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CB-Standpunkte
05.08.2014
CB-Standpunkte
Hartmut T. Renz / Dr. Martin Weger: Das Gesetz zur Bekämpfung von Steuerstraftaten im Bankenbereich

Aktuell liegt ein Gesetzesentwurf vor, mit dem die BaFin in die Lage versetzt werden soll, gegen Banken einzuschreiten, in denen Steuerstraftaten gehäuft auftreten. Der Gesetzgeber will damit gegen Institute vorgehen, in denen es mutmaßlich zu einer Vielzahl von Steuerstraftaten gekommen ist. Am 28.5.2014 hat der Bundestag mit Drucksache 18/1584 Stellung zum Gesetzesvorschlag des Bundesrats bezogen.

Bemerkenswert ist § 36 Abs. 4 KWG-Entwurf, mit welchem der BaFin die weitreichende Möglichkeit eingeräumt wird, die Schließung eines abgrenzbaren Teils eines Instituts oder die Abberufung der für diesen Instituts-Teil verantwortlichen Personen anzuordnen, wenn in einem solchen Teil – wie z. B. einem Tochterunternehmen, einem Geschäftsbereich oder einer Zweigstelle im In- oder Ausland – eine Vielzahl von Steuerstraftaten i. S. d. § 369 AO begangen wurde. Unter welchen Voraussetzungen die Anordnung in der Praxis erfolgen soll, ist indes ungewiss. Selbst nach Ansicht der Bundesregierung ist es fraglich, ob es bei geltender Rechtslage überhaupt einer solchen Regelung bedarf. Neu wäre allerdings, dass es gegenüber der früheren Rechtslage nicht mehr erforderlich ist, dass der Geschäftsleiter eines Instituts selbst Steuerstraftaten verübt bzw. an Steuerstraftaten fremder Personen beteiligt ist. Es würde für eine aufsichtsrechtliche Maßnahme bereits genügen, dass Mitarbeiter des Instituts Steuerstraftaten begehen bzw. an diesen beteiligt sind. Der Wortlaut stellt allerdings die wichtige Einschränkung auf, dass die Steuerstraftaten „nachhaltig“ geschehen müssen. Hier wird man wohl feststellen müssen, dass eine „nicht geringe“ Anzahl von Mitarbeitern des Instituts an den Steuerstraftaten beteiligt sein müssen. Unklar ist derzeit noch, wie viele Personen dies sein müssen. Sollte ein Steuerstrafverfahren gegen Geschäftsleiter bzw. Mitarbeitern von Instituten im Einzelfall geführt werden, sollte das Steuerstrafverfahren zwingend mit dem bankenrechtlichen Aufsichtsverfahren kombiniert betrachtet und unter anwaltlichem Beistand für die Beteiligten geführt werden. Dem betroffenen Geschäftsleiter droht ein erhebliches aufsichtsrechtliches Risiko, wenn er aufgrund eines Strafverfahrens abberufen würde. Auch anderen Beteiligten drohen strafrechtliche Sanktionen wegen Beihilfe.

Der Gesetzesantrag reiht sich nahtlos in die derzeitige regulatorische Landschaft ein. Weitere aktuelle regulatorische Ansatzpunkte zur Vermeidung von Steuerstraftaten sind:

  • Einführung einer Compliance-Funktion nach MaRisk: Risikobasierte Bewertung aller wesentlichen für das Institut geltenden rechtlichen Regularien, zu denen auch Steuernormen gehören können (Tax Compliance).
  • BaFin-Rundschreiben 1/2014 (GW) vom 15.3.2014: Soweit ein Verpflichteter Kenntnis davon erlangt, dass ein Kunde von ihm eine Selbstanzeige gem. § 371 AO abgegeben hat oder eine solche beabsichtigt und nicht auszuschließen ist, dass eine entsprechende Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der mit dem Kunden bestehenden Geschäftsbeziehung oder Vermögenswerten des Kunden steht, ist eine Geldwäscheverdachtsmeldung abzugeben. Dies kann bedeuten, dass nicht nur bei Zahlungen, die auf Steuernachzahlung schließen lassen, sondern auch bei einer vom Kunden geforderten Zusammenstellung von z. B. (Konto-)Unterlagen, die zu einer steuerlichen Selbstanzeige führen sollen, eine Verdachtsmeldung abzugeben wäre. Da diese Meldung den Sachverhalt bei einer Behörde bekannt macht und über das Bundeszentralamt für Steuern den zuständigen Finanzbehörden weitergeleitet wird, läuft dies dem Zweck der Selbstanzeige (der Sachverhalt darf den Finanzbehörden noch nicht bekannt sein) eindeutig zuwider.
  • § 54a KWG stellt flankierend unter Strafe, wenn nicht dafür Sorge getragen wird, dass ein Institut die in §§ 25c Abs. 4a oder 25c Abs. 4b KWG genannten Strategien, Prozesse, Verfahren bzw. Funktionen oder ein dort genanntes Konzept verfügt und hierdurch eine Bestandsgefährdung des Instituts herbeigeführt wird.
  • Neubürger-Entscheidung (LG München I, 10.12.2013 – 5HKO 1387/10): Klarstellung der Verantwortung von Bankvorständen für die Einhaltung regulatorischer Vorgaben. Auf die Einhaltung und Umsetzung (aufsichts-) rechtlicher Normen ist hinzuwirken und darauf kann auch im Rahmen der aktienrechtlichen Gesamtverantwortung des Vorstands nicht verzichtet werden.

Die Gesetzesinitiative knüpft nun an die bestehenden regulatorischen Vorgaben an und fokussiert auf die organisatorische Verantwortung von Geschäftsleitern auch für die Verhinderung von Steuerstraftaten.

 

Hartmut T. Renz, RA, ist Counsel im Frankfurter Büro von Kaye Scholer LLP mit Schwerpunkt Bankaufsichtsrecht und Compliance.

Dr. Martin Weger, RA, Partner im Frankfurter Büro von Kaye Scholer, verantwortlich für Steuerrecht.

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