Stream AG) und Dieter Althaus (Ministerpräsident Thüringen/Magna). Gern wird zur Verteidigung einer fehlenden Karenzzeit mit Art. 12 des Grundgesetzes, der Berufsfreiheit, argumentiert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass jeder Minister, der mindestens zwei Jahre im Amt war, auch Anspruch auf zwei Jahre Übergangsgeld hat. Dies entspricht ähnlichen Regelungen in der Privatwirtschaft zur Einschränkung der Berufsfreiheit, was bspw. Wechsel zu Wettbewerbern angeht.

In der Politik scheint das Thema endlich angekommen zu sein. So heißt es im Koalitionsvertrag: „Um den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden, streben wir für ausscheidende Kabinettsmitglieder, Parlamentarische Staatssekretärinnen und Staatssekretäre und politische Beamtinnen und Beamte eine angemessene Regelung an.“ Das Bundesinnenministerium ist damit befasst, einen Gesetzesvorschlag zu verfassen.

In der Öffentlichkeit wird die Debatte meist auf die Länge der Karenzzeit reduziert. Für Europäische Kommissare gilt eine Karenzzeit von 18 Monaten. Thomas Oppermann, Fraktionsvorsitzender der SPD im Deutschen Bundestag, hatte Anfang des Jahres ebenfalls eine Karenzzeit von 18 Monaten gefordert. Die FDP hatte im Jahr 2006, damals noch im Bundestag und in der Opposition, sogar eine Karenzzeit von 24 Monaten verlangt.

Es ist höchst zweifelhaft, ob Eckart von Klaeden sein Wechsel beim Bestehen eines solchen Gesetzes genehmigt worden wäre. „Der Spiegel“ berichtete, dass sich von Klaeden in den Jahren 2009 bis 2012 mehr als 20 Mal mit einem befreundeten Manager der Investmentbank Goldman Sachs getroffen hatte. Diese war 2012 und 2013 als eine von mehreren Banken mit der Abwicklung des Verkaufs der EADS-Anteile von Daimler beauftragt. „Er hat interne Vorlagen der zuständigen Abteilung des Bundeskanzleramtes erhalten, die einen Sachstand zum Verkauf der EADS-Anteile der Daimler AG an die KfW enthalten“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Lisa Paus. Von Klaeden erklärte gegenüber dem „Spiegel“, nie über Daimler und EADS im Zusammenhang mit den Anteilsverkäufen gesprochen zu haben.

Im Falle von Ronald Pofalla stellt sich noch eine ganz andere Frage. Hier geht es nicht nur um einen möglichen Drehtüreffekt, sondern vor allem um die Frage, wie öffentliche Unternehmen aus ihrem Auftrag heraus Stellenprofile entwickeln, Qualifikationserfordernisse definieren und einen transparenten Stellenbesetzungsprozess gewährleisten.

 

 

 

 

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