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05.04.2016
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LAG Düsseldorf: Schienenkartell – Keine Arbeitnehmerhaftung des Verkaufsleiters

LAG Düsseldorf, Urteil vom 27.11.2015 – 14 Sa 800/15

Sachverhalt

Die Parteien streiten – nach rechtskräftigem Teilurteil über Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche des Klägers – noch über die Widerklage der Beklagten.

Die Beklagte nimmt den Kläger auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch. Ferner begehrt sie die Feststellung, dass der Kläger verpflichtet ist, den Schaden zu ersetzen, der ihr aus einer Beteiligung des Klägers an wettbewerbswidrigen Absprachen entstanden ist oder entstehen wird.

Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Unternehmen des U. L.-Konzerns, seit dem 01.01.1996 als Leiter des Verkaufsbüros F. zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 9.240,00 € zuzüglich variabler Vergütung beschäftigt.

Zwischen dem Kläger und der Beklagten sind bzw. waren eine Anzahl von Kündigungsschutzverfahren und Rechtsstreite über Entgelt, Tantieme, Aufwendungsersatz u. a. vor dem Arbeitsgericht Essen und dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf anhängig.

Bis zu einer mit Schreiben vom 17.02.2012 von der Beklagten erklärten, unwirksamen außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses leitete der Kläger als Prokurist das Verkaufsbüro der Beklagten in F.. Er war zuständig für den Vertrieb, die technische Beratung und den Materialeinkauf.

Die Beklagte vertrieb - zumindest im Zeitraum von 2001 bis 2011 - deutschlandweit über 10 Niederlassungen in Berlin, Bremen, Dresden, Essen, Hamburg, Hannover, Leipzig, N., München und Stuttgart Oberbaumaterialien, d. h. Schienen, Schwellen, Weichen und Zubehör, unter anderem für den so genannten Privatmarkt. Zu dem Privatmarkt zählten Aufträge von Nahverkehrsbetrieben, Regionalbahnen und Aufträge von privaten Wirtschaftsunternehmen mit eigenen Gleisanlagen. Bis zu ihrer Gründung am 14.10.2003 war die Beklagte ein Geschäftsbereich der späteren Muttergesellschaft, der U. L. H. Gesellschaft für Technik GmbH. Mit Wirkung zum 01.10.2009 wurde die Muttergesellschaft der Beklagten auf die U. L. Materials International GmbH verschmolzen. Die Mehrheit der Anteile an der U. L. Materials International GmbH hält die U. L. AG.

Vor der Gründung der Beklagten waren die Geschäftsführer der Muttergesellschaft der Beklagten Herr R. (1993 bis 2003) sowie Herr Dr. T. (1999 bis 2009). Geschäftsbereichsleiter der Sparte Gleistechnik war der Zeuge C. (2001 bis 2003).

Herr R. war im Zeitraum von 1999 bis September 2008 Mitglied des Vorstandes der U. L. Services AG, der mittelbaren Obergesellschaft der Beklagten, er war dort zuständig für das Resort “Special Products“, dem auch der Bereich Gleistechnik angehörte. Ab Oktober 2003 wurde der Bereich Gleistechnik dem Resort “Industrial Services“ zugeordnet. Zuständig im Vorstand der U. L. Services AG waren Herr H. (2003 bis 2005) und Herr L. (2006 bis 2009). Daneben berichtete Herr R. bis zum Jahre 2008 sowohl im Vorstand als auch im Aufsichtsrat weiterhin zu dem Bereich Gleistechnik.

Bei der Gründung der Beklagten im Jahre 2003 wurden der Zeuge C. sowie Herr Dr. T. zu Geschäftsführer ernannt. Der Zeuge C. war bis zum 30.06.2011 Geschäftsführer, Herr Dr. T. war bis zum 30.09.2009 Geschäftsführer.

Der Zeuge C. war im Zeitraum von 2001 bis 2011 der Vorgesetzte des Klägers.

Im Jahr 2001 veräußerte der U. L.-Konzern sämtliche Geschäftsanteile an der U. U. Schienentechnik GmbH (im Folgenden: U.) - einem Schienenwerk mit Sitz in E. - an den w.-Konzern. In diesem Zusammenhang vereinbarte die Muttergesellschaft der Beklagten mit der U. eine Vertriebsvereinbarung. Auf Grundlage dieser Vertriebsvereinbarung lieferte die U. im Zeitraum von 2001 bis 2011 Schienenprodukte an die Beklagte.

Der w.-Konzern betreibt ein weiteres Schienenwerk in M./ Österreich. Die dort hergestellten Schienen werden durch die w. L. Bahntechnik GmbH (im Folgenden: W.) vertrieben.

Nach Abschluss des Vertriebsvertrages zwischen der Muttergesellschaft der Beklagten und der U. fand am 27./28.11.2001 eine gemeinsame Tagung von 78 Vertretern des w. Konzerns und der Beklagten sowie Vertretern der Ober- und Muttergesellschaft der Beklagten statt. Anwesend waren der Vorstand der Obergesellschaft der Beklagten, die die Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin Beklagten, der Vorstand der w., die Geschäftsführung der U. und der Geschäftsführung der W.

Wegen des Tagungsprogramms wird verwiesen auf die Anlage BK 16. Der Kläger nahm an der Tagung teil.

Die Compliance-Abteilung des U. L.-Konzerns führte im Jahr 2004 sowie im Jahre 2006 in Zusammenarbeit mit der Rechtsanwaltskanzlei G. C. E. einen Compliance-Audit durch.

Am 19.04.2005, 21.04.2008 und 24.10.2008 nahm der Kläger an Compliance-Schulungen zum Kartellrecht teil.

Mit Bescheid vom 18.07.2013 verhängte das Bundeskartellamt (Az. B12 - 16/12 und B12 - 19/12) gegen die Beklagte ein Bußgeld in Höhe von 88 Mio. €. Die Bebußung der Beklagten erfolgte aufgrund der Feststellung des Bundeskartellamts, dass die Beklagte im Zeitraum von mindestens 2001 bis Mai 2011 an Preis-, Quoten- und Kundenschutzabsprachen der Hersteller bzw. Händler von Schienen, Weichen und Schwellen auf dem Privatmarkt beteiligt war.

In dem Bescheid heißt es - auszugsweise - wie folgt:

“2.1 Art der Absprache

Zumindest von 2001 bis Mai 2011 praktizierten Hersteller bzw. Händler von Schienen, Weichen und Schwellen auf dem privaten Markt in Deutschland Preis-, Quoten- und Kundenschutzabsprachen. Diese Absprachen, die sich mit der Zeit hinsichtlich Struktur und Teilnehmer mit den Marktgegebenheiten veränderten, erfolgten regional in unterschiedlicher Intensität, aber immer mit demselben Grundverständnis sowie mit vergleichbarem Ablauf und ähnlicher Umsetzung. Beteiligt waren in allen Regionen und dem gesamten Kartellzeitraum jedenfalls die Unternehmen U. L. über die Nebenbetroffene [die Beklagte] (Schienen, Schwellen und Weichen) und w. über die W., W., U. (Schienen, Schwellen) und C. (Weichen).

Die Absprachen betrafen den Vertrieb von Schienen, Weichen und Schwellen an Nahverkehrsunternehmen, Privat- bzw. Regionalbahnen sowie in einer Reihe von Fällen an Industrieverbände und Bauunternehmen. Dabei ging es um die Aufteilung von Ausschreibungen bzw. Projekten unter den Kartellbeteiligten. Diese Ausschreibungen umfassten in der Regel Produktkombinationen mit mehreren Losen (unterschiedliche Schienen nach Güte und Profilart, Weichen, Schwellen) aber auch einzelne Lose.

Bei Ausschreibungen mit mehreren Losen haben sich die jeweiligen Hersteller bzw. die Händler hinsichtlich der entsprechenden Produkte abgesprochen. War die Anfrage z. B. „weichenlastig“, lief die Koordinierung über die Weichenwerke.

2.2 Beteiligte

(…)

Im Bereich Schienen und Schwellen waren die Unternehmen W., W. und U. sowie die Nebenbetroffene als Händler der U. in dem gesamten Zeitraum bundesweit an den Absprachen beteiligt. (…)

An der Absprache beteiligt waren die Leiter der regionalen Verkaufsbüros, die regional zuständigen Vertriebsleiter, die Vertriebsverantwortlichen bzw. die Geschäftsführer der beteiligten Unternehmen.

Im Einzelnen:

Nebenbetroffene:

S. R. (…)

Dr. V. T. (…)

I. C. (…)

E. I. (…)

I.-K. I. (…)

W.:

T. H. (…)

C.:

D. G. (…)

M.:

S. C. (…)

2.3 Funktionsweise der Absprache

Die Absprachepraxis im Privatmarkt basierte maßgeblich darauf, dass den einzelnen Unternehmen bestimmte „Altkunden“ bzw. Stammkunden zugeordnet waren. Diese Zuordnung der Kunden zu bestimmten Unternehmen wurde von den Kartellteilnehmern grundsätzlich respektiert. Sie „schützten“ diese Unternehmen, indem sie bewusst auf die Abgabe von Angeboten verzichteten, diese erst nach Ablauf der Angebotsabgabefrist einreichten oder gezielt überteuerte Angebote abgaben, so dass der Auftrag an das „vorbestimmte“ Unternehmen gehen konnte.

Umgesetzt wurden die Absprachen vorwiegend über telefonische Kontakte und persönliche Treffen sowie E-Mails. Dabei war aufgrund der über Jahre praktizierten Absprachen und gewachsenen Kundenbeziehungen und -vorlieben allen Beteiligten von vornherein klar, wer den ausgeschriebenen Auftrag bekommt (dieser wurde auch als „Spielführer“ bzw. „Führender“ benannt). Insoweit wurde im Rahmen des ersten Kontakts bestätigt, welches Unternehmen im konkreten Fall den Auftrag ausführen sollte, also das „führende Unternehmen“ sein sollte, und wie die anderen Unternehmen an dem Projekt partizipieren sollten. (…).

3. Besondere Entwicklungen in einzelnen Produktbereichen

Die oben geschilderte produktübergreifende Absprachepraxis für Schienen, Weichen und Schwellen ist über Jahre gewachsen. Gleichwohl gab es über die Zeit hinweg in einzelnen Bereichen besonderer Regelungen bzw. Veränderungen. Diese stellten die produktübergreifende Absprachepraxis zwischen den Unternehmen jedoch nie in Frage.

3.1 Vertriebsvereinbarung im Bereich Schienen

Innerhalb des oben beschriebenen Kartells bestand seit 2001 zwischen der Muttergesellschaft der Nebenbetroffenen, der L. H. Gesellschaft für Technik mbH, und der U. U. SCHIENEN TECHNIK GmbH (Vorgängergesellschaft der U.) eine kartellrechtswidrige Vertriebsvereinbarung, auf deren Grundlage die Nebenbetroffene Schienen der U. veräußerte. Diese Vertriebsvereinbarung, die sich insofern nur auf den Produktbereich Schienen bezog, wurde bis Mai 2011 praktiziert.

Die Vereinbarung wurde im Jahr 2001 im Zusammenhang mit der Veräußerung sämtlicher Geschäftsanteile der U. vom U. L.-Konzern an den w.-Konzern geschlossen. Das Verhandlungsteam auf Seiten von U. L. bildeten die Herren S. R. und Dr. V. T., auf Seiten von w. die Herren L. N. und Q. T.. Auf Grundlage der Vertriebsvereinbarung lieferte U. Schienen an die Nebenbetroffene, die diese im eigenen Namen und für eigene Rechnung an Kunden im Privatmarkt und an die Deutsche Bahn AG, Berlin, weiterveräußerte und dafür eine Provision auf den Einkaufspreis erhielt. Die konkrete Auslegung und Umsetzung der Vertriebsvereinbarung wurde dabei in einem Sideletter festgehalten, indem u. a. Folgendes dargelegt ist:

- U. wird seinen Vertrieb exklusiv über die Nebenbetroffene abwickeln.

- Kein Preiswettbewerb zwischen Schienen der U. und I. Katowice.

- Die Nebenbetroffene und U. werden im Vertrieb eng zusammenarbeiten und Kundengespräche auch gemeinsam führen. U. hat das Recht sich über Kundenbeziehungen der Nebenbetroffenen zu informieren und wird von der Nebenbetroffenen auf Wunsch von U. über die Preisgestaltung Transparenz erhalten.

- Ansprechpartner für die Vertriebskoordination sind bei der Nebenbetroffenen Herr I. C. und bei der U. Herr Q. T..

Anlässlich der Verlängerung der Vertriebsvereinbarung am 16.01.2008 wurde diese kartellrechtswidrige Zusammenarbeit nochmals bei dem Treffen bekräftigt. An diesem Treffen nahmen teil: für die Nebenbetroffene u. a. Herr Dr. V. T. und Herr I. C., für die U. u. a. Herr Q. T. und für die W. Herr L. N..

Auf der Grundlage dieser Vertriebsvereinbarung wurden Aufträge den beiden Handelsorganisationen zugewiesen, die für die beiden w.-Schienenwerke den Vertrieb von Schienen auf dem deutschen Privatmarkt durchführten. Dies waren die Nebenbetroffene (für U.) und die W. B (für W.). Diese doppelte Aufstellung wurde als sogenannte Zweimarkenstrategie im Markt beworben. Damit sollte unter anderem Folgendes erreicht werden:

- Gemeinsame Führungsposition auf dem Privatmarkt (Marktanteil Schienen über 90 %).

- „Halten“ der aktuellen Führungsposition, keine Marktanteilsverluste durch die Akquisition der U..

- Selektive Erhöhung des aktuellen Preisniveaus bzw. Listenpreiserhöhungen.

Spätestens Ende 2007 wurde ergänzend zwischen der Nebenbetroffenen, U., W. und W. für den Privatmarkt vereinbart, dass über die beiden w.-Werke eine gezielte Zuweisung von Projekten an die Nebenbetroffene bzw. die W. erfolgt. Dabei wurde festgelegt, dass die beiden Schienen Produzenten U. und W. über die Abgabepreise an die beiden Händler - die Nebenbetroffene und W. - entscheiden, welcher Händler das Projekt durchführt. Auf diese Weise sollte auch verhindert werden, dass die beiden Händler sich gegenseitig die Preise “kaputtmachen“. Die Herren I. S. (U.) und I. T. (W.) führten dazu eine Liste (sog. Bedarfsliste Privatmarkt), in der die von der Nebenbetroffenen und W. an die Werke gemeldeten Prospekte des deutschen Privatmarkts aufgelistet wurden. Damit die Projektverteilung zu keiner Verschiebung der Lieferanteile zwischen der Nebenbetroffenen / U. einerseits und W. / W. andererseits führte, wurde Mitte 2008 zudem ein quotaler Verteilungsschlüssel eingeführt: Es wurde zwischen den Parteien vereinbart, dass der Nebenbetroffenen 60 % der schienenbezogenen Aufträge zugewiesen werden sollen und der W. 40 %. Die Verteilung entsprach den damaligen Marktverhältnissen (status quo).Diese Aufteilung wurde auf einem Treffen am 08.05.2008 bei der U. in E. zwischen den Herren Q. T., I. S. (U.), I. T. (W.), P. Q., G. O. (W.) und I. C., E. X. (Nebenbetroffene) festgelegt. Dieselben Personen vereinbarten auf einem Folgetreffen am 23.07.2008 im L. Haus folgende konkrete Umsetzung dieser (quotalen) Projektsteuerung: Die beiden Händler melden jedes Projekt an die Schienen Produzenten, die nunmehr auf Grundlage der vereinbarten Quoten entscheiden, welcher Händler welches Projekt durchführt. Dem Händler, der das Projekt nicht durchführen soll, wird dabei ein höherer Preis genannt, der mit dem Hinweis “nicht verhandelbar“ gekennzeichnet ist. Diese “Codierung“ signalisiert, dass der Auftrag von dem anderen Händler durchgeführt werden soll. So wurden die Zuweisung der Projekte und damit die Umsetzung der Quotenabsprache sichergestellt.

Herr I. S., bei der U. zuständig für den Schienenvertrieb in Deutschland, hat die Verteilung der Projekte und die Quoten statistisch in einer „Projektliste Deutscher Privatmarkt“ nachverfolgt. Herr I. C. hat seine Mitarbeiter in den regionalen Verkaufsbüros angewiesen, sich an die Preisvorgaben der U. und damit die Verteilung der Projekte zu halten.

Betroffen von diesen Absprachen waren Schienenprojekte zumindest ab einer Größenordnung von ca. 100 t. Immer dann, wenn ein Geschäft ab dieser Größenordnung anstand, kamen ohnehin nur die Nebenbetroffene oder W. als Anbieter in Frage. Kleinere Projekte wurden bei den Händlern zu gleichen Konditionen angeboten.

Die Praktizierung des Vertriebsvertrages endete schließlich mit der Durchsuchung des Kartellamtes im Mai 2011. (…)

Wegen des weiteren Inhalts des Bescheides des Bundeskartellamtes vom 18.07.2013 wird auf die Abschrift in Anlage BK 2 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2014) verwiesen.

Gegen den Kläger ist bei der Staatsanwaltschaft C. ein Ermittlungsverfahren (Az. 48 Js 3/11) wegen des Verdachts der Beteiligung an wettbewerbswidrigen Absprachen anhängig. Am 21.11.2012 wurde der Kläger als Beschuldigter vernommen. Wegen der Einzelheiten wird verwiesen auf das Vernehmungsprotokoll vom 21.11.2012 (Anlage BK 3).

Nach dem vorläufigen Abschlussbericht der Polizei vom 07.05.2015 (Bl. 1706 - 1720 d. A.) wird dem Kläger eine Tatbeteiligung an den im Antrag zu 2) genannten Projekten zugeordnet. In dem Bericht heißt es - auszugsweise - wie folgt:

"Der Beschuldigte I. ist auf dem sog. “Privatmarkt” als einer der Haupttäter dieses Verfahrens anzusehen. Er war bis zu seinem Ausscheiden im Jahre 2011 Verkaufsleiter der U. H. Gleistechnik im Verkaufsbüros Dortmund und für den gesamten Ruhrgebietsraum zuständig. Eine Vielzahl der Entscheidungen wurde von ihm getroffen.

Herr I. ist seit seinem Arbeitsantritt am 01.11.1989 in ein System integriert worden, in dessen Mittelpunkt Absprachen auf dem Privatmarkt gestanden hätten.

Nach Umsetzung der so genannten "Zweimarkenstrategie” im Jahr 2001 seien die Absprachen weitergegangen, die Aufträge seien vor Angebotsabgabe mit “verhandelbar” oder “nicht verhandelbar” gekennzeichnet gewesen, so dass im Vorhinein festgestanden habe, wer welchen Auftrag erhält."

Die Beklagte hat am 24.03.2014 von der Staatsanwaltschaft C./Polizei C. Abschriften von Unterlagen aus der Ermittlungsakte des Strafverfahrens 48 Js 3/11 erhalten, die auch den Kläger betreffen.

Mit Schreiben vom 16.04.2014 - wegen dessen Inhalt auf die Anlage BK 4 verwiesen wird - hörte die Beklagte den Kläger unter anderem zu den Informationen aus den Unterlagen aus dem Bonusantrag der w. und der Ermittlungsakte an. Sie forderte ihn auf, Stellung zu nehmen zu der Frage ob im Verkaufsbüro F. bis etwa 2002/2003 eine Tabelle zur Kontrolle von Quoten geführt worden sei. Ferner forderte die Beklagte den Kläger auf, umfassend und detailliert zu 21 näher beschriebenen Aufträgen Stellung zu nehmen. Der Kläger antwortete auf die Anfrage der Beklagten mit E-Mail vom 17.04.2014 (Anlage BK 5), in welcher er im Wesentlichen bestritt, Stammkunden zugeteilt, auf die Abgabe von Angeboten verzichtet oder bewusst die Abgabefristen versäumt oder überhöhte Angebote abgegeben zu haben. Mit weiterem E-Mail vom 09.05.2014 und 12.05.2014 (Anlage BK 6) äußerte sich der Kläger weiterhin zu den Vorwürfen der Beklagten. Wegen des weiteren Inhalts wird verwiesen auf die Abschrift der E-Mail vom 09.05.2014 und 12.05.2014.

Mit seiner am 31.01.2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer einbehaltenen Tantieme i. H. v. 83.500,00 €, zur Auskunft über die Berechnung der Tantieme, zu der Erteilung eines Zwischenzeugnisses sowie die Verurteilung zur Beschäftigung verlangt. Mit Schriftsatz vom 23.03.2012 hat er die Klage um die Zahlung von Reisekosten und die Vergütungsdifferenz in Höhe von monatlich 224,00 € brutto aufgrund einer nachträglichen Gehaltserhöhung für die Monate Oktober 2011 bis Januar 2012 sowie die Vergütung für den Zeitraum vom 01. bis zum 18.02.2012 einschließlich vermögenswirksamer Leistungen sowie einer Kontoführungsgebühr unter Anrechnung einer Nettozahlung i. H. v. 2.316,93 € erweitert.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 83.500,00 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2011 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft über die Berechnung der Höhe seiner Tantieme für das Geschäftsjahr 2010/2011 zu erteilen;

3. die Beklage zu verurteilen, an ihn 1.154,00 € netto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 23.03.2012 zu zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.463,89 € brutto abzüglich bereits gezahlter 2.316,93 € netto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.03.2012 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

sowie widerklagend,

1. festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten jeden Vermögensnachteil zu ersetzen, der ihr durch kartellrechtswidriges, arbeitsvertragswidriges oder deliktisches Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem Verfahrensgegenstand des beim Bundeskartellamt geführten Verfahrens, Az: B12-11/11, entstanden ist oder entsteht;

2. festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten aus abgetretenem Recht jeden Vermögensnachteil zu ersetzen, der der U. L. Materials International GmbH oder der U. L.AG durch kartellrechtswidriges, arbeitsvertragswidriges oder deliktisches Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem Verfahrensgegenstand des beim Bundeskartellamt geführten Verfahrens, Az.: B12-11/11, entstanden ist oder entsteht.

Der Kläger hat beantragt

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat zur Begründung ihrer Widerklage vorgetragen, der Kläger sei an wettbewerbswidrigen Absprachen auf dem Privatmarkt beteiligt gewesen. Der Beklagten stünden Schadenersatzansprüche zu, da der Kläger gegen kartellrechtliche Vorschriften sowie gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen habe.

Die Kenntnis des Klägers zu den Absprachen ergebe sich aus den von ihm vorgelegten E-Mails zur Preisgestaltung (Bl. 117 ff. d. A.). Der Geschäftsführer C. habe in seiner staatsanwaltlichen Vernehmung angegeben, dass der Kläger am 28./29.08.2003 in ein Gespräch mit Wettbewerben im Verkaufsbüro F. involviert gewesen sei.

Der Beklagten drohe ein nicht unerhebliches Bußgeld. Zudem bestehe die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Schaden für die Beklagte noch signifikant erhöhe, da die behördlichen Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien und der Beklagten erhebliche eigene Aufklärungskosten entstünden. Sie sei zur Zeit noch nicht in der Lage die Ansprüche zu beziffern. Da die Verjährung der Ansprüche drohe, müsse sie Feststellungswiderklage erheben.

Der Kläger hat hierauf im Wesentlichen erwidert, dass die Widerklage bereits unzulässig sei. Ferner habe die Beklagte nicht dargelegt, warum die Verjährung etwaiger Ansprüche drohe. Ein Feststellungsinteresse sei nicht gegeben. Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass ihr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden drohe.

Mit Urteil vom 09.10.2012 (Bl. 315 - 335 d. A.) hat das Arbeitsgericht den Zahlungsanträgen entsprochen sowie den Auskunftsantrag des Klägers sowie die Widerklage abgewiesen. Die Abweisung der Widerklage hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen damit begründet, dass den Anträgen das erforderliche Feststellungsinteresse fehle. Ferner seien sie nicht hinreichend bestimmt gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Auch fehle den Feststellungsanträgen das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 19.12.2012 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts mit einem am 21.01.2013 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 19.03.2013 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Im Hinblick auf die Abweisung der Widerklage durch das Arbeitsgericht begründet die Beklagte ihre Berufung damit, dass die erstinstanzlich gestellten Anträge hinreichend bestimmt seien. Auch eine Schadenswahrscheinlichkeit und ein Rechtsschutzbedürfnis seien gegeben.

Die Feststellungsanträge seien ebenfalls zulässig. Der von der Beklagten geltend gemachte Schaden entwickle sich weiter fort und könne derzeit nicht abschließend beziffert werden.

Eine Vielzahl von Unternehmen, insbesondere kommunale Verkehrsbetriebe und Industrieunternehmen, hätten bereits Schadensersatzforderungen gegenüber der Beklagten angekündigt bzw. geltend gemacht. Ferner seien Schadensersatzforderungen gemäß § 33 GWB und aus Delikt zu erwarten. Die Beklagte hätte einen Reputationsschaden und einen Schaden durch entgangenen Gewinn.

Zur Begründung des Widerklageantrags zu 1) trägt die Beklagte vor:

Der Kläger habe die von dem Bundeskartellamt verhängte Geldbuße zu ersetzen. Bei der Bemessung des Bußgeldes habe das Bundeskartellamt die Umsätze der einzelnen Verkaufsbüros hinsichtlich der Ahndung zugrundegelegt. Das Verkaufsbüro F. habe in den Geschäftsjahren 2005/ 2006 - 2010/2011 einen Anteil von rund 18 % am Gesamtumsatz der 10 Verkaufsbüros der Beklagten im Privatmarkt erzielt. Insoweit macht die Beklagte das Bußgeld in Höhe der Differenz zwischen den übrigen, bezifferten Schadensersatzansprüchen und einem Betrag i. H. v. 300.000,00 € geltend.

Die Geldbuße sei ein gemäß § 249 BGB ersatzfähiger Schaden. Es handele sich nicht um eine höchstpersönliche Geldbuße, die allein von dem Betroffenen getragen werden müsse. Der Sanktionszweck des Bußgeldes sei mit der Festsetzung des Bußgeldes bereits erfüllt. Von wem das Bußgeld im wirtschaftlichen Sinne zu tragen sei, werde von den Kartellbehörden nicht entschieden. Das Kartell- und Ordnungswidrigkeitenrecht gebe dies auch nicht vor.

Ferner habe die Beklagte einen Schaden aufgrund von Aufklärungs- und Rechtsverfolgungskosten, der vom Kläger zu ersetzen sei. Die Beklagte habe nach Bekanntwerden der Kartellabsprachen im Mai 2011 erhebliche Aufklärungs-maßnahmen ergreifen müssen. Dies habe entsprechenden Sachverstand und externe personelle Kapazitäten erfordert, so dass sie am 11.05.2011 die Rechtsanwaltskanzlei G. C. E. beauftragt habe. In Bezug auf die Aufklärung der Taten des Klägers und die streitgegenständlichen Kartellabsprachen seien bislang Kosten in Höhe von 73.984,82 € entstanden. Die Beklagte verweist zur weiteren Darlegung auf eine Aufstellung der einzelnen Tätigkeiten der beauftragten Rechtsanwälte (S. 77 - 79 des Schriftsatzes vom 31.10.2014).

Ferner macht die Beklagte Rechtsverfolgungskosten in Form von Rechtsanwaltsgebühren und Gerichtsgebühren, die im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Verfahren (LAG Düsseldorf Az.: 16 Sa 13/13, 14 Sa 800/15, 14 Sa 807/15 und Arbeitsgericht Essen, Az.: 4 Ca 523/13, 1 Ca 1716/14, 2 Ca 3626/14, 6 Ca 559/15) entstanden seien.

Die Beklagte müsse sich auf ihren Schaden nicht etwaige Vorteile anrechnen lassen. Eine solche Vorteilsanrechnung sei mit dem Zweck der Ersatzpflicht nicht vereinbar, sie würde eine unbillige Entlastung des Klägers darstellen. Von einer Vorteilsausgleichung sei auch deshalb abzusehen, weil das rechtswidrige Kartell typischerweise weitreichende Auswirkungen auf das Marktgeschehen habe und die zu beachtenden Normen einem qualifizierten öffentlichen Interesse dienten. Im Übrigen sei der Kläger bezüglich etwaiger Vorteile darlegungs- und beweispflichtig.

Der Kläger sei auf der zweiten Hierarchieebene angesiedelt und habe unmittelbar an die Geschäftsleitung berichtet. Aufgrund der dezentralen Vertriebsstruktur der Beklagten habe er als Verkaufsbüro-Leiter eine große Entscheidungskompetenz. Er habe im Hinblick auf Kundenanfragen bzw. -ausschreibungen für seinen Einzugsbereich eigenständig entscheiden können. Der Kläger habe die Schienenpreise für den von ihm in seinem Verkaufsgebiet bearbeiteten Privatmarkt kalkulieren können.

Im Hinblick auf die wettbewerbswidrigen Absprachen mit der W. trägt die Beklagte vor: Die U. und die W. hätten sich als Schienenhersteller aus einem Hause untereinander abstimmen und über den exklusiver Vertrieb der U.-Schienen mittelbar auch das Verhalten der Beklagten beeinflussen können. Es sei festgelegt worden, dass sich die Vertriebsunternehmen W. und die Beklagte keinen Wettbewerb machen sollten und etwa die „Stammkunden“ der Vertriebsunternehmen vom jeweils anderen Unternehmen nicht angegangen wurden. Die W. habe nicht selbst beim konzerneigenen Werk U., sondern ausschließlich über die Beklagte dort Schienen bestellen können. Auf die Schienenpreise, die die Endkunden an die W. bezahlen mussten, seien somit zwei Margen aufgeschlagen worden: Eine Marge der Beklagten (Exklusivhändlerin der U.) und eine Marge der W. als gegenüber den Endkunden auftretende Händlerin. Eine solche Konstellation sei ungewöhnlich. Die Beklagte habe jedoch auch selbst bei diesen Endkunden Schienen der U. angeboten. Um sicherzustellen, dass die W. bei diesen Stammkunden nun dennoch zum Zuge komme, habe die W. mit der Beklagten die jeweiligen Angebotspreise vereinbart. Unter Wettbewerbsbedingungen hätte die Beklagte die Schienen nämlich günstiger als die W. anbieten müssen, da sie nur eine einfache Händlermarge aufzuschlagen hatte. Der Kläger habe von diesem Absprachesystem Kenntnis und sei in dieses auch involviert worden, da er mit dem Zeugen H. Absprachen über Kundenaufteilungen und Preise getroffen habe.

Soweit ein neues Projekt ausgeschrieben worden sei, habe der Kläger Kontakt zur W. aufgenommen und besprochen, wer den Auftrag übernehmen und welches Angebot abgegeben werden sollte. Absolut starre Quoten habe es dabei nicht gegeben. Stattdessen sei unter Berücksichtigung der bisherigen Kundenbeziehungen und eines konstanten, stimmigen Preisgefüges jeder Fall einzeln betrachtet worden. Zum Ausgleich für Schutzangebote sei dem anderen bei der nächsten gleichwertigen Ausschreibung (dieses oder eines anderen Kunden) der Vortritt gelassen worden. Der Kläger habe im Austausch mit den Werken und dem Zeugen H. den finalen Verkaufspreis festgelegt, der in dem Angebot an den Kunden einzutragen gewesen sei. Es habe während der Beschäftigung des Klägers in dem Verkaufsbüro das ungeschriebene Gesetz gegolten, Kontakte mit Wettbewerbern nicht zu dokumentieren.

Zu den Absprachen betreffend die E. Verkehrsgesellschaft AG (im folgenden E.) trägt die Beklagte wie folgt vor: Bei Anfragen der E. habe der Zeuge H. die Beklagte angesprochen und um ein Angebot für U.-Schienen gebeten. Zwar habe die W. der E. auch Schienen aus dem Werk in M. anbieten können oder direkt aus dem U.-Werk in E., dies sei jedoch aufgrund der kartellrechtswidrigen Absprachen nicht erfolgt. Die Anfrage des Zeugen H. habe sich entweder direkt an den Kläger oder an dessen Mitarbeiter, den Zeugen V., gerichtet, welcher dann wiederum den Kläger informiert habe. Nachdem der Zeuge V. oder der Kläger dem Zeugen H. ein Angebot für U.-Schienen zur Lieferung an die W. zur Weiterlieferung an die E. gemacht hätten, habe der Zeuge H. der Beklagten wiederum die Preise genannt, die die Beklagte in ein unmittelbares Angebot an die E. einzusetzen hatte. So habe gewährleistet werden können, dass die W. den Auftrag absprachegemäß erhalte und die Beklagte aufgrund der Händlermarge inzentiviert blieb. Der Zeuge V. habe das Ende des Absprachesystems auf Mitte 2009 datiert.

Im Hinblick auf einen von ihr als typisch bezeichneten Ablauf für ein solches Vorgehen verweist die Beklagte auf die Anlagen betreffend das Projekt Linie 901 N. E. Straße, N. bis S. (Anlagenkonvolut 1 zur Anlage B 12).

Ob und inwieweit einzelnen Angeboten tatsächlich eine Projektabsprache zugrundeliege, lasse sich aus den (Angebots-)Unterlagen selbst nicht erkennen. Insofern komme es aufgrund der Mündlichkeit der Absprachen auf die Aussagen des Klägers sowie des Zeugen H. an.

Gemäß einer Auswertung der durch die Staatsanwaltschaft gewährten Akteneinsicht zählten die im Antrag zu 2) unter Ziffer 1) bis Ziffer 13) genannten Aufträge zu den abgesprochenen Projekten. Auch w. habe bestätigt, dass der Zeuge H. und der Kläger abgesprochen hätten, dass diese Aufträge an die W. gehen sollten.

Im Hinblick auf die Wettbewerbsabsprachen betreffend weiterer Kunden neben der E. trägt die Beklagte vor: Ausweislich der durch die Staatsanwaltschaft übergebenen Unterlagen und im Zusammenhang mit der Bewertung der Beamten in dem Übergabetermin am 23.04.2014 seien auch die weiteren im Antrag zu 2) unter Ziffer 1) bis Ziffer 13) genannten Aufträge abgesprochene Projekte.

Zu dem im Antrag zu 2) unter Ziffer 16) genannten Auftrag der S. Power AG (Mehrjahresbedarf Obermaterial) trägt die Beklagte vor, die Ausschreibung habe insgesamt ca. 34 Positionen enthalten, gegenständlich sei ein Angebot für einen auf mehrere Jahre ausgelegten Rahmenvertrag. Auf Grundlage der in dem Wertkontrakt vereinbarten Konditionen habe die S. Power AG je nach Bedarf die jeweils benötigten Teilmengen abgerufen. Die W. und der Kläger hätten sich geeinigt, dass der Auftrag für einen bestimmten Anteil der Schienen an W., ein anderer Teil an die Beklagte gehen sollte. Zur Umsetzung der Absprache habe jede Partei in dem ihr nicht zugedachten Auftragssegment zu vorher abgestimmten überhöhten Preisen Angebote erstellt.

Zu dem im Antrag zu 3) genannten Auftrag der S. AG trägt die Beklagte vor, dass die Absprache zwischen den Wettbewerbern bei einem Treffen in einem Hotel in Düsseldorf in der Nähe des Flughafens erfolgt sei. An diesem habe neben dem Kläger der Zeuge H., Herr E. I. und Herr S. O. (U. L. T. GmbH) teilgenommen. Den Auftrag habe die U. L. T. GmbH erhalten, während die anderen Unternehmen durch Unterbestellungen profitiert hätten.

Zu dem im Antrag zu 4) genannten Auftrag der Häfen- und Güterverkehr L. AG (Projekt Vulkaneifelbahn) trägt die Beklagte vor, die Absprache sei am 29.08.2007 in der “T.-Krone“ in E. unter Beteiligung des Klägers und Vertretern der W. sowie weiterer vier Wettbewerbsunternehmen erfolgt. Der Gesamtauftrag sei an die F. I. GmbH vergeben worden, während die W. durch die Lieferung gebrauchter Schienen und Betonschwellen partizipierte.

Zu dem im Antrag zu 5) genannten Auftrag der S. AG trägt die Beklagte vor, an der Absprache seien der Kläger, der Zeuge H. und Herr S. O. für die U. L. T. GmbH beteiligt gewesen.

Zu dem im Antrag zu 6) genannten Auftrag der C. für die F. Straße in C. trägt die Beklagte vor, die Ausschreibung habe ein Volumen von 4,4 Mio. € gehabt. Zwischen dem 28.07.2003 und dem 05.09.2003 habe ein Treffen der Wettbewerber in den Räumlichkeiten der Beklagten in F. stattgefunden. An diesem Treffen hätten der Kläger sowie u. a. die Zeugen C., I., C. und G. teilgenommen. Das Projekt sei nach Losen aufgeteilt worden. Der Zeuge C. habe die Projektaufteilung in einer Notiz festgehalten. Der Bieterprozess und die spätere Auftragsausführung seien entsprechend der Losaufteilung organisiert worden. Die Rolle des Organisators habe dabei der Kläger übernommen. Im Übrigen verweist die Beklagte auf die Stellungnahme des Zeugen G. vom 15.08.2012 (Anlage BK 11). Soweit der Kläger vortrage, dass er lediglich die Aufgabe gehabt habe, kaufmännisch zu prüfen, ob eine Belieferung auf Basis von vier Weichenwerken vom Kunden akzeptiert werde bzw. ausschreibungskonform sei, sei dies unzutreffend.

Zu dem Antrag zu 7) trägt die Beklagte vor, der Kläger habe mit dem Zeugen G. sowie Herrn L. und Frau N. von dem Wettbewerbsunternehmen C. Kartellabsprachen über die Belieferung von Kunden mit Stahlschwellen (Gleisschwellen) getroffen bzw. diese initiiert. Der Kläger habe unter anderem den Zeugen G. zu zwei Treffen in T. in einem griechischen Lokal eingeladen. Es sei hierbei um den Vertrieb von Stahlschwellen an die Deutsche Bahn gegangen. Der Kläger habe erreichen wollen, dass man sich über die Vorgehensweise und die Angebotslegung abstimmt, mithin den Markt unter den Wettbewerbern aufteilt. Die Beklagte verweist hierbei auf die Stellungnahme des Zeugen G. (Anlage BK 12).

Mitarbeiter der Beklagten, so unter anderem der Zeuge V., hätten in internen Befragungen bestätigt, dass bis etwa 2002/2003 durch Mitarbeiter der Beklagten eine Tabelle geführt worden sei, in der alle Projekte der Verkaufsbüros inklusive der Projekte der Wettbewerber eingetragen seien. Die Liste habe Angaben darüber enthalten, wer welchen Auftrag zu welchem Preis gebucht habe. So habe die Einhaltung bestimmter Quoten kontrolliert werden können. Auch der Kläger habe eine solche Tabelle geführt.

Anlässlich der jährlichen Oberbautagungen - an denen auch der Kläger teilgenommen habe - seien die kartellrechtswidrigen Absprachen offen diskutiert worden. Insbesondere sei besprochen worden, wie Absprachen unter den Wettbewerbern funktionieren und ob es Probleme gegeben habe. Konkret sei es so gewesen, dass auf den Oberbautagungen die einzelnen Verkaufsbüroleiter über die wirtschaftliche Entwicklung und Auftragslage in ihrem Verkaufsgebiet berichtet hätten. Sie hätten dabei auch offen über die in ihrem Verkaufsgebiet praktizierten Wettbewerbsabsprachen gesprochen, insbesondere, wenn es Probleme im Hinblick auf die Absprachen mit den Wettbewerbern gegeben habe. Auf den Oberbautagungen sei ferner regelmäßig auch über die Zusammenarbeit mit der U. unter Berücksichtigung der spezifischen Absprachen berichtet worden. Anlässlich der Oberbautagung vom 06.04. bis zum 08.04.2005 in Frankfurt wurde im Beisein des Klägers die Thematik kartellrechtswidriger Absprachen bei der Beklagten auf den DB-Schienenmarkt sowie dem Privatmarkt thematisiert. Der Verkaufsbüroleiter X. habe eine Diskussion darüber in Gang gesetzt, wie sich die Beklagte bei Aufdeckung der Kartellabsprachen verhalten werde. Auch bei den Oberbautagungen in den Jahren 2008, 2009 und 2010 sei in den Berichten und Diskussionen über Quoten und Verkaufsgebiete auf dem Privatmarkt und in Bezug auf die U. gesprochen worden, dies im Beisein des Klägers.

Im Hinblick auf die Zweimarkenstrategie weist die Beklagte darauf hin, dass dem Kläger vorgehalten werde, dass er sich an den ergänzenden rechtswidrigen tagtäglichen Absprachen beteiligt und darüber hinaus ganz konkret Projekte und Gebiete mit Wettbewerbern abgesprochen habe. Es erschließe sich nicht, was der Vertriebsvertrag aus 2001 oder die Zweimarkenstrategie mit den konkret durch den Kläger vorgenommenen einzelnen Kartellrechtsverstößen zu tun haben sollen.

Soweit der Kläger vortrage, dass es keinen Wettbewerb gegeben habe, da der Arbeitgeber des Zeugen H. den Markt abgesprochen habe, ergebe sich hieraus seine Kenntnis von den Kartellabsprachen. Der Vortrag des Klägers, wonach es in seinem Verkaufsgebiet gleichwohl keine Absprachen gegeben habe, obwohl nach Kenntnis der Beklagten alle anderen Verkaufsbüroleiter an Absprachen beteiligt gewesen seien, sei widersprüchlich und nicht glaubhaft.

Der Kläger lasse sich auf die konkreten Projekte nur fragmentarisch oder unverständlich ein. Er habe die streitigen Anfragen der Kunden kennen müssen, denn in dem vom Kläger betreuten Verkaufsgebiet seien überwiegend nur zwei Anbieter tätig gewesen, die von ihm vertretene Beklagte und die von Herrn H. vertretene W.. Auch die Zahl der Kunden sei nicht unüberschaubar gewesen.

Der Kläger sei durch die Compliance-Schulungen umfassend über das Kartellrecht im allgemeinen und im besonderen über die Rechtswidrigkeit horizontaler und ferner vertikaler, wettbewerbsbeschränkender Abreden informiert worden.

Soweit er vortrage, dass die U. L. T. GmbH und nicht die Beklagte für die S. AG zuständig gewesen sei, möge dies die Zuständigkeit nach außen betreffen. Die Beklagte sei jedoch im Konzern dafür zuständig, alle Aktivitäten im Bereich Oberbau zu führen und zu koordinieren. Die Beschaffung sämtlichen Materials von Seiten der U. L. T. GmbH habe über die Beklagte erfolgen müssen, mithin durch den Kläger organisiert zu werden. Die Abstimmung hinsichtlich des Projektes sei zwischen dem Kläger und dem Zeugen H. erfolgt. Die erzwungene Einschaltung des U. L. T. GmbH habe folglich nichts an der Tatsache der Projektabsprachen geändert.

Der Kläger versuche, sein eigenes rechtswidriges Verhalten mit angeblichen Versäumnissen der Compliance-Abteilung des Konzerns zu rechtfertigen. Der U. L.-Konzern habe jedoch nach den Durchsuchungen wegen der kartellrechtswidrigen Absprachen in der Aufzugssparte im Jahr 2004 eine Aktualisierung der Konzern-Richtlinie vorgenommen und Compliance-Anstrengungen verstärkt. Die Compliance-Organisation des U. L.-Konzerns sei durch Mitarbeiter des Bundeskartellamts als „beeindruckend“ gelobt worden. Der Konzern sei seiner Compliance-Verantwortung nachgekommen, sei jedoch von den an den Kartellabsprachen Beteiligten, so auch dem Kläger, getäuscht worden. Aus dem Vermerk der Anwaltskanzlei G. C. E. vom 22.03.2006 gehe hervor, dass der Leiter der Rechtsabteilung der U. L. Services AG keine Kenntnis von den tatsächlichen Kartellabsprachen unter Beteiligung der Beklagten gehabt habe. Man habe lediglich geahnt, dass es auf der Ebene der Hersteller (nicht des Vertriebs) Absprachen gegeben habe.

Die Beklagte und ihre Muttergesellschaften seien Hinweisen auf Absprachen in den Jahren 2004 und 2006 nachgegangen. Aufgrund der falschen Angaben der Verantwortlichen, seien die Absprachen nicht entdeckt und abgestellt worden. Die Compliance-Abteilung habe über die Kartellrechtsverstöße bei der Beklagten keine Informationen gehabt. Ebenso wenig sei sie über die konkreten Rechtsverstöße des Klägers informiert gewesen.

Der Kläger sei aus dem Gesichtspunkt einer schuldhaften Pflichtverletzung des Arbeitsvertrages gegenüber der Beklagten zum Schadensersatz verpflichtet. Er habe in vorsätzlicher, rechtswidriger und schuldhafter Weise sowohl den Tatbestand des § 1 GWB und die Tatbestände der §§ 298, 263 StGB verwirklicht. Der Kläger hafte zudem gegenüber der Beklagten gemäß § 826 BGB.

Die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs seien nicht auf Prokuristen und leitende Angestellte, wie den Kläger, anwendbar. Ferner habe der Kläger die schädigende Handlung gerade bei Ausübung der für seine leitende Position typischen Tätigkeiten vorgenommen, so dass eine Haftungsprivilegierung ausscheide. Der Zeuge C. habe von den Kartellabsprachen im Verkaufsbüro F. keinerlei Kenntnis gehabt und habe solche auch nicht angewiesen.

Die Beklagte verweist auf die Rechtsprechung des LG Berlin vom 01.10.2009 - 2 U 10/03, Kart, 2 U 10/03, wonach ein Bußgeldbescheid in Kartellsachen die Annahme eines Anscheinbeweises zu Gunsten einer Kartellteilnahme rechtfertige. Zumindest sei der Bußgeldbescheid ein Indiz für eine Kartellteilnahme. Im Übrigen sei nach § 33 Abs. 4 GWB ein Zivilgericht, welches über einen Schadensersatz zu entscheiden hat, an die Feststellungen eines Bußgeldbescheides gebunden. Es existiere eine Bindungswirkung bezüglich der durch das Kartellamt festgestellten Sachverhalte, Beteiligten und rechtlichen Schlussfolgerungen. Bereits danach stehe eine Beteiligung des Klägers fest. Die Bindungswirkung der Feststellung des Bundeskartellamts ergebe sich ferner daraus, dass der Kläger der Beklagten auch über § 33 Abs. 3 GWB in Verbindung mit § 426 BGB auf Schadensersatz bezüglich der Ansprüche Dritter im Innenverhältnis hafte.

Den Kläger treffe eine sekundäre Darlegungslast, da der Beweis der Beklagten nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Kläger alle wesentlichen Tatsachen kenne und es ihm zumutbar sei, nähere Angaben zu machen. Soweit der Kläger dagegen einwende, die von ihm getätigten Geschäfte in seinem Verkaufsbüro seien nicht von Absprachen betroffen gewesen, hätte es ihm oblegen, substantiiert dazu vorzutragen, welche Geschäfte aus welchen Gründen davon ausgenommen gewesen seien sollten. Gerade bei üblicherweise im Verborgenen getroffenen unerlaubten Marktabsprachen sei es dem Geschädigten, der außerhalb dieses Geschehens stehe, nicht möglich, präzise zu der Reichweite und den Inhalten der Absprachen und zu der Erstreckung auf konkrete Geschäfte vorzutragen. Es genüge der Geschädigte seiner Darlegungslast, wenn er vortrage, dass nach den nach außen tretenden Umständen die Voraussetzungen für eine Kartellbefangenheit vorlägen.

Der Kläger müsse sich als ein Mitglied in einer Gruppe von Kartellanten entlasten. An die Beweis- und Darlegungslast der Beklagten dürften keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Die Norm des § 619a BGB stehe weder den Grundsätzen über die abgestufte Beweislast noch der Anwendung der Rechtsfigur des Anscheinsbeweises entgegen. Die Beklagte beruft sich weiter auf den materiell-rechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben. Zudem bestünde für den Kläger eine prozessrechtliche Wahrheitspflicht. Er sei verpflichtet, sich vollständig zu erklären.

Der Kläger habe bei den Pflichtverletzungen auch schuldhaft gehandelt. Er habe Vorsatz sowohl hinsichtlich der Pflichtverletzung als auch bezüglich des Schadens gehabt, denn er habe sich zumindest bewusst damit abgefunden, dass als mögliche Folge seines Handelns ein Schaden eintritt. Dies insbesondere vor dem Hintergrund der Schulung des Klägers zum Kartellrecht und seiner Kenntnis um die Höhe von Kartellbußen aus den internen Merkblättern aus dem Jahr 2004 und dem Jahr 2007.

Zumindest habe er, sollte er darauf vertraut haben, der Schaden werde nicht eintreten, fahrlässig gehandelt.

Der Zeuge V. habe im Rahmen seiner Zeugenvernehmung den Vortrag bestätigt, dass die Beklagte mit der W. bei der Erstellung von Angeboten für den Kunden E. Preise abgesprochen habe.

Der Zeuge C. habe in seiner Zeugenvernehmung den Vortrag der Beklagten bestätigt, dass die Verkaufsbüros eigenverantwortlich die Geschäfte ihrer Niederlassung geleitet hätten und der Kläger in dem Absprachesystem ohne Vorgaben seines Geschäftsführers agiert habe. Der Zeuge habe bestätigt, dass der Kläger autonom entschieden habe, sich an dem Absprachensystem zu beteiligen.

Das pflichtverletzende Verhalten des Klägers sei für den Verletzungserfolg adäquat kausal. Zudem sei § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB einschlägig, da mehrere Personen am Verletzungserfolg beteiligt seien und ein jeweiliger Tatbeitrag eines Beteiligten geeignet sei, den Gesamtschaden zu verursachen.

Die Parteien haben am 18.11.2014, am 27.01.2015 und zuletzt im Termin am 21.09.2015 mündlich verhandelt.

Die Beklagte hat ihre Anträge aus dem Schriftsatz vom 31.10.2014 (Bl. 809 d. A.) gestellt.

Der Kläger hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 26.10.2015 kündigt die Beklagte folgende Anträge an,

1. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 300.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten jeden Schaden, der über Bußgeldschäden, Schäden in Form von Aufklärungskosten sowie Rechtsverfolgungskosten in den arbeitsgerichtlichen Verfahren LAG Düsseldorf Az.: 16 Sa 13/13, 14 Sa 800/15, 14 Sa 807/15 und Arbeitsgericht Essen, Az.: 4 Ca 523/13, 1 Ca 1716/14, 2 Ca 3626/14, 6 Ca 559/15 hinausgeht, zu ersetzen, der der Beklagten durch die Inanspruchnahme durch die E. Verkehrsgesellschaft AG, die N.er VerkehrsGesellschaft mbH oder die S. Power AG, die F.er Verkehrs AG oder die S. AG aus der Absprache des Klägers mit Herrn T. H., Mitarbeiter der w. L. Bahntechnik GmbH, über die Preise in den jeweiligen Angeboten der Beklagten und der w. L. Bahntechnik GmbH für die Lieferung von Oberbauprodukten an die E. Verkehrsgesellschaft AG, die N.er VerkehrsGesellschaft mbH, die S. Power AG, die F.er Verkehrs AG und die S. AG für die in der nachfolgenden Tabelle genannten Projekte sowie darüber, dass in diesen Projekten nicht die Beklagte, sondern die w. L. Bahntechnik GmbH Vertragspartner der E. Verkehrsgesellschaft AG, der N.er VerkehrsGesellschaft mbH, der S. Power AG, der F.er Verkehrs AG und der S. AG werden soll, entstanden ist oder entsteht:

 

Nr.

Projekt/Auftrag

Auftraggeber

 

1.

Linie 901 N. E. Straße, N. bis S.

E. Verkehrsgesellschaft AG

 

2.

C. Linie 901 TA 12 C.- Denkmal bis U.-Kokerei

E. Verkehrsgesellschaft AG

 

3.

C. Linie 90 IN TA 24 L. Straße

E. Verkehrsgesellschaft AG

 

4.

L 903 DIN Q.- X. straße

E. Verkehrsgesellschaft AG

 

5.

L 901 N., E. Straße - S. Straße - G. weg

E. Verkehrsgesellschaft AG

 

6.

L 901 Nord, Kaiser-X.- Straße, E.-N.- U. brücke

E. Verkehrsgesellschaft AG

 

7.

U79, L. straße und N. straße

E. Verkehrsgesellschaft AG

 

8.

C. L 901 N TA 5 Hast. I. straße

E. Verkehrsgesellschaft AG

 

9.

U79 O. Friedhof/N. Straße

E. Verkehrsgesellschaft AG

10.

L 903N O. Straße

E. Verkehrsgesellschaft AG

11.

L 901 N. E. Straße

E. Verkehrsgesellschaft AG

12.

URM 903N X. er Straße

E. Verkehrsgesellschaft AG

13.

U79, E. Straße BB, H.

E. Verkehrsgesellschaft AG

14.

L. brücke, E.-S.

N. (=N.er VerkehrsGesellschaft mbH)

15.

Betriebshof N., 1. BA

N.

16.

Mehrjahresbedarf

Oberbaumaterial

S. Power AG, G.

17.

Nebenlager T. Straße, F.

F.er Verkehrs AG

18

Jahresbedarf Rillenschienen 2008

S. AG, E.

           

 

3. Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten jeden Schaden, der über Bußgeldschäden, Schäden in Form von Aufklärungskosten sowie Rechtsverfolgungskosten in den arbeitsgerichtlichen Verfahren LAG Düsseldorf Az.: 16 Sa 13/13, 14 Sa 800/15, 14 Sa 807/15 und Arbeitsgericht Essen, Az.: 4 Ca 523/13, 1 Ca 1716/14, 2 Ca 3626/14, 6 Ca 559/15 hinausgeht, zu ersetzen, der der Beklagten durch die Inanspruchnahme durch die S. AG oder durch die eines Wettbewerbers der Beklagten aus der Absprache des Klägers mit den Herren T. H., Mitarbeiter der w. L. Bahntechnik GmbH, E. I. und Herrn S. O., Mitarbeiter der U. L. T. GmbH, über die Preise in den jeweiligen Angeboten der Beklagten, der w. L. Bahntechnik GmbH und der U. L. T. GmbH im Jahr 2007 für die Lieferung von Oberbauprodukten an die S. AG für das Projekt Jahresbedarf RillenSchienen und VignolSchienen der S. AG Jahr und darüber, dass in diesem Projekt die U. L. T. GmbH Vertragspartner der S. AG werden soll, entstanden ist oder entsteht.

4. Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten jeden Schaden, der über Bußgeldschäden, Schäden in Form von Aufklärungskosten sowie Rechtsverfolgungskosten in den arbeitsgerichtlichen Verfahren LAG Düsseldorf Az.: 16 Sa 13/13, 14 Sa 800/15, 14 Sa 807/15 und Arbeitsgericht Essen, Az.: 4 Ca 523/13, 1 Ca 1716/14, 2 Ca 3626/14, 6 Ca 559/15 hinausgeht, zu ersetzen, der der Beklagten durch die Inanspruchnahme durch die Häfen- und Güterverkehr L. AG oder durch die eines Wettbewerbers der Beklagten aus der Absprache des Klägers mit den Herren T. H., Mitarbeiter der w. L. Bahntechnik GmbH, P. G. jr. (I. G. Gleistechnik und Entsorgung GmbH), F. I. (F. I. GmbH), X. T. (Gleisbau T.), K. I. (T. N. GmbH) über die Preise in den jeweiligen Angeboten der Klägerin, der w. L. Bahntechnik GmbH, der I. G. Gleistechnik und Entsorgung GmbH, der F. I. GmbH, der Gleisbau T. und der T. N. GmbH im Jahr 2007 für die Lieferung von Oberbauprodukten an die Häfen- und Güterverkehr L. AG für das Projekt Vulkaneifelbahn „Eifelquerbahn“ der Häfen- und Güterverkehr L. AG und darüber, dass die F. I. GmbH in diesem Projekt Vertragspartner der Häfen- und Güterverkehr L. AG werden soll, entstanden ist oder entsteht.

5. Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten jeden Schaden, der über Bußgeldschäden, Schäden in Form von Aufklärungskosten sowie Rechtsverfolgungskosten in den arbeitsgerichtlichen Verfahren LAG Düsseldorf Az.: 16 Sa 13/13, 14 Sa 800/15, 14 Sa 807/15 und Arbeitsgericht Essen, Az.: 4 Ca 523/13, 1 Ca 1716/14, 2 Ca 3626/14, 6 Ca 559/15 hinausgeht, zu ersetzen, der der Beklagten durch die Inanspruchnahme durch die S. AG oder durch die eines Wettbewerbers der Beklagten aus der Absprache des Klägers mit den Herren T. H., Mitarbeiter der w. L. Bahntechnik GmbH und S. O., Mitarbeiter der U. L. T. GmbH, über die Preise in den jeweiligen Angeboten der Klägerin und der w. L. Bahntechnik GmbH im Jahr 2007 für die Lieferung von Oberbauprodukten an die S. AG für das Projekt E. Schienen D. 1801105 für Zentrallager F. Straße E. der S. AG, entstanden ist oder entsteht und darüber, dass in diesem Projekt die U. L. T. GmbH Vertragspartner der S. AG werden soll, entstanden ist oder entsteht.

6. Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten jeden Schaden, der über Bußgeldschäden, Schäden in Form von Aufklärungskosten sowie Rechtsverfolgungskosten in den arbeitsgerichtlichen Verfahren LAG Düsseldorf Az.: 16 Sa 13/13, 14 Sa 800/15, 14 Sa 807/15 und Arbeitsgericht Essen, Az.: 4 Ca 523/13, 1 Ca 1716/14, 2 Ca 3626/14, 6 Ca 559/15 hinausgeht, zu ersetzen, der der Beklagten durch die Inanspruchnahme durch die C.-H. Straßenbahn AG (C.) oder durch die eines Wettbewerbers der Beklagten aus der Absprache des Klägers mit den Herren D. G. (w. C. GmbH), Dr. I.-I. F. (T. N. GmbH), S. C. (W. M. GmbH), I. C. und I.- K. I. über das jeweilige Bieterverhalten und die Zuteilung der Lose 1 - 5 der Ausschreibung der C. im Jahr 2003 zum Projekt F. Straße für die Lieferung von Weichen an die C. entstanden ist oder entsteht.

7. Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten jeden Schaden, der über Bußgeldschäden, Schäden in Form von Aufklärungskosten sowie Rechtsverfolgungskosten in den arbeitsgerichtlichen Verfahren LAG Düsseldorf Az.: 16 Sa 13/13, 14 Sa 800/15, 14 Sa 807/15 und Arbeitsgericht Essen, Az.: 4 Ca 523/13, 1 Ca 1716/14, 2 Ca 3626/14, 6 Ca 559/15 hinausgeht, zu ersetzen, der der Beklagten durch die Inanspruchnahme durch die Deutsche Bahn AG oder durch die eines Wettbewerbers der Beklagten aus der Absprache bzw. versuchten Absprache des Klägers mit Herrn D. G., Herrn U. L. sowie Frau T. N. (jeweils w. C. GmbH) über die Preise in den jeweiligen Angeboten der Klägerin und der w. C. GmbH bei der Belieferung der Deutschen Bahn AG mit Stahlschwellen (Gleisschwellen) entstanden ist oder entsteht.

8. Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten jeden Schaden, der über Bußgeldschäden, Schäden in Form von Aufklärungskosten sowie Rechtsverfolgungskosten in den arbeitsgerichtlichen Verfahren LAG Düsseldorf Az.: 16 Sa 13/13, 14 Sa 800/15, 14 Sa 807/15 und Arbeitsgericht Essen, Az.: 4 Ca 523/13, 1 Ca 1716/14, 2 Ca 3626/14, 6 Ca 559/15 sowie über die in den Anträgen 1. bis 7. geltend gemachten hinausgeht, zu ersetzen, der ihr durch die Kenntnis und / oder Beteiligung des Klägers an Treffen, Telefonaten oder Schriftverkehr (per Brief, Fax, Mail oder SMS) entstanden ist oder entsteht, mit welchen für die Beklagte mit einem oder mehreren der folgenden Unternehmen

- D. U. Stahlhandel GmbH

- G. O. Gleistechnik und Entsorgung GmbH

- G. X. Gleistechnik und Entsorgung GmbH

- I. L. GmbH & Co. KG

- I. G. Gleistechnik und Entsorgung GmbH

- L. Bahntechnik GmbH

- T.-N. GmbH

- U. Schienen Technik GmbH & Co. KG

- w. C. GmbH & Co. KG

- w. L. Bahntechnik GmbH

- w. Schienen GmbH

- W. M. GmbH & Co. KG

- Y. S. Gleisbau GmbH (jetzt: T. S. Gleisbautechnik und Baustoffhandel GmbH

- Y. S. Gleisbau GmbH & Co. KG (jetzt: T. S. GmbH & Co. KG

(nachfolgend: „bezeichnete Unternehmen“)

im Hinblick auf eine oder mehrere Anfragen oder Ausschreibungen eines oder mehrerer Kundenunternehmen in dem Zeitraum ab 2001 bis einschließlich 2011 abgesprochen worden ist,

- zu welchem Preis eines oder mehrere der bezeichneten Unternehmen (einschließlich der Beklagten) ein Angebot an ein oder mehrere Kundenunternehmen abgeben wird und/oder

- mit welcher Quote (Mengen- oder Verhältniszahl oder deren jeweilige sinngemäße Umschreibung bezogen auf den Gesamtleistungsbedarf, den Gesamtleistungsumfang oder den Gesamtpreis oder jeweils bezogen auf Teile hiervon) eines oder mehrere der bezeichneten Unternehmen (einschließlich der Beklagten) an der Anfrage oder Ausschreibung eines oder mehrerer Kundenunternehmen beteiligt wird und/oder

- welches der bezeichneten Unternehmen (einschließlich der Beklagten) für welches Gebiet und/oder für welches Kundenunternehmen alleine oder zusammen (auch im Wege der Unterbeteiligung) mit einem oder mehreren der bezeichneten Unternehmen ausschließlicher Vertragspartner des Kundenunternehmen für einen bestimmten oder unbestimmten Zeitraum sein sollte und/oder

- ob im Verhältnis zwischen der Beklagten und der w. L. Bahntechnik GmbH die Beklagte oder die w. L. Bahntechnik GmbH Vertragspartner eines oder mehrerer anfragender oder ausschreibender Kundenunternehmer werden sollte.

Im Kammertermin vom 03.11.2015 hat der Beklagtenvertreter keinen Antrag gestellt.

Der Kläger hat daraufhin beantragt,

nach Lage der Akten zu entscheiden,

hilfsweise,

ein Versäumnisurteil zu erlassen.

Die Kammer hat im Termin am 03.11.2015 beschlossen, gemäß §§ 251a Abs. 2, 331a ZPO i. V. m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG nach Lage der Akten zu entscheiden. Zugleich hat sie Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Widerklage der Beklagten sei unzulässig. Die Beklagte habe kein Feststellungsinteresse. Die Beklagte könne ihre Schadensersatzansprüche gegen den Kläger beziffern.

Auf eine Haftung des Klägers würden die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung Anwendung finden. Bei der Feststellung einer Schadensersatzpflicht müsste das Gericht bereits dem Grunde nach die Haftungsquote ausurteilen. Dies stehe einer Haftungsfeststellungsklage entgegen.

Im Hinblick auf den von der Beklagten geltend gemachten Bußgeldschaden trägt der Kläger vor: Eine Regressnahme bei der Verhängung eines Bußgeldes verstoße gegen den Sanktionscharakter von Geldbußen. Bei Bußgeldern handele es sich um eine Strafverhängung mit höchstpersönlichem Charakter, die allein von dem Betroffenen getragen werden müsse, ohne dass die Abwälzung der Strafsumme auf Dritte möglich wäre. Andernfalls verlöre eine solche Geldstrafe jeglichen Sinn und Zweck.

In Bezug auf die von der Beklagten geltend gemachten Aufklärungs- und Rechtsverfolgungskosten bestreitet der Kläger, dass die Kosten erforderlich gewesen seien, da die Beklagte selbst über eine Rechtsabteilung verfüge. Die Beklagte habe insofern gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen. Der Kläger bestreitet die Tätigkeit der von der Beklagten genannten Anwälte, die Tage ihrer Tätigkeit, den Inhalt ihrer Tätigkeit und den jeweiligen Zeitumfang sowie die Höhe des Stundenhonorars. Ferner habe die Beklagte nicht nur Kosten für die Sachverhaltsaufklärung aufgeführt, sondern auch für Vorhaltemöglichkeiten. Der Kläger habe keine Einwilligung in einen “E-Search“ gegeben.

Der Kläger habe die Geschäftspolitik des Verkaufsbüros nicht bestimmt oder eigenständig entschieden. Jedes Angebot, jede Bestellung, jeder Auftragsbestätigung, jeder Speditionsauftrag, jede Gutschrift und jede Belastung sei stets von zwei Personen unterzeichnet worden.

Der Kläger habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzt. Er habe sich nicht kartellrechtswidrig verhalten. Dem Bußgeldbescheid sei nicht zu entnehmen, dass dieser auf eine konkrete Tathandlung des Klägers abstelle. Der Kläger sei dort nur als einer von vielen Nebenbetroffenen pauschal genannt. Dies reiche für einen kausalen Tatbeitrag jedenfalls nicht aus. Möglicherweise hat das Bundeskartellamt in diesem Kontext auch lediglich die vom Vorstand angewiesene Umsetzung der Zweimarkenstrategie durch alle Verkaufsbüroleiter als kartellrechtswidrig bewertet. Hierfür sei der Kläger jedoch nicht verantwortlich. Ein Anscheinsbeweis zulasten des Klägers ergebe sich aus dem Bußgeldbescheid nicht. Ohne Benennung einer konkreten Tathandlung des Klägers im Bußgeldbescheid gebe es auch keinen Anscheinsbeweis für eine solche Tatbeteiligung des Klägers. Der Bußgeldbescheid sei noch nicht einmal ein Indiz für ein kartellrechtswidriges Verhalten des Klägers.

Auf der Oberbautagung im Jahre 2001 habe der Vorstand die Zweimarkenstrategie vorgestellt und deren Umsetzung angewiesen. Der Kläger habe die Zweimarkenstrategie weisungsgemäß umgesetzt. Es sei nicht seine Aufgabe gewesen, diese auf Kartellrechtskonformität zu überprüfen. Der Kläger habe davon ausgehen müssen, dass diese Weisung aufgrund des Teilnehmerkreises der Oberbautagung - Vorstand, Geschäftsführer, Bereichsleiter, Controlling und Personalabteilung - für ihn bindend und im Übrigen auch rechtlich geprüft sei.

Richtig sei, dass er sich mit dem Zeugen H. gelegentlich getroffen habe. Gegenstand dieser Treffen sei die Umsetzung der vom Vorstand der Beklagten vorgegebenen Zweimarkenstrategie. Mit dem Zeugen H. habe es seitens des Klägers keine kartellrechtswidrigen Absprachen gegeben. Bis heute seien dem Kläger keine aussagekräftigen Geschäftsunterlagen zu Verfügung gestellt worden. Somit sei noch nicht einmal belegt, ob die von der Beklagten in Bezug genommenen Projekte überhaupt als Anfrage - außer von der W. - vorgelegen hätten.

Nach Schätzungen des Klägers seien durch das Verkaufsbüro F. in dem Zeitraum von 2001 bis 2011 ca. 4.500 bis 7.000 Aufträge realisiert worden. Der Kläger habe - bedingt durch die Vielzahl der Anfragen - nicht alle Anfragen der E. kalkuliert/angeboten. Soweit der Zeuge H. Preise vorgegeben habe, seien diese an die Beklagte und nicht an den Kläger gegangen.

Es gebe eine Vielzahl von Gründen, warum eine Vergabe an die W. und nicht an die Beklagte erfolgt sei. Beispielsweise könnte es sein, dass eine Anfrage dem Verkaufsbüro von der E. nicht vorgelegen habe oder aus technischen Gründen eine Vergabe nicht an die Beklagte erfolgt sei. Für eine lückenlose Aufklärung hätte die Beklagte die entsprechenden Anlagen vorlegen müssen. Allenfalls dann könne der Kläger zu den einzelnen Projekten dezidiert Stellung nehmen.

Die von der Beklagten im Antrag zu 2) aufgeführten Projekte/Aufträge enthielten keinerlei Angaben über Mengen, Material, Zeitraum und Art und Weise einer etwaigen Beteiligung des Klägers. Die in den Anträgen zu 3) und 5) bezeichneten Aufträge seien ausschließlich von der U. L. T. GmbH realisiert worden. Gespräche jeglicher Art zwischen der U. L. T. GmbH und der Beklagten seien kartellrechtlich nicht zu beanstanden, da es sich um zwei Unternehmen eines Konzerns handele.

Zu dem Auftrag der E., E. C. Linie 901 (Projekt Nr. 2) trägt der Kläger vor, es seien dort Produkte angefragt worden, die U. L. nicht anbieten konnte. Der Kläger gehe auch davon aus, dass er den Geschäftsvorgang nicht bearbeitet und auch nicht gesehen habe. Es sei eine Weichentechnologie angefragt worden, welche die Beklagte nicht anbieten konnte.

Das im Antrag zu 4) angeführte Projekt “Vulkaneifelbahn“ sei von einem Konzernunternehmen der U. L. T. GmbH realisiert worden. Nach Kenntnis des Klägers seien keinerlei Gebrauchsstoffe über das Verkaufsbüro F. für dieses Projekt geliefert worden. Es seien auch keine Preise oder Mengen vom Kläger abgesprochen worden. Alle Preise seien von der zuständigen Abteilung vorgegeben worden.

Der Vortrag der Beklagten zu den “weiteren Projekten“ und im Hinblick auf das Projekt “Eifelquerbahn“ sei nicht einlassungsfähig. Ohne Einsicht in die entsprechenden Unterlagen könne der Kläger nicht einmal prüfen, ob er diese Projekte bearbeitet habe.

Im Hinblick auf die Wettbewerbsabsprachen betreffend weiterer Kunden lege die Beklagte keinerlei Unterlagen vor, so dass dem Kläger aus der Erinnerung kaum eine substantiierte Einlassung möglich sei.

Bei den Projekten N., L. brücke (Projekt Nr. 14) und N. Betriebshof (Projekt Nr. 14) handelte es sich nach Rücksprache mit dem Kunden im Jahr 2014 um eine Anfrage über Weichen. Für Weichenanfragen seien aber weder der Zeuge H. noch der Kläger zuständig gewesen. Somit könne nur bestritten werden, dass es Gespräche mit dem Zeugen H. gegeben hat. Der Kläger sei hieran jedenfalls nicht beteiligt gewesen.

In Bezug auf das Projekt S. Power trägt der Kläger vor: Der Kläger habe nach eigenen Recherchen herausgefunden, dass im Jahr 2006 kopfgehärtete sowie Vignolschienen benötigt worden seien, die wegen der Einstellung der Produktion nicht mehr von der U. geliefert werden konnten. Anfragen des Kunden S. seien ab 2001 immer im Sinne der angewiesenen Zweimarkenstrategie bearbeitet worden.

Zu dem Projekt “Jahresbedarf der S.“ trägt der Kläger vor, dass er auf Anweisung des Vorstands für die S. AG nicht zuständig gewesen sei. Weitere detaillierte Aussagen seien ohne Einsicht in die entsprechenden Unterlagen nicht möglich. Entsprechendes gelte für das Projekt “Dickstegschienen“.

Bei dem Projekt “Nebenlager T. Straße“ habe es sich um den Einkauf von kopfgehärteten Vignolschienen gehandelt, die aus wirtschaftlichen und ausschreibungsbedingten Faktoren bei der W. in deren Werk in M. hätten eingekauft werden müssen.

Im Hinblick auf die von der Beklagten behaupteten Absprachen mit dem Zeugen G. trägt der Kläger vor, Gegenstand der beiden Treffen sei es nicht gewesen, die Möglichkeit einer Marktaufteilung auszuloten. Es sei vielmehr um den gemeinsamen Einkauf von Rippenplatten gegangen, die aus Fracht- und Kostengründen gemeinsam eingekauft werden sollten. Vom Kläger initiierte Kartellabsprachen hinsichtlich des Vertriebs von Stahlschwellen habe es nicht gegeben. Von diesen habe der Kläger auch keine Kenntnis.

Im Hinblick auf das Projekt “F. Straße“ der C. verweist der Kläger auf die Stellungnahme des Zeugen I., wonach der Kläger allenfalls zeitweise bei einem Treffen dabei gewesen sei und Preise bei diesem Treffen nicht besprochen worden seien. Die Aufgabe des Klägers sei nur gewesen zu prüfen, ob eine Belieferung auf Basis von vier Weichenwerken vom Kunden akzeptiert werde bzw. ausschreibungskonform sei. In Bezug auf die U-Bahn-Strecke sei ein Wettbewerb diesbezüglich nicht möglich gewesen. Gegenstand des Projektes sei eine elastische Weichenlagerung, die nur von der C. geliefert werden konnte. Die C. habe den Auftrag auch bereits zu festen Konditionen erhalten.

Eine Tabelle zur Kontrolle von Quoten sei im Verkaufsbüro F. nicht geführt worden.

Ferner habe der Vorstand der Muttergesellschaft der Beklagten den Zeugen C. zur Fortsetzung des kartellrechtswidrigen Verhaltens angewiesen. Dies ergebe sich aus der Klage der Beklagten gegen den Vorstand R..

Soweit in den Unterlagen zum Bonusantrags der w. angegeben sei, dass der Kläger in der Regel Kontakt zur W. aufgenommen habe, weist der Kläger darauf hin, dass die W. ein zugelassener Lieferant und auch ein Kunde der Beklagten gewesen sei. Der Kläger habe nicht wissen können, ob die w. intern festgelegt habe, dass die Schienen aus der Produktionsstätte E. kommen sollten. Für den Kläger hätte es überhaupt keinen wirtschaftlichen Grund gegeben, Schienen aus Österreich zu Kunden nach E. zu liefern.

Eine etwaige pflichtwidrige Handlung oder ein pflichtwidriges Unterlassen des Klägers wäre ferner im Verhältnis zum kartellrechtswidrigen Verhalten der Beklagten zu vernachlässigen. Ein etwaiges Mitverschulden des Klägers wäre so gering, dass seine Haftung auf null reduziert sei.

Sowohl die Geschäftsführer der Beklagten als auch die für die Beklagte zuständigen Vorstandsmitglieder der Konzernmutter hätten die Kartellabsprachen über Jahre hinweg nicht nur bewusst geduldet, sondern vielmehr aktiv gefördert und verdeckt. Die Beklagte habe ein nicht funktionierendes Compliance-System, das sie vorsätzlich ausgehebelt habe.

Die Compliance-Abteilung sei über das Schienenkartell durch den Zeugen C. informiert worden und ferner über die Vorstandsmitglieder, die Herren R. und Dr. T.. Der Leiter der Rechts- und Compliance-Abteilung habe bereits am 26.04.2004 gemeinsam mit einem Rechtsanwalt der Kanzlei G. C. E. festgelegt, dass der Konzern der Beklagten nicht als “Whistleblower” mit den Behörden kooperiere. Der Kläger verweist auf einen Vermerk vom 22.03.2006 (Anlage BI 11) aus dem sich ergebe, dass der gesamte Sachverhalt, der dem Kläger angelastet werde, dem Vorstand, den Geschäftsführern und dem Compliance Office bereits im Jahr 2006 bekannt gewesen sei und man sich nach entsprechender Prüfung und Rücksprache mit Rechtsanwälten dazu entschlossen habe, etwaige kartellrechtswidrigen Absprachen fortzusetzen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten wäre das von ihr behauptete - jedoch nicht näher konkretisierte - pflichtwidrige Unterlassen des Klägers auch nicht kausal für die Verhängung des kartellrechtlichen Bußgeldes oder eines sonstigen Schadens. Das Verhalten der Beklagten und ihrer Konzernmutter dokumentiere, dass selbst bei der Anzeige von kartellrechtswidrigen Handlungen durch den Kläger gegenüber der Compliance-Abteilung nichts unternommen worden wäre, um die Kartellrechtsverstöße zu unterbinden. Aus der Akte der Staatsanwaltschaft sei zu entnehmen, dass Kartellabsprachen von verschiedenen Mitarbeitern der Beklagten mehrfach sowohl an den zuständigen Compliance-Beauftragten als auch sogar Vorstandsmitglieder einschließlich des Vorstandsvorsitzenden herangetragen worden seien, ohne dass diese Anzeigen jemals zum Anlass gewesen seien, den Sachverhalt weiter aufzuklären oder kartellrechtswidrige Handlungen zu unterbinden. Es sei hier bewusst nichts unternommen worden, um das seit Jahren bestehende, äußerst rentable Absprachesystem nicht zu stören. Der Kläger verweist hierbei auf die Aussage des Geschäftsführers der Beklagten im Ermittlungsverfahren (Anlage BE 7) und auf die Aussage des Leiters der Rechtsabteilung der U. L. Services AG (Anlage BE 7).

Mit Teilurteil vom 14.05.2013 (Bl. 618 - 644 d. A.) hat die Kammer das Urteil des Arbeitsgerichts geringfügig abgeändert und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 14.05.2013 hat die Kammer das Verfahren in Bezug auf die Widerklageanträge bis zur Erledigung des Ermittlungsverfahrens 48 Js 3/11 ausgesetzt. Mit Schriftsatz vom 17.06.2014 (Bl. 680 d. A.) hat der Kläger die Fortsetzung der Verhandlung beantragt.

Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 27.01.2015 durch die Vernehmung der Zeugen H., V., N., T., I., C., C. und G.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf die Protokolle der Kammertermine vom 21.09., 22.09. und 23.09.2015 (Bl. 1378 - 1432 d. A.). Mit Zwischenurteil vom 02.11.2015 hat die Kammer über die Frage der Berechtigung der Aussageverweigerung des Zeugen H. entschieden. Auf die Abschrift des Zwischenurteils vom 02.11.2015 (Bl. 1824 - 1844 d. A.) wird verwiesen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.11.2015 hat die Beklagte beantragt, die Verhandlung wieder zu eröffnen und einen Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Ferner hat die Beklagte Schriftsatznachlass zur Erwiderung auf den Schriftsatz des Klägers vom 19.10.2015 beantragt. Zudem hat sie beantragt, im Wege des Zwischenurteils festzustellen, dass sie Aussageverweigerung des Zeugen I. auf die Frage "haben Sie an einem Treffen zu dem Projekt F. Str. teilgenommen?” unberechtigt ist. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten zu diesen Anträgen wird auf den Schriftsatz vom 25.11.2015 (Bl. 1899-1898 d. A.) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.

Aus den Gründen

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

A. Die Kammer konnte gemäß §§ 251a, 331a ZPO i. V. m. § 525 Satz 1 ZPO, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG nach Lage der Akten entscheiden.

I. Die mündliche Verhandlung war nicht gemäß § 156 ZPO wiederzueröffnen.

1. Eine Wiedereröffnung der Verhandlung ist gemäß § 156 Abs. 1 Nr. 2 ZPO anzuordnen, wenn das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295 ZPO), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör feststellt. Soweit eine Partei entgegen § 296a ZPO neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel nachreicht, ist eine Wiedereröffnung nicht geboten (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 156 Rn. 4).

2. Das Vorbringen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 25.11.2015 gibt keinen Anlass zu einer Wiedereröffnung des Verfahrens. Die Kammer hat den Antrag der Beklagten im Schriftsatz vom 25.11.2015 auf Schriftsatznachlass im Hinblick auf den Schriftsatz des Klägervertreters vom 19.10.2015 zur Kenntnis genommen. Sie hat den Schriftsatz des Klägervertreters bei ihrer Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt. Soweit die Beklagte nunmehr beantragt, im Wege des Zwischenurteils festzustellen, dass sie Aussageverweigerung des Zeugen I. in Bezug auf die Frage "Haben Sie an einem Treffen zu dem Projekt F. Straße teilgenommen?”, wäre dieser Antrag vor Schluss der mündlichen Verhandlung anzubringen gewesen, vgl. § 296a ZPO. Der Beklagten wurde auch bereits mit Schreiben vom 28.09.2015 aufgegeben, bis zum 08.10.2015 mitzuteilen, ob sie einen Antrag im Sinne von § 387 ZPO stellt. Mit Schriftsatz vom 29.09.2015 hat sie mitgeteilt, dass ein derartiger Antrag nicht erfolgen werde. Die Stellungnahme des Zeugen G. (Anlage BK 12), welche die Beklagte gemäß Schriftsatz vom 31.10.2014 (Bl. 809- 901) zum Gegenstand ihres Vortrags gemacht hat, hat die Kammer bei ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigt. Der Rechtsstreit ist auch mit Rücksicht auf dieses Vorbringen entscheidungsreif. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass dieser Sachverhalt wie ggf. im Parallelverfahren 14 Sa 807/15 weiter aufgeklärt werden muss, verkennt sie bereits die Unterschiede im Streitgegenstand und im Prüfungsmaßstab. Das dortige Verfahren betrifft die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung, während vorliegend über eine Haftungsfeststellung zu entscheiden ist.

II. Nach § 331a ZPO kann der Gegner beim Ausbleiben einer Partei im Termin zur mündlichen Verhandlung statt eines Versäumnisurteils eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragen. Dem Antrag ist zu entsprechen, wenn der Sachverhalt für eine derartige Entscheidung hinreichend geklärt erscheint. Diese Voraussetzungen liegen vor. Insbesondere war die Beweisaufnahme gemäß Beschluss vom 27.01.2015 im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abgeschlossen.

1. Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 03.11.2015 einen Antrag auf Entscheidung nach Aktenlage gestellt. Die Beklagte war zwar erschienen, hat jedoch nicht verhandelt. Dies steht gemäß § 333 ZPO einem Ausbleiben im Sinne von § 331a Satz 1 1. Halbs. ZPO gleich (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 333 Rn. 1). Danach war eine Entscheidung nach Aktenlage zulässig.

2. Dem Antrag des Klägers auf Entscheidung nach Aktenlage war zu entsprechen, da der Sachverhalt, wie noch darzustellen sein wird, hinreichend geklärt war. Nach Aktenlage kann jede Entscheidung ergehen, für welche der Prozessstand ausreicht, ein Urteil jedoch nur nach Bestimmung eines Verkündungstermins bei Entscheidungsreife nach §§ 300 - 305 ZPO und nach vorgängiger streitiger Verhandlung in gleicher Instanz (§ 331a ZPO i. V. m. § 251 Abs. 2 ZPO). Sinn dieser Voraussetzung ist, dass die Parteien ihre Standpunkte wenigstens einmal mündlich vortragen konnten.

Die Parteien haben ausweislich des Sitzungsprotokolls bereits in den Terminen zur mündlichen Verhandlung am 18.11.2014, am 27.01.2015 und zuletzt im Termin vom 21.09.2015 vor der erkennenden Kammer mündlich verhandelt. Unschädlich ist, dass sie in den Terminen am 18.11.2014 und am 27.01.2015 nicht vor denselben Richtern verhandelt haben. Die Regelung des § 309 ZPO gilt für die Entscheidung nach Lage der Akten nicht (Zöller/Vollkommer, aaO, § 309 ZPO, Rn. 6). Über den Antrag gemäß § 331a ZPO entscheiden das Kollegium in der sich aus der Geschäftsverteilung ergebenden Besetzung, die mit der vorherigen Terminbesetzung nicht notwendig identisch sein muss (Zöller/Herget, aaO, § 333 Rn. 9).

3. Die Beweisaufnahme gemäß Beschluss vom 27.01.2015 war im Zeitpunkt des Antrags des Klägers auf Entscheidung nach Lage der Akten bereits abgeschlossen. Die Parteien sind im Termin am 03.11.2015 in die mündliche Verhandlung eingetreten.

a) Die §§ 251a, 330 ff. ZPO sind erst anwendbar, wenn Beweis erhoben und sodann gemäß §§ 278 Abs. 2 Satz 2, 370 ZPO in die mündliche Verhandlung eingetreten wurde (Zöller/Greger, aaO, § 368 Rn. 1). Die mündliche Verhandlung beginnt hierbei nicht, ehe die Beweisaufnahme erledigt ist, d. h. alle im Beweisbeschluss vorgesehenen Beweiserhebungen abgeschlossen oder ganz oder teilweise tatsächlich oder aus Rechtsgründen nicht mehr durchführbar sind (Prütting/Gehrlein/Lindner, ZPO, 6. Aufl, § 370 Rn. 4). Vor Erledigung eines Zwischenstreits gemäß § 387 Abs. 1 ZPO ist keine Fortsetzung der Verhandlung zur Hauptsache möglich.

b) Der Zwischenstreit über das Zeugnisverweigerungsrecht des Zeugen H. gemäß § 387 Abs. 1 ZPO war im Zeitpunkt des Antrags des Klägers auf Entscheidung nach Lage der Akten erledigt. Das Zwischenurteil vom 02.11.2015 wurde bereits mit Verkündung der Entscheidung formell rechtskräftig (vgl. Prütting/Gehrlein/Kroppenberg, aaO, § 705 Rn. 2; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl., Rn. 4). Ein Rechtsmittel gegen das Urteil ist nicht gegeben. Die Kammer hat gegen das Zwischenurteil die Rechtsbeschwerde gemäß § 64 Abs. 5 ArbGG i. V. m. § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO nicht zugelassen. Die von der Beklagten erhobene Anhörungsrüge gemäß §§ 78a ArbGG, 321a ZPO hemmt die Rechtskraft nicht (Zöller/Stöber, aaO, § 705 ZPO, Rn. 1 m. w. N.).

c) Auch im Übrigen war die Beweisaufnahme gemäß Beschluss vom 27.01.2015 abgeschlossen. Die Kammer hat in den Terminen zur Beweisaufnahme am 21., 22. und 23.09.2015 alle benannten Zeugen vernommen, soweit diese nicht das Zeugnis verweigert haben. Die Beklagte hat hinsichtlich der Zeugnis-verweigerung der Zeugen G., I. und C. keinen Antrag auf Feststellung der Berechtigung der Zeugnisverweigerung gemäß § 387 ZPO gestellt (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 29.09.2015 (Bl. 1450 a d. A.). Im Unterlassen dieses Antrags liegt ein Verzicht auf den Zeugen (Zöller/Greger, aaO, § 387 , Rn. 2).

d) Eine Erörterung des Sach- und Streitstandes sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme gemäß § 279 Abs. 3 ZPO ist erfolgt. Ausweislich des Sitzungsprotokolls haben die Parteien bereits im Anschluss an die Beweisaufnahme im Termin am 23.09.2015 das Ergebnis der Beweisaufnahme erörtert. Ebenfalls ist eine weitere Erörterung des Sach- und Streitstandes erfolgt. Schließlich haben die Parteien mit Schriftsätzen vom 12.10.2015 und 19.10.2015 jeweils zum Ergebnis der Beweisaufnahme vorgetragen.

e) Die Beklagte hat durch ihr Nicht-Verhandeln im Termin am 03.11.2015 auf das ihr gemäß § 285 Abs. 1 ZPO zustehende Recht, über die Beweisaufnahme zu verhandeln, verzichtet.

aa) Nach § 285 Abs. 1 ZPO haben die Parteien über die Beweisaufnahme unter Darlegung des Streitverhältnisses zu verhandeln. Die vorgeschriebene Verhandlung gibt den Parteien die Möglichkeit, ihre Auffassung über das Beweisergebnis darzulegen sowie Beweiseinreden und weitere Beweisangebote unmittelbar vorzubringen. Die Regelung dient damit der Gewährung des rechtlichen Gehörs (Zöller/Greger, aaO, § 285 ZPO, Rn. 1; Prütting/Gehrlein/Laumen, aaO, § 285 ZPO Rn. 1; MüKo/Prütting, ZPO, 3. Aufl., § 285, Rn. 1). Erfolgt die Stellungnahme zum Beweisergebnis schriftlich, so ist sie gemäß §§ 279 Abs. 3, 285 Abs. 1 ZPO erneut zu erörtern (Prütting/Gehrlein/Laumen, aaO, § 285 ZPO Rn. 1). Die Parteien können auf eine Verhandlung über das Beweisergebnis jedoch verzichten (vgl. MüKo/Prütting, aaO, § 285 ZPO, Rn. 3). Daher kann etwa bei Säumnis einer Partei im Termin zur Beweisaufnahme nach Abschluss der Beweisaufnahme auf Antrag ein Versäumnisurteil ergehen. Auch kann, soweit beide Parteien im gesamten Termin zur mündlichen Verhandlung und zur Beweisaufnahme säumig sind, eine Entscheidung nach Lage der Akten ergehen. Das Beweisergebnis der Beweisaufnahme kann in diesem Fall verwertet werden (vgl. MüKo/Prütting, aaO, § 285 ZPO, Rn. 3).

bb) Vorliegend hatte die Beklagte sowohl im Termin am 23.09.2015 als auch schriftsätzlich die Möglichkeit, zum Beweisergebnis Stellung zu nehmen. Eine weitere Erörterung des Beweisergebnisses nach Eingang der Schriftsätze hätte gemäß §§ 279 Abs. 3, 285 Abs. 1 ZPO im Termin am 03.11.2015 erfolgen können. Dieser Termin war gemäß Sitzungsprotokoll vom 23.09.2015 auch zur Erörterung des Beweisergebnisses vorgesehen. Die Beklagte war in diesem Termin jedoch im Sinne von § 333 ZPO säumig. Eine ihr eingeräumte Möglichkeit einer Erörterung gemäß § 285 Abs. 1 ZPO hat sie damit nicht wahrgenommen. Sie ist nicht anders zu stellen, als diejenige Partei, die der Beweisaufnahme und der mündlichen Verhandlung insgesamt fernbleibt. Auch in diesem Fall kann eine Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 252a ZPO ergehen.

4. Auch das Erfordernis der Anberaumung eines Verkündungstermins gemäß §§ 251a, 331a ZPO ist gegeben. Dies ist mit Beschluss vom 03.11.2015 erfolgt.

5. Gegenstand der vorliegenden Entscheidung nach Lage der Akten ist der gesamte Akteninhalt einschließlich der mit Schriftsatz vom 26.10.2015 angekündigten Anträge. Denn Grundlage für die Entscheidung gemäß §§ 251a, 331a ZPO ist der gesamte Prozessstoff, der mündlich oder schriftsätzlich bis zu dem Termin, in dem die Partei säumig ist, vorgetragen worden ist. Dazu gehören auch alle Ergebnisse früherer Verhandlungen oder früherer Beweisaufnahmen (Prütting/Gehrlein/Anders, aaO, § 251a Rn. 4; MüKo/ Prütting, aaO, § 331a ZPO, Rn. 2).

B. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist an sich statthaft gemäß § 64 Abs. 1 und 2 b) ArbGG sowie form- und fristgerecht i. S. v. § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden.

I. Die Berufung der Beklagten ist insbesondere ausreichend begründet i. S. v. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Hiernach muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Begründung der Berufung auch im Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen anwendbar. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll (BAG, 19.02.2013 - 9 AZR 543/11, Rn. 14, juris; BAG, 16.05.2012 - 4 AZR 245/10, Rn. 11, juris; BAG, 18.05.2011 - 4 AZR 552/09, Rn. 14, juris; BAG, 15.03.2011 - 9 AZR 813/09, Rn. 11, juris; LAG Rheinland-Pfalz, 02.10.2014 - 3 Sa 294/14, Rn. 27, juris).

II. Nach diesen Grundsätzen liegt eine ausreichende Berufungsbegründung vor. Die Beklagte hat in der Berufungsbegründung ihre Anträge umgestellt. Sie hat jedoch gleichzeitig gerügt, dass das Arbeitsgericht die erstinstanzlichen Anträge als unzulässig abgewiesen hat. Sie hat hierbei detailliert vorgetragen zu der Frage der Schadenswahrscheinlichkeit, der hinreichenden Bestimmtheit der Anträge und des Rechtsschutzbedürfnisses. Hierdurch hat sie sich hinreichend mit den rechtlichen Argumenten des angefochtenen Urteils auseinandergesetzt und die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung erfüllt.

C. Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Die Widerklageanträge zu 7) und 8) sind unzulässig. Im Übrigen sind die Widerklageanträge unbegründet. Der Beklagten steht gegen den Kläger weder die gemäß dem Widerklageantrag zu 1) begehrte Zahlung von Schadensersatz i. H. v. 300.000,00 € zu noch hat sie einen Anspruch auf Feststellung der Haftung des Klägers gemäß den Widerklageanträgen zu 2) bis 8).

I. Der Zahlungsantrag zu 1) ist zulässig. Insbesondere ist der zweitinstanzlich erfolgte - teilweise - Übergang von der Feststellungsklage zur Leistungsklage zulässig.

1. Eine Klageänderung in der Berufungsinstanz ist nach § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 533 ZPO nur zulässig, wenn einerseits der Gegner einwilligt oder das Gericht die Klageänderung für sachdienlich hält (§ 533 Nr. 1 ZPO) und andererseits die Klageänderung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO).

Keine Klageänderung im Sinne des §§ 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 533 ZPO liegt vor, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird (§ 264 Nr. 2 ZPO). Die Regelung in § 264 Nr. 2 ZPO erfasst hierbei Erweiterungen und Beschränkungen des Klageantrages, die den bisherigen Streitgegenstand nicht durch einen anderen ersetzen, sondern nur quantitativ oder qualitativ modifizieren. Eine solche qualitative Änderung des Antrags liegt vor, wenn Leistung statt der Feststellung oder umgekehrt begehrt wird und soweit sich der neue Antrag auf dasselbe Rechtsverhältnis bezieht (BGH, 16.05.2001 - XII ZR 199/98, Rn. 5, juris; BGH, 12.05.1992 - VI ZR 118/91, Rn. 9, juris; Zöller/Greger, aaO, § 264 , Rn. 3c). Diese Voraussetzung ist gegeben. Die neuen Anträge beziehen sich auf dasselbe Rechtsverhältnis, nämlich die Ersatzpflicht des Klägers für die Schäden der Beklagten aus kartellrechtswidrigen Absprachen.

2. Der Wechsel von der Feststellungsklage zur Leistungsklage kann auch noch im Berufungsverfahren vollzogen werden, soweit - wie vorliegend - die Berufung zulässig ist (BGH, 12.05.1992, aaO, Rn. 13, juris).

II. Die Feststellungsanträge zu 2) bis 6) sind zulässig.

1. Gemäß § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die klagende Partei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage dient dabei allgemein dem Zweck, Rechtsgewissheit dort zu erlangen, wo eine Durchsetzung subjektiver Rechte durch Leistungsurteil oder eine Rechtsänderung durch Gestaltungsurteil nicht möglich ist (vgl. Zöller/Greger, 30. Aufl., § 256 ZPO Rn. 1). Eine Feststellungsklage ist demzufolge nur dann zulässig, wenn sie ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO zum Gegenstand hat und der die Feststellung begehrenden Partei ein schutzwürdiges Interesse an alsbaldiger Feststellung zuzubilligen ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

a) Die Widerklageanträge zu 2) bis 6) sind auf die Feststellung des Bestehens eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 ZPO gerichtet. Die Klageanträge haben die Feststellung zum Gegenstand, dass der Kläger dazu verpflichtet ist, der Beklagten Schäden zu ersetzen, die daraus resultieren, dass der Kläger mit dem Zeugen H. Absprachen über die Preise und die Zuteilung von Aufträgen getroffen hat. Eine solche Schadensersatzpflicht, deren Feststellung begehrt wird, ist als Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO anzusehen (BGH, 15.01.2008 - VI ZR 53/07, Rn. 6, juris; Zöller/Greger, aaO, § 256 ZPO Rn. 4 m. w. N.).

b) Der Umstand, dass nach der Behauptung des Klägers ein eigenes Verschulden (Mitverschulden) der Beklagten in Betracht kommt, führt nicht zur Unzulässigkeit der Antragstellung. Die Beklagte begehrt zwar die Feststellung einer umfassenden Schadensersatzpflicht des Klägers. Dies ist zulässig. Soweit sich im Rahmen der Prüfung der Begründetheit der Feststellungsanträge möglicherweise ergibt, dass die Beklagte Schäden schuldhaft mit verursacht hat, wäre dem durch das Gericht von Amts wegen durch die Aufnahme von Mitverschuldensquoten in den Feststellungstenor Rechnung zu tragen und die Klage insoweit abzuweisen (vgl. BGH, 10.07.2003 - IX ZR 5/00, Rn. 8, juris; OLG Hamm, 26.09.2013 – I-21 U 64/13, 21 U 64/13, Rn. 190, juris).

c) Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse liegt vor. Ein solches Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO besteht nur dann, wenn dem subjektiven Recht der klagenden Partei eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass die beklagte Partei es ernstlich bestreitet, und wenn das erstrebte Feststellungsurteil infolge seiner Rechtskraft dazu geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. BGH, 13.01.2010 – VIII ZR 351/08, Rn. 19; Zöller/Greger, aaO, § 256 ZPO Rn. 7 jeweils m. w. N.). Für eine Schadensersatzfeststellungsklage ist ein Feststellungsinteresse grundsätzlich schon dann zu bejahen, wenn zum Zeitpunkt der Klageerhebung der anspruchsbegründende Sachverhalt bzw. die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist und mit (weiteren) Schäden zu rechnen ist (vgl. BGH, 15.01.2008 – VI ZR 53/07, Rn. 6, juris; Zöller/Greger, aaO, § 256 ZPO Rn. 7a m. w. N.). So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat behauptet, dass ihr aufgrund von vertraglichen Pflichtverletzungen des Klägers erhebliche Schäden entstanden sind bzw. noch entstehen werden. Der Kläger hat im vorliegenden Rechtsstreit die Verantwortlichkeit für diese Schäden und damit die Schadensersatzpflicht in Abrede gestellt. Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte ein berechtigtes Interesse daran, ihre Ansprüche schon jetzt - auch zum Zwecke der Verjährungshemmung - im Wege einer Feststellungsklage geltend zu machen. Dem steht nicht entgegen, dass die Schäden teilweise beziffert werden können, etwa weil die Beklagte sich bereits mit den Nahverkehrs- und Wirtschaftsunternehmen über Schadensersatzzahlungen geeinigt hat. Denn der anspruchsbegründende Sachverhalt befand sich zum Zeit der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung. In diesem Fall ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden könnte (Zöller/Greger, aaO, § 256 ZPO Rn. 7a). Die Beklagte ist - jedenfalls in zweiter Instanz - nicht gezwungen, zu einer bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn diese nachträglich möglich wird (BAG, 18.03.1997– 9 AZR 84/96, Rn. 11, juris).

d) Die Widerklageanträge zu 2) bis 6) sind auch hinreichend bestimmt. Ein Feststellungsantrag genügt dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dann, wenn er das Rechtsverhältnis, dessen Bestehen festgestellt werden soll, so genau bezeichnet, dass über die Identität und den Umfang der Rechtskraft des begehrten Feststellungsausspruchs keinerlei Ungewissheit bestehen kann (vgl. z. B. BAG, 23.01.2007 – 9 AZR 557/06, juris; BAG, 22.04.2004 – 8 AZR 620/02, juris).

Dies erfordert für die Bestimmtheit eines auf Feststellung einer Schadenersatzpflicht gerichteten Antrags die genaue Bezeichnung des den Schadenersatz auslösenden Ereignisses, da für die eventuell zukünftig zu erhebende Leistungsklage lediglich noch die Höhe des Schadens offen bleiben darf und nicht der Anspruchsgrund (BAG, 23.02.2010 – 9 AZR 71/09, juris; BGH, 25.02.2010 – VII ZR 187/08, juris; OLG Hamm vom 26.09.2013 – I-21 U 64/13, 21 U 64/13, juris).

e) Nach diesen Grundsätzen sind die Feststellungsanträge zu 2) bis 6) hinreichend bestimmt. Sie bezeichnen das den Schadensersatz auslösende Ereignis in ausreichender Weise. Der Kläger soll für die Schäden haften, die aus der Absprache des Klägers mit dem Zeugen H. über die Preise in den jeweiligen Angeboten der Beklagten und der W. für die Lieferung von Oberbauprodukten gegenüber den bezeichneten Nahverkehrs- bzw. Wirtschaftsunternehmen entstehen. Außerdem soll der Kläger für den Schaden haften, der durch die kartellrechtswidrige Absprache darüber, dass in gewissen Projekten nicht die Beklagte sondern die W. Vertragspartnerin der benannten Unternehmen werden soll, entsteht. Damit ist deutlich, dass der Kläger für ein fest umrissenes Ereignis, nämlich seine konkreten Absprachen mit einer namentlich genannten Person über zwei konkret benannte Umstände (Preise und Zuteilung an die W.) haften soll. Zudem ist im Antrag klargestellt, dass die mit dem bezifferten Leistungsantrag zu 1) geltend gemachten Schäden nicht von der Schadensfeststellung umfasst sind.

III. Die Widerklageanträge zu 7) und 8) sind unzulässig.

1. In Bezug auf den Widerklageantrag zu 7) bestehen bereits Bedenken, ob dieser angesichts der Alternativformulierung “aus der Absprache bzw. versuchten Absprache“ das haftungsauslösende Ereignis hinreichend bestimmt ist. Jedenfalls fehlt dem Antrag das Feststellungsinteresse. Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich nicht, dass für die Beklagte bei verständiger Würdigung ein Grund besteht, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (vgl. BGH, 09.01.2007 – VI ZR 133/06, Rn. 5, juris m. w. N.). Die Beklagte hat hierzu unter Verweis auf die persönliche Stellungnahme des Zeugen G. vom 06.08.2012 (Anlage BK 13) vorgetragen, dass der Kläger bei zwei Treffen mit dem Zeugen G. habe erreichen wollen, dass sich die Beklagte und die w. C. GmbH über die Vorgehensweise und die Angebotslegung bei einem Rahmenvertrag über Stahlschwellen (Gleisschwellen) abstimmt. Der Zeuge G. habe diesem grundsätzlichen Ansinnen des Klägers zwar zugestimmt, jedoch bereits im Hinterkopf gehabt, dass sich die w. C. GmbH nicht daran halten werde. Im Anschluss an das Gespräch habe der Zeuge G. Herrn L. und Frau N. mitgeteilt, dass sich der Kläger über die Aufteilung des Marktes abstimmen wolle. Aus diesem Vortrag der Beklagten ergibt sich nicht, dass es tatsächlich zu einer wettbewerbswidrigen Absprache zwischen dem Kläger und dem Zeugen G. gekommen ist und daher für die Beklagte bei verständiger Würdigung ein Grund besteht, mit einem Schaden aufgrund einer Inanspruchnahme durch die Deutsche Bahn AG zu rechnen.

2. Der Widerklageantrag zu 8) ist nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 252 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Denn der Antrag enthält nicht die erforderliche genaue Bezeichnung des den Schadensersatz auslösenden Ereignisses.

Die Beschreibung “Schäden, der ihr durch die Kenntnis und/oder Beteiligung von bzw. an Treffen, Telefonaten oder Schriftverkehr (per Brief, Fax, Mail oder SMS) entstanden ist oder entsteht“ ist keine hinreichende Konkretisierung des Lebensvorgangs, aus dem die Haftung des Klägers folgen soll. Für die Bestimmtheit eines Haftungsfeststellungsantrags ist es nicht ausreichend, einzelne in Betracht kommende Tatbeiträge, die ein Handeln oder Unterlassen darstellen können (“Kenntnis und/oder Beteiligung“), abstrakt im Alternativverhältnis zu bezeichnen. Denn das Gericht ist angesichts dieser Beschreibung nicht in der Lage, die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, die behauptete Pflichtverletzung des Klägers und die erforderliche Kausalität der Pflichtverletzung für den (wahrscheinlich) eintretenden Schaden zu prüfen.

Gleichzeitig wird durch den Antrag zu 8) der Prozessstoff bzw. der zu betrachtende Sachverhalt nicht genügend eingegrenzt. Es bleibt dem Gericht überlassen, aus der Antragsbegründung der Beklagten die nicht näher bezeichneten Tatbeiträge für nicht näher bezeichnete Kartellabsprachen aus einem Zeitraum von 11 Jahren herauszusuchen, die geeignet sein könnten, einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass von der Rechtsprechung ein Antrag auf “Feststellung des Vorliegens einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung“ (OLG Karlsruhe, 17.08.2009 - 1 U 58/09, Rn. 13, juris) als hinreichend bestimmt angesehen wird, führt dies zu keinem anderen Ergebnis.

Denn diese Antragstellung erfolgt mit Blick auf das Vollstreckungsprivileg des § 850f. Abs. 2 ZPO und ist allein zulässig nach Titulierung eines Zahlungsanspruchs. Die Entscheidung betrifft nicht die Feststellung des Bestehens eines Schadensersatzanspruchs dem Grunde nach.

IV. Der Widerklageantrag zu 1) ist unbegründet. Die Beklagte hat gegen den Kläger keinen Anspruch auf teilweisen Ersatz des Bußgeldes gemäß dem Bußgeldbescheid vom 18.07.2013 in Höhe von 239.223,85 €. Ferner steht der Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von Rechtsverfolgungs- und Aufklärungskosten zu.

1. Die vom Bundeskartellamt gegen die Beklagte verhängten Bußen können nicht im Rahmen der Innenhaftung an den Kläger weitergereicht werden.

a) Grundsätzlich haftet der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber für alle von ihm verursachten und zu vertretenden Schädigungen des Arbeitgebers nach §§ 280 ff., 241 Abs. 2 BGB bzw. gemäß §§ 823 ff. BGB.

b) Eine (teilweise) Haftung des Arbeitnehmers für eine nach § 81 GWB gegen den Arbeitgeber persönlich verhängte Unternehmenskartellbuße scheidet jedoch aus. Im Hinblick auf die Haftung des Geschäftsführers gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG hat dies bereits die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts entschieden (LAG Düsseldorf, 20.01.2015 – 16 Sa 459/14, juris). Dieser Entscheidung schließt sich die Kammer für den hier betroffenen Bereich der Arbeitnehmerhaftung an. Denn die gesetzgeberische Wertung, dass Normadressat der Geldbuße das Unternehmen ist und nicht die für sie handelnden Personen, ist auch im Zivilrecht zu berücksichtigen. Dies gilt zumindest für vom Bundeskartellamt verhängte Kartellbußen, die nach § 81 Abs. 5 GWB fakultativ die Abschöpfung des beim Unternehmen erzielten Vorteile beinhalten können und nach § 81 Abs. 4 GWB sowohl gegen das Unternehmen selbst als auch gegen die für das Unternehmen handelnden Personen unter Berücksichtigung eines unterschiedlichen Dotierungsrahmens verhängt werden können (LAG Düsseldorf, 20.01.2015 aaO., Rn. 155 ff.).

Auf diese Rechtsfrage kommt es jedoch für die Entscheidung nicht an. Denn eine Schadensersatzpflicht des Klägers setzt in jedem Fall eine Haftung dem Grunde nach voraus. Hieran fehlt es, wie sich aus dem Nachfolgenden [vgl. Punkt V.] ergibt.

2. Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger keinen Anspruch auf Ersatz der angefallenen Rechtsverfolgungskosten in dem hiesigen Rechtsstreit sowie in den Verfahren LAG Düsseldorf, Az. 16 Sa 13/13, 14 Sa 807/15 und Arbeitsgericht Essen Az. 2 Ca 298/12, 2 Ca 961/12, 2 Ca 2781/12, 4 Ca 523/13 und 1 Ca 1716/14 i. H. v. 39.878,65 €.

a) Eine Anspruchsgrundlage für die erstinstanzlichen Rechtsanwaltskosten der Beklagten ist nicht ersichtlich. Für die Anwaltskosten erster Instanz besteht gemäß § 12a ArbGG bereits kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung oder auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten. Damit lässt sich ein Kostenerstattungsanspruch der unterlegenen Partei - eine solche ist die Beklagte - erst recht nicht begründen.

Zudem ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, dass jeder Kostenerstattungsanspruch aufgrund eines erstinstanzlichen, arbeitsgerichtlichen Verfahrens unabhängig von seiner Anspruchsgrundlage ausgeschlossen ist (GMP/Germelmann ArbGG, 8. Aufl., § 12a Rn. 5 - 12; Schwab/Weth/Vollstädt § 12 a, Rn. 27).

b) Ferner besteht kein Anspruch der Beklagten auf Ersatz der zweitinstanzlichen Rechtsanwaltskosten in diesem Rechtsstreit.

Grundsätzlich lässt allerdings die prozessuale Kostentragungspflicht Raum für einen ergänzenden materiell-rechtlichen Anspruch auf Kostenerstattung etwa aus Vertrag, wegen Verzugs oder aus unerlaubter Handlung. Der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch kann je nach Sachlage neben die prozessuale Kostenregelung treten, er kann der prozessualen Regelung sogar entgegen gerichtet sein, sofern zusätzliche Umstände hinzukommen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten (Musielak ZPO, 12. Aufl., vor § 91, Rn. 16; Stein/Jonas/Bork, ZPO, vor § 91, Rn. 19). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Ersatz von Prozesskosten, der einer bereits getroffenen, gerichtlichen Kostenentscheidung widerspricht, nur ausnahmsweise. Soweit der Sachverhalt, der zu einer abschließenden Kostenentscheidung geführt hat, unverändert bleibt und keine selbständigen Umstände hinzutreten (wie z. B. eine sittenwidrige Schädigung i. S. v. § 826 BGB), kann der gleiche Sachverhalt nicht erneut zur Nachprüfung gestellt und in seinen kostenrechtlichen Auswirkungen entgegengesetzt beurteilt werden (BGH, 19.10.1994 - I ZR 187/92, Rn. 12, juris). Dies gilt erst Recht, wenn - wie vorliegend - ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Ersatz der Prozesskosten bereits im anhängigen Verfahren geltend gemacht wird. Die Kammer hat den Sachverhalt abschließend beurteilt und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Weitere Umstände, die entgegen dieser Kostenregelung einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch rechtfertigen könnten, sind von der Beklagten nicht vorgetragen.

c) Ferner besteht kein Anspruch der Beklagten auf Ersatz der zweitinstanzlichen Rechtsanwaltskosten in den anhängigen Verfahren LAG Düsseldorf, Az. 16 Sa 13/13 und Az. 14 Sa 807/15. Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die es rechtfertigen, bereits vor der Beurteilung der Kostentragungspflicht durch das Gericht in den anhängigen Rechtsstreiten der Beklagten einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch zuzusprechen. Sie hat sich lediglich darauf berufen, dass sich der Kläger weigere, sein rechts- und arbeitsvertragswidriges Verhalten anzuerkennen und einvernehmlich aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, so dass die Beklagte gezwungen gewesen sei, das Arbeitsverhältnis mittels diverser Kündigungen zu beenden.

d) Ferner besteht kein Anspruch der Beklagten gegen den Kläger auf Ersatz der Aufklärungskosten in Form von Rechtsanwaltskosten i. H. v. 20.897,50 € nach §§ 280 ff., 241 Abs. 2, 249 ff. BGB.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom 26.09.2013 – 8 AZR 1026/12, Rn. 22, juris; BAG, 28.10.2010 – 8 AZR 547/09, Rn. 24, juris) hat der Arbeitnehmer wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten (§ 280 Abs. 1 BGB) dem Arbeitgeber die notwendigen Kosten zu ersetzen, die dem Arbeitgeber dadurch entstehen, dass der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts gegen den Arbeitnehmer ermittelt, er hierbei z. B. einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Nach § 249 BGB erstreckt sich die Schadensersatzpflicht auf alle Aufwendungen des Geschädigten, soweit diese nach den Umständen des Falles als notwendig anzusehen sind. Dazu gehört auch die Abwehr drohender Nachteile, wenn sich insofern konkrete Verdachtsmomente ergeben (BAG, 28.05.2009 - 8 AZR 226/08, Rn. 22, juris m. w. N.).

bb) Es kann offen bleiben, ob die Beklagte die Einschaltung der Wirtschaftskanzlei den Umständen nach zur Aufklärung als erforderlich halten durfte. Denn eine Schadensersatzpflicht des Klägers setzt in jedem Fall eine Haftung dem Grunde nach voraus. Hieran fehlt es, wie sich aus dem Nachfolgenden ergibt [ vgl. Punkt V.].

V. Die Wiederklageanträge zu 2) – 6) sind unbegründet. Die Beklagte hat gegen den Kläger keinen Anspruch auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht gemäß §§ 280 ff., 241 Abs. 2 BGB bzw. §§ 823 ff. BGB.

1 . Eine Haftungfeststellungsklage im Bereich der Arbeitnehmerhaftung ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

a) Aufgrund der Tatsache, dass auch die Höhe des Schadens für den Umfang der Schadensersatzverpflichtung Bedeutung hat, werden in der Rechtsprechung Bedenken angebracht, die Schadenshaftung des Arbeitnehmers bereits im Wege eines Feststellungsantrages zu verfolgen. Denn der konkrete Schaden könne gerade noch nicht beziffert werden und deshalb eine Abwägung der weiteren Umstände nicht stattfinden (LAG Köln, 22.11.2004 – 2 Sa 491/04, Rn. 19, juris). Ferner sei möglich, dass der Arbeitnehmer trotz Unterliegens in diesem ersten Prozess letztlich nichts bezahlen muss, da sich im Bereich der Arbeitnehmerhaftung das Verschulden auch auf den konkreten Schadenseintritt beziehen müsse und die Haftungserleichterung danach vorzunehmen sei, ob der konkret eingetretene Schaden vorsätzlich gewollt war oder grob fahrlässig herbeigeführt wurde (LAG Köln, 22.11.2004, aaO).

b) Nach Auffassung der Kammer können diese Bedenken nicht dazu führen, die Möglichkeit einer Haftungsfeststellungsklage im Arbeitsverhältnis grundsätzlich abzulehnen. Die Haftungsfeststellungsklage dient in vielen Fällen vorrangig der Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB (vgl. BGH, 06.05.2014 – II ZR 217/13, Rn. 7, juris). Es wäre mit dem Grundsatz effektiven Rechtsschutzes (vgl. BVerfG, 21.10.2015 – 2 BvR 912/15, Rn. 22, juris; BVerfG, 29.10.1975 – 2 BvR 630/73, Rn. 10, juris) nicht vereinbar, dem Arbeitgeber diese zivilprozessual anerkannte Möglichkeit der Sicherung von Ansprüchen gänzlich abzusprechen.

Jedenfalls im vorliegenden Fall bestehen die vorgenannten Bedenken gegen eine Haftungsfeststellungsklage im Bereich der Arbeitnehmerhaftung nicht. Nach der Antragstellung begehrt die Beklagte den Ersatz von Schäden, die ihr durch die Inanspruchnahme der durch die Kartellabsprachen betroffenen Nahverkehrs- und Wirtschaftsunternehmen oder anderen Wettbewerbern drohen. Damit ist der Bezugspunkt für das Verschulden des Klägers hinreichend deutlich. Im Hinblick auf die Schadenshöhe ist im vorliegenden Fall ausreichend, dass unstreitig in Bezug jeden einzelnen Auftrag in den Widerklageanträgen zu 2) bis 6) der Schaden außergewöhnlich hoch ist.

Letztlich konnte jedoch die Frage, ob im Bereich der Arbeitnehmerhaftung Haftungsfeststellungsklagen zulässig sind, für die Entscheidung des Rechtsstreits dahinstehen, da die Widerklageanträge bereits aus anderen Gründen abzuweisen waren.

2. Im Hinblick auf die in Ziffer 1) bis 15) und 17) des Antrags zu 2) genannten Aufträge sowie die in den Anträgen zu 4) und zu 6) genannten Projekt steht bereits nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger die aufgeführten Projekte in der von der Beklagten geschilderten Art und Weise abgesprochen hat. Die Beklagte hat eine dahingehende Pflichtverletzung des Klägers nicht nachgewiesen. Sie trägt das Beweislastrisiko.

a) Grundsätzlich gilt, dass eine Absprache über die Preise und die Zuteilung von Aufträgen eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers im Sinne von §§ 280 ff., 241 Abs. 2 BGB darstellt. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Absprache mit Kenntnis, auf Veranlassung oder mit Duldung des Arbeitgebers erfolgte. Die Frage der Pflichtverletzung ist aus Sicht eines objektiven Betrachters zu bestimmen (Staudinger/Roland Schwarze (2014), BGB § 280, Rn. C 1). Allein dass Vorgesetzte eine Pflichtverletzung (teilweise) kennen, ggf. hinnehmen oder gar mittragen, ändert nichts daran, dass eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung des Einzelnen vorliegt (BAG, 21.05.2015 – 8 AZR 116/1, Rn. 31, juris). Denn der Arbeitnehmer hat nach §§ 242, 241 Abs. 2 BGB alles zu unterlassen, was dem Arbeitgeber oder dem Betrieb abträglich ist (BAG, 16.08.1990 - 2 AZR 113/90, juris). Dies ist bei wettbewerbswidrigen Absprachen der Fall. Derartige Abreden erfüllen zumeist mehrere Straftatbestände, wobei nicht nur dem Arbeitnehmer selbst, sondern auch dem Arbeitgeber eine Strafverfolgung als Mittäter, Anstifter oder Gehilfe droht (vgl. Böhm, Non-Compliance und Arbeitsrecht, S. 243; Steinkühler/Kunze, RdA 2009, S. 367, 369). Sie sind damit objektiv pflichtwidrig.

b) Die Beweislast für das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung des Klägers trägt die Beklagte. Nach § 619a BGB liegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Arbeitnehmer vorwerfbar seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt hat und nach § 280 Abs. 1 BGB dem Arbeitgeber zum Schadensersatz verpflichtet ist, bei dem Arbeitgeber. Dies gilt sowohl für die Pflichtverletzung als auch für das Vertretenmüssen des Arbeitnehmer (BAG, 21.05.2015 - 8 AZR 116/14, - 8 AZR 867/13, Rn. 25, juris).

c) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Kammer bei der Feststellung einer Pflichtverletzung des Klägers nicht an den Bußgeldbescheid vom 18.07.2013 gemäß § 33 Abs. 4 GWB gebunden. Nach dieser Regelung ist das Gericht, soweit wegen eines Verstoßes gegen eine Vorschrift des GWB oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union Schadensersatz gefordert wird, an die Feststellung des Verstoßes gebunden, wie sie in einer bestandskräftigen Entscheidung der Kartellbehörde, der Europäischen Kommission oder der Wettbewerbsbehörde oder des als solche handelnden Gerichts in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union getroffen wurde.

In persönlicher Hinsicht beschränkt sich die Feststellungswirkung kartellbehördlicher und kartellgerichtlicher Entscheidungen nach § 33 Abs. 4 GWB aus rechtstaatlichen Gründen jedoch nur auf diejenigen Personen, gegen die das betreffende Verfahren geführt wurde und die deshalb auch allein berechtigt waren, gegebenenfalls ein Rechtsmittel einzulegen und zwar wegen desselben Vorgangs, auf den später die Schadensersatzansprüche gestützt werden. Andere Personen können in die Bindungswirkung nicht mit einbezogen werden, selbst wenn ihnen in der fraglichen Entscheidung ebenfalls ein Kartellrechtsverstoß zur Last gelegt wird. Denn da sie nicht die Möglichkeit hatten, sich durch die Einlegung von Rechtsmitteln gegen die Entscheidung zu wehren, kann diese nicht späteren Entscheidungen über ihre Schadensersatzpflicht zu ihrem Nachteil zugrunde gelegt werden (Art. 103 Abs. 1 GG) (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 09.04.2014 – VI-U (Kart) 10/12, U (Kart) 10/12 , Rn. 36, juris; Immenga/Mestmäcker/Emmerich, GWB, § 33 Rn. 97).

Damit scheidet eine Bindungswirkung gegenüber dem Kläger, der nicht am kartellrechtlichen Verfahren beteiligt war und auch nicht angehört wurde von vornherein aus.

d) Es steht nicht fest, dass der Kläger in Bezug auf das Projekt “Linie 901 N., E. Straße, N. bis S.“ (Projekt/Auftrag Nr. 1) mit dem Zeugen H. die Preise in den jeweiligen Angeboten der Beklagten und der W. abgesprochen hat, sowie abgesprochen hat, dass die W. Vertragspartnerin der E. werden sollte.

aa) Die Beklagte hat vorgetragen, bei Anfragen der E. habe der Zeuge H. die Beklagte angesprochen und um ein Angebot für U.-Schienen gebeten. Die Anfrage des Zeugen H. habe sich dabei entweder direkt an den Kläger oder an dessen Mitarbeiter, den Zeugen V. gerichtet, der dann wiederum den Kläger informierte. Nachdem der Zeuge V. oder der Kläger dem Zeugen H. ein Angebot für U.-Schienen zur Lieferung an die W. zwecks Weiterlieferung an die E. gemacht hätten, habe der Zeuge H. der Beklagten wiederum die Preise genannt, die diese in ein unmittelbares Angebot an die E. einzusetzen hatte. Das Projekt “Linie 901 N., E. Straße, N. bis S.“ (Projekt/Auftrag Nr. 1) stelle einen typischen Ablauf für ein solches Vorgehen dar. Die Beklagte habe am 10.07.2006 bei der Beklagten bei der U. Rillenschienen zum Preis von 919,55 €/to bestellt. Dabei sei als “Besteller“ die W. angegeben und darauf hingewiesen worden, dass für die Erstellung der Schienenteilungspläne erforderlichen Unterlagen direkt von der W. an U. geschickt würden. Die Bestellung sei der Beklagten von der U. bestätigt worden. Am selben Tag habe die W. bei der Beklagten Rillenschienen zum Preis von 970 €/to bestellt, was die Beklagte in einem Schreiben bestätige. Am 21.08.2006 sei der Auftrag von der E. an die W. vergeben worden. Nach der Auswertung der durch die Staatsanwaltschaft/Kripo gewährten Akteneinsicht zähle dieses Projekt zu den abgesprochenen Projekten. Auch die w. bestätige, dass der Kläger und der Zeuge H. abgesprochen hätten, dass dieses Projekt an die W. gehen solle.

bb) Der Kläger hat den Vortrag der Beklagten hinreichend bestritten.

Er hat zu dem Projekt “Linie 901 N., E. Straße, N. bis S.“ (Projekt/Auftrag Nr. 1)“ erklärt, er könne sich nicht daran erinnern, den Vorgang gesehen zu haben. Er hat darauf verwiesen, dass die vorgelegten Unterlagen lückenhaft seien und eine Kalkulation ebenso fehle wie die Anfrage der E. sowie das Angebot. Er hat zuletzt im Kammertermin am 21.09.2015 bestritten, dass es zu dem Projekt eine Absprache mit der W. über den Preis und die Frage, wer dieses Projekt durchführen solle, gegeben habe.

Dieses Bestreiten ist ausreichend. Zu Gunsten der Beklagten ist zu unterstellen, dass sie - obwohl sich die Vorgänge in ihrem Einflussbereich als Arbeitgeberin ereigneten - keine Kenntnis über die konkreten Umstände der alltäglichen Auftragsabwicklung und etwaiger Absprachen zwischen dem Kläger und dem Zeugen hat. Die Voraussetzungen für eine sekundäre Behauptungslast des Klägers, mit der Folge einer Geständnisfiktion im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO im Falle einfachen Bestreitens, liegen gleichwohl nicht vor. Zwar mindert sich die konkrete Darlegungslast der beweispflichtigen Partei, wenn sie außerhalb der von ihr darzulegenden Geschehensabläufe steht und keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen besitzt. In diesem Fall hat der Prozessgegner, wenn er die Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind, durch eine detaillierte Schilderung der streitigen Vorgänge zu beantworten (vgl. BAG, 27.05.2015 – 5 AZR 88/14, Rn. 31, juris; BAG, 25.02.2010 - 6 AZR 911/08, Rn. 53, BAG, 18.09.2014 - 6 AZR 145/13, Rn. 29; Prütting/Gehrlein/Prütting, ZPO, aaO., § 138 Rn. 11; Baumgärtel/ Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, S. 60). Die Berufung auf fehlende Erinnerung entlastet die Partei dabei nicht, wenn diese von ihr zu vertreten ist (Zöller/Greger, aaO., Rz 14 zu § 138).

Vorliegend kann nicht angenommen werden, dass der Kläger die maßgeblichen Tatsachen zur Abwicklung des Auftrages “Linie 901 N., E. Straße, N. bis S.“ kennt oder kennen musste. Er war zwar Leiter des Verkaufsbüros und der Auftrag könnte ihm vorgelegen haben. Bereits dies steht jedoch nicht fest. Der Zeuge V. hat erklärt, dass dem Kläger nicht alles vorgelegt wurde. Er hat glaubhaft ein Standardverfahren geschildert, wonach der Kläger von den Sachbearbeitern die Kalkulation für ein Projekt erhalten und dann den Angebotspreis festgelegt habe. Dieser sei dann von den Sachbearbeitern in die Angebotsunterlage eingefügt, nochmals dem Kläger vorgelegt und von diesem unterschrieben worden, bevor es an den Kunden ging. Auf die Frage ob dies alle Projekte betreffe erklärte der Zeuge, dass dem Kläger grundsätzlich die Post vorgelegt worden sei, dies jedoch nicht immer umgesetzt werden konnte (S. 8 des Sitzungsprotokolls vom 22.09.2015). An anderer Stelle hat der Zeuge V. ferner erklärt, dass Kleinanfragen dem Kläger nicht vorgelegt worden seien (S. 4 des o. g. Sitzungsprotokolls). Nach den Auftragsunterlagen (Anlagenkonvolut BK 4) erfolgte die Abwicklung des Auftrages zudem bereits im Zeitraum ab dem 10.07.2006, was etwaige Erinnerungslücken des Klägers erklärt. Hinzu kommt, dass im Verkaufsbüro F. nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers im Zeitraum 2001 bis 2011 4.500 bis 7.000 Aufträge abgewickelt wurden. Das Projekt selbst hat auch kein herausgehobenes Auftragsvolumen. Nach der Auftragsbestätigung der U. lag die Auftragssumme bei 131.841,40 €. Der Zeuge V. hat in der Beweisaufnahme erklärt, dass es sich bei einem Auftragsvolumen von 100.000,00 € um einen Standardvorgang des Verkaufsbüros gehandelt habe. Schließlich weisen die Unterlagen zu diesem Projekt keine Beteiligung des Klägers aus.

Entgegen der Ansicht der Beklagten oblag es auch nicht dem Kläger, im Einzelnen substantiiert vorzutragen, welche Projekte im maßgeblichen Zeitraum nicht kartellbefangen waren. Dies käme einer Umkehr der Darlegungslast für die Pflichtverletzung gleich. Der Kläger hat keine allgemeine Aufklärungspflicht, er hat sich vielmehr nach § 138 Abs. 2 ZPO zu den Behauptungen des Gegners zu erklären. Eine allgemeine Auskunftspflicht auch über die gegnerischen Behauptungen hinaus kennt das materielle Recht nicht, und es ist nicht Sache des Prozessrechts, sie einzuführen (BAG, 20.11.2003– 8 AZR 580/02, Rn. 35, juris; BGH, 26.10.2006 – III ZB 2/06, Rn. 7, juris).

cc) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem sonstigen Inhalt der Verhandlungen steht nicht fest, dass das Projekt “Linie 901 N., E. Straße, N. bis S.“ zwischen dem Kläger und dem Zeugen H. in der von der Beklagten geschilderten Weise abgesprochen wurde. Zu Gunsten der Beklagten greift kein Anscheinsbeweis. Auch hat sie den ihr obliegenden Beweis nicht anhand von Indizien geführt.

(1) Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Es muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen, dass eine behauptete Tatsache wahr ist (vgl. Zöller, aaO, § 286 ZPO, Rn. 1; Musielak/Foerste, ZPO, aaO, § 286 ZPO, Rn. 18). Für die von § 286 ZPO geforderte Überzeugung des Tatrichters bedarf es aber keiner absoluten oder unumstößlichen Sicherheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BAG, 29.01.2015 - 2 AZR 280/14 – Rn. 30; BAG, 23.10.2014 - 2 AZR 865/13, Rn. 44, juris; LAG Baden-Württemberg, 04.08.2015 - 3 Sa 46/14, Rn. 165, juris).

(2) Der Zeuge V. hat die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe mit dem Zeugen H. die Preise sowie die Zuteilung des Projektes “Linie 901 N., E. Straße, N. bis S.“ abgesprochen, nicht bestätigt. Er hat zwar ausgesagt, dass die W. dem Verkaufsbüro Preise für die Angebote gegenüber der E. mitteilte, soweit sowohl W. als auch der Beklagten eine Anfrage der E. vorgelegen habe. Dabei sei bei der U. zunächst ein Angebot für die W. eingeholt worden. Sodann sei der Verkaufspreis an die W. kalkuliert und dieser mitgeteilt worden. Anschließend habe das Verkaufsbüro die Angaben der W. zu den Preisen, die in dem Angebot gegenüber der E. zu berücksichtigen waren, in die entsprechenden Angebote eingesetzt und an die E. verschickt. Die Preisinformationen habe der Zeuge V., als Sachbearbeiter, entweder vom Kläger oder vom Zeugen H. erhalten.

Diese Aussage war glaubhaft und deckt sich mit den schriftlichen Erklärungen des Zeugen H. im Bonusantrag (Anlage BK 7). Der Zeuge H. hat dort mitgeteilt, dass es für die Mitarbeiter des Klägers nichts Außergewöhnliches war, wenn sie gemäß der Vorgabe ihres Chefs die einzusetzenden Preise von dem Zeugen erhielten.

Im Hinblick auf das Projekt “Linie 901 N., E. Straße, N. bis S.“ konnte der Zeuge jedoch keine Angaben machen, ob auch hier eine derartige Absprache erfolgt ist. Er hat mitgeteilt, dass er sich zwar an das Projekt erinnern könne, sich aus den Unterlagen jedoch nicht ergebe, ob ein Angebot gegenüber der E. abgegeben wurde. Es könne sein, dass keine solche Anfrage der E. vorgelegen habe. Es sei so gewesen, dass die E. teilweise keine Anfrage an das Verkaufsbüro gerichtet habe, weil sie gemeint habe, dass der betreffende Auftrag kein Projekt für die Beklagte sei, da z. B. Weichen angefordert seien, welche die Beklagte nicht habe liefern können. Auch könne er nicht wissen, wie die E. ihre Anfragen gestreut habe. Die Aussage des Zeugen ist glaubhaft und in sich schlüssig. Der Zeuge war erkennbar bemüht, sich an die einzelnen Vorgänge zu erinnern und hat die Fragen der Kammer und der Parteien ohne Zögern und wortgewandt beantwortet. Erinnerungslücken hat er eingeräumt und plausibel im Hinblick auf den Zeitablauf und der fehlenden Dokumentation erklärt.

(3) Eine Vernehmung des Zeugen H. zu diesem Projekt “Linie 901 N., E. Straße, N. bis S.“ konnte nicht erfolgen, da dieser von seinem Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 384 Nr. 2, Alt. 2 ZPO Gebrauch gemacht hat. Die Kammer hat über die Berechtigung der Zeugnisverweigerung mit Zwischenurteil vom 02.11.2015 entschieden und das Zeugnisverweigerungsrecht bejaht. Gleichwohl war die Aussageverweigerung die Gesamtwertung der feststehenden Umstände einzubeziehen (BGH, 18.10.1993 - II ZR 255/92, juris; Musielak, aaO § 384 Rn. 10; MüKo-ZPO/Damrau aaO, § 384 Rn. 2).

(4) Die Beklagte hat durch Vorlage der schriftlichen Stellungnahme des Zeugen H. vom 17.10.2012 (Anlage BK 7) nicht bewiesen, dass das konkrete Projekt “Linie 901 N., E. Straße, N. bis S.“ zwischen dem Kläger in der Weise von der Beklagten behaupteten Weise abgesprochen war.

(a) Eine Privaturkunde, die ein Zeugnis ersetzen soll, kann grundsätzlich im Wege des Urkundenbeweises beigebracht werden. Sie erbringt den vollen Beweis dafür, dass die in ihr enthaltene Erklärung von dem Aussteller abgegeben wurde (§ 416 ZPO). Ob die Erklärung inhaltlich richtig ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO (BGH, 03.04.2011 - XI ZR 120/00, Rn. 27, juris). Ein zwingender positiver Beweiswert kommt der Urkunde dabei nicht zu. Auch ist der Beweiswert der Urkunde gering, wenn sie die nicht in einem formellen Verfahren gewonnene, sondern gegenüber einer Partei gemachte Äußerung eines Zeugen wiedergibt (vgl. BGH, 13.02.2007 – VI ZR 58/06, Rn. 17, juris; MüKoZPO/Damrau aaO, § 373 Rn. 20 f.; Stein/Jonas/ Leipold, aaO, § 284 Rn. 33 ff.).

Die Kopie einer Privaturkunde ist hierbei zur Beweisführung im Zivilprozess nicht gänzlich ungeeignet. Für sie gilt aber nicht die formelle Beweiskraft nach § 416 ZPO, vielmehr ist die Kopie, deren Vorlage im Grundsatz nur eine Substantiierung des Tatsachenvortrags darstellt, bei der freien tatrichterlichen Beweiswürdigung nach § 286 ZPO zu berücksichtigen (BGH, 20.01.1986 - II ZR 56/85, Rn. 19, juris; LAG Hessen, 10.01.2012 – 12 Sa 388/11, Rn. 23, juris). Im Rahmen der Beweisführung durch Urkundenbeweis ist die Vorlage des Originals nur ausnahmsweise nicht erforderlich, wenn der Gegner des Beweisführers die Echtheit der Urkunde und die Übereinstimmung von Abschrift und Original nicht bestreitet (Schleswig-Holsteinisches OLG, 11.09.2009 – 3 U 85/08, juris).

(b) Vorliegend hat der Kläger nicht bestritten, dass die schriftliche Stellungnahme des Zeugen H. vom 17.10.2012 (Anlage BK 7) von diesem abgegeben wurde. Die Kammer konnte daher annehmen, dass die in ihr enthaltene Erklärung von Zeugen abgegeben wurde (§ 416 ZPO). Ob die Stellungnahme des Zeugen auch inhaltlich richtig ist, konnte dahinstehen. Denn ihr ist nicht zu entnehmen, dass das konkrete Projekt “Linie 901 N., E. Straße, N. bis S.“ zwischen dem Kläger in der von der Beklagten behaupteten Weise abgesprochen wurde.

Der Zeuge H. hat in seiner Stellungnahme zu kartellrechtlich relevanten Sachverhalten im Zeitraum 2000 bis 2008 Folgendes mitgeteilt:

“Wir trafen uns bei Bedarf im Büro von Herrn I.. Teilweise besuchte er mich auch in meinem Büro in E.. Nach Möglichkeit einigten wir uns dann noch vor Ort gemeinsam auf die jeweils abzugebenden Angebotspreise. Andernfalls wurden die vom Führenden vorgegebenen Preise telefonisch kommuniziert. Dies wurde dann bereits vorher auch den in das Projekt involvierten Mitarbeitern bekannt gegeben. Für die Mitarbeiter von Herrn I. war es deshalb nichts außergewöhnliches, wenn sie gemäß der Vorgabe Ihres Chefs die einzusetzenden Preise von mir erhielten.

Anders als früher wurden nun nicht mehr über alle ausgeschriebenen Bedarfe Vereinbarungen getroffen. Zwar setzten wir uns regelmäßig in Verbindung, um über neue Projekte zu sprechen. Es kam jedoch immer häufiger vor, dass wir uns entschlossen, bestimmte Ausschreibungen nicht abzustimmen. (…).

Nach Einführung der Zweimarkenstrategie änderte sich die Bedeutung der Absprachen mit U. zumindest im Bereich reiner Schienenausschreibungen. Obwohl ich mich noch immer mit meinen Ansprechpartnern von der U. über aktuelle Bedarfe abstimmte, war unsere Entscheidung meist durch die von den Schienenwerken vorgegebenen Schienen Einkaufspreise weitestgehend vorbestimmt.”

Aus dieser Stellungnahme ergibt sich kein Hinweis auf den Auftrag “Linie 901 N., E. Straße, N. bis S.“. Der Zeuge schildert ein Abspracheverhalten ohne konkrete Angaben zu den betroffenen Aufträgen. Zudem hat der Zeuge hervorgehoben, dass im Zeitraum 2001 bis 2008 anders als früher, nicht mehr über alle ausgeschriebenen Bedarfe Absprachen getroffen worden seien.

(5) Entgegen der Auffassung der Beklagten spricht auch nicht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Kläger die Preise in den Angeboten und die Zuteilung des Projektes “Linie 901 N., E. Straße, N. bis S.“ mit dem Zeugen H. abgesprochen hat.

(a) Die Anwendung der Grundsätze über den Anscheinsbeweis setzen das Vorliegen eines typischen Geschehensablaufs voraus, d. h. es muss ein Tatbestand feststehen oder bewiesen werden, bei dem die Regeln des Lebens und die Erfahrung des üblichen und gewöhnlichen dem Richter die Überzeugung vermitteln, dass auch in dem von ihm zu entscheidenden Fall der Ursachenverlauf so gegeben ist, wie in den vergleichbaren Fällen (vgl. BGH, 05.03.2002 – VI ZR 398/00, Rn. 21, juris). Aufgrund der Typizität des Geschehensablaufs muss sich also erübrigen, die tatsächlichen Einzelumstände eines historischen Geschehens nachzuweisen. Abzustellen ist dabei nicht ausschließlich auf die Wahrscheinlichkeit des angenommenen Geschehens, sondern auf dessen Erscheinungsform als Muster. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines typischen Geschehens-ablaufs trägt die Partei, die sich auf das Eingreifen eines Anscheinsbeweises beruft (Prütting/Gehrlein/Prütting, ZPO, aaO, § 138 Rn. 11).

(b) Nach diesen Grundsätzen spricht nicht der Beweis des ersten Anscheins für das Vorliegen einer Absprache zwischen dem Kläger und dem Zeugen H.. Ein solcher Anscheinsbeweis ergibt sich nicht bereits aus dem Bußgeldbescheid vom 18.07.2013, in dem der Kläger als Beteiligter genannt ist und in dem festgestellt ist, dass die Leiter der regionalen Verkaufsbüros an den Absprachen beteiligt waren. Soweit die Beklagte auf die Entscheidung des KG Berlin (vom 01.10.2009 - 2 U10/03 Kart, juris) verweist, ist diese Entscheidung auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Sie betraf einen Kartellschadensersatzanspruch gemäß § 33 GWB, der gegen das Tochterunternehmen einer Betroffenen des Bescheides geltend gemacht wurde. Hierzu hat das KG Berlin festgestellt, dass es einem typischen Geschehensablauf entspreche, dass auch das Tochterunternehmen an den Kartellabsprachen beteiligt gewesen sei. Vorliegend nimmt die Beklagte den Kläger jedoch als ihren Arbeitnehmer in Anspruch, der im Bußgeldbescheid als natürliche Person und “Beteiligter” genannt wird. Für einen Anscheinsbeweis ist erforderlich, das ein Geschehensablauf so sehr das Gepräge des Gewöhnlichen und Üblichen trägt, dass die besonderen individuellen Umstände in ihrer Bedeutung zurücktreten (BGH, 05.03.2002 – VI ZR 398/00, Rn. 21, juris). Hieran fehlt es. Von den allgemeinen Feststellungen des Bußgeldbescheids kann nicht auf das konkrete Projekt und die Beteiligung des Klägers an den Absprachen geschlossen werden. Eine derartige Typizität besteht in kartellrechtlichen Sachverhalten nicht.

(6) Die Beklagte hat den Hauptbeweis einer Absprache zwischen dem Zeugen H. und dem Kläger über die Preise und die Zuteilung des Projektes “Linie 901 N., E. Straße, N. bis S.“ auch nicht anhand von Indizien geführt.

(a) Die schlüssige Darlegung von Haupttatsachen ist auch mit Hilfe von Indizien möglich. Es genügt, wenn Hilfstatsachen vorgetragen sind, die auf sie gestützte Schlussfolgerung möglich ist und diese Schlussfolgerung die geltend gemachte Rechtsfolge als entstanden erscheinen lässt. Eine auf Tatsachenbehauptung beruhende mögliche Schlussfolgerung kann daraufhin beurteilt werden, ob sich ihretwegen die Überzeugung gewinnen lässt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Rechtsfolge vorliegen (BAG, 20.11.2003 - 8 AZR 580/02, Rn. 29, juris; BGH, 07.03.2001 – X ZR 160/99, Rn. 12, juris). Mittelbare Tatsachen sind als beweiserheblich anzusehen, wenn der Beweis der unmittelbaren Tatsache nicht möglich ist und die Indizien geeignet sind, logische Rückschlüsse auf den unmittelbaren Tatbestand zu ziehen (BAG, aaO Rn. 33; Zöller/Greger, aaO, § 286 ZPO, Rn. 9a). Der Richter hat zu prüfen, ob der Indizienbeweis schlüssig ist, ob also die Gesamtheit aller vorgetragenen Indizien - ihre Richtigkeit unterstellt - ihn von der Wahrheit der Haupttatsache überzeugen würde (BGH, 29.06.1982 – VI ZR 206/80, NJW 1982, 2474, Rn. 10).

(b) Als Indiz hatte die Kammer die Tatsache zu werten, dass das Projekt “Linie 901 N., E. Straße, N. bis S.“ im Bonusantrag der w. als “abgesprochenes Projekt” bezeichnet wurde. Ferner ist es im vorläufigen Abschlussbericht der Polizei bezüglich den Kläger (Bl. 1718 - 1720 d. A.) genannt und ist der Kläger als Teilnehmer der Absprache bezeichnet. Auch ist das Projekt in dem polizeilichen Abschlussbericht des Zeugen H. benannt. Als Indiz hatte die Kammer ferner zu würdigen, dass es nach der Aussage des Zeugen V. eine Absprache bei Projekten der E. gegeben hat. Ferner hat der Zeuge H. ein abstraktes Abspracheverhalten mit dem Kläger geschildert. Die Gesamtheit der vorgetragenen Indizien hat die Kammer gleichwohl nicht von der Wahrheit der Haupttatsache (Absprache zwischen dem Zeugen H. über Preise und Projektzuteilung in dem vorgenannten Projekt) überzeugen können. Aus dem zur Akte gereichten Auszug aus dem Bonusantrag der w. (Anlage BK 9) geht das Projekt nicht hervor. Auch ist nicht bekannt, aufgrund welcher Feststellungen oder Aussagen die w. zu dem Schluss gelangt ist, dass es sich um ein "abgesprochenes Projekt" handelt. Der Begriff "abgesprochenes Projekt" ist ohnehin ambivalent. Er umfasst ebenfalls eine Absprache auf Werksebene zwischen der U. und W. unter Beachtung der mit der Beklagten zuvor festgelegten Quoten. Diese Art der Absprache erforderte jedoch keine Absprache über Preise und Zuteilung zwischen dem Kläger und dem Zeugen H., sondern würde diese ersetzen. Ferner ist die Indizwirkung des polizeilichen Abschlussberichts bezüglich des Zeugen H. entkräftet. Nach der sich anschließenden staatsanwaltschaftlichen Einstellungsverfügung bezüglich den Zeugen H. (Bl. 1440 d. A.) ist gerade kein konkreter Fall einer Absprache und eines darauf basierenden Angebots bekannt. Der Zeuge H. war nach dem Vortrag der Beklagten das "Pendant” des Klägers auf Seiten der W.. Soweit für den Zeugen H. kein konkreter Fall einer Absprache und eines Angebots bekannt ist, ist unklar, warum in Bezug auf den Kläger etwas anderes gelten soll. Damit ist auch die Indizwirkung der polizeilichen Abschlussverfügung in Bezug auf den Kläger gering.

(7) Schließlich hatte die Kammer im Rahmen der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO das Aussageverhalten des Zeugen H. zu würdigen. Dessen Aussageverweigerung stützt zwar den Vortrag der Beklagten, dass es ein Absprachesystem gab, an dem der Zeuge H. und auch der Kläger, als sein Gegenspieler bei der W., beteiligt war. Aus der Aussageverweigerung kann jedoch nicht geschlossen werden, dass auch das konkret bezeichnete Projekt “Linie 901 N., E. Straße, N. bis S.“ zwischen dem Kläger und dem Zeugen H. abgesprochen war. Nach der zum Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung genügt für die Begründung eines Auskunftsverweigerungsrechts die Gefahr, dass der Zeuge Auskünfte über “Teilstücke in einem mosaikartig zusammengesetzten Beweisgebäude“ (BVerfG, 06.02.2002 – 2 BvR 1249/01, Rn. 25, juris; BGH, 18.12.2012 – StB 16/12, Rn. 9, juris) geben und damit zugleich potentielle Beweismittel gegen sich selbst liefern müsste. Von der Kammer ist daher in Betracht zu ziehen, dass der Zeuge H. allein deswegen seine Aussage umfassend verweigerte, weil er an einem allgemeinen Absprachesystem beteiligt war, das nicht zwangsläufig auf einer individuellen Absprache mit dem Kläger beruhte.

d) Es steht ferner nicht fest, dass der Kläger in Bezug auf das Projekt “C. Linie 900 1 TA 12 C.-Denkmal bis-Kokerei” (Auftrag/Projekt Nr. 2)“ mit dem Zeugen H. die Preise in den jeweiligen Angeboten der Beklagten und der W. abgesprochen hat, sowie abgesprochen hat, dass die W. Vertragspartnerin der E. werden sollte.

aa) Die Beklagte hat hierzu unter Hinweis auf das Anlagenkonvolut BK 4 vorgetragen, dass die Beklagte von der E. am 15.03.2006 zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden sei. Die Beklagte habe sodann mit Telefax vom 21.03.2006 die U. um ein Angebot insbesondere für Rillen- und Vignolschienen gebeten. Am 28.03.2006 habe die U. sodann ein Angebot unterbreitet, das Rillenschienen zum Preis von 919,55 €/to und Vignolschienen zum Preis von 649,55 €/to beinhaltete. Zu diesem Preis habe die Beklagte sodann am 23.05.2006 die Schienen bei der U. bestellt und die W. als Lieferanschrift angegeben. Am 05.04.2006 habe die Beklagte sodann gegenüber der E. ein eigenes Angebot abgegeben und für Vignolschienen einen Preis von 882,00 € angegeben. Am 19.04.2006 habe die Beklagte von der E. die Absage erhalten, dass das Präqualifikationsverfahren an die W. gegangen sei. Der Wettbewerber w. habe mitgeteilt, dass der Zeuge H. und der Kläger abgesprochen haben, dass dieses Projekt an die W. gehen solle.

bb) Der Kläger hat diesen Vortrag hinreichend bestritten. Er hat vorgetragen, dass er sich an den Vorgang nicht erinnern könne und nicht an Gesprächen teilgenommen habe, die im Vorfeld der Auftragsvergabe erfolgt seien. Er hat darauf verwiesen, dass die Unterlagen lückenhaft seien, unter anderem die Kalkulation fehle. Ferner sei eine Unterschrift oder ein Kürzel des Klägers nicht vorhanden. Er nehme an, dass er diesen Vorgang nie gesehen habe. Er habe nicht jeden Vorgang gesehen. Auch hätte den Vorgang auch nicht unterschrieben, weil er ganz gravierende Mängel in der Ausschreibung enthalte. Auch wisse er nicht, ob die Beklagte auf das Projekt der E. geboten habe. Absprachen zwischen ihm und dem Zeugen H. zu diesem Projekt habe es nicht gegeben (vgl. S. 4 Protokoll des Kammertermins vom 21.09.2015). Ferner ergebe sich aus der Position fünf des Leistungsverzeichnisses, dass eine Weichentechnologie angefragt gewesen sei, welche die Beklagte nicht anbieten könne.

Das Bestreiten des Klägers, wonach er nicht wisse, ob die Beklagte ein Angebot abgegeben habe, ist unbeachtlich. Die Beklagte hat die Abschrift eines Angebots vom 05.04.2006 gegenüber der E. vorgelegt. Hierzu hat sich der Kläger nicht erklärt. Auch hat er sich nicht dazu erklärt, warum in dem Angebot der Beklagten gegenüber der E. ein deutlich höherer Preis für Vignolschienen (882,00 €/to) angegeben wird als in dem Angebot gegenüber der W. (649,55 €/to) und der von der W. gezahlte Kaufpreis (700,00 €) ebenfalls deutlich unter dem gegenüber der E. angegebenen Preis liegt. Die Tatsache, dass eine Weichentechnologie angefragt war, welche die Beklagte nicht habe anbieten können, erklärt diese Preiskalkulation für die Schienen nicht. Vielmehr deutet die Tatsache, dass die Beklagte ein Angebot abgegeben hat, obwohl sie eigentlich gar nicht liefern konnte, darauf hin, dass eine Absprache vorlag das Angebot nur zum Schein erfolgte. Jedoch hat der Kläger weiter bestritten, dass er an Gesprächen im Vorfeld der Auftragsvergabe erfolgt sind, beteiligt war und dass es keine Absprachen zwischen ihm und dem Zeugen H. zu diesem Projekt gegeben habe. Ferner hat er auf das Fehlen einer Kalkulation verwiesen. Dieses Bestreiten ist ausreichend.

cc) Die Beklagte hat den Beweis für eine Absprache zwischen dem Kläger und dem Zeugen H. über das Projekt “C. Linie 900 1 TA 12 C.-Denkmal bis-Kokerei” nicht geführt. Der Zeuge V. konnte sich an das Projekt - insbesondere an etwaige Vorgaben, die ihm zu diesem Projekt von der W. oder dem Kläger gemacht wurden - nicht erinnern. Der Zeuge H. konnte zu diesem Beweisthema nicht vernommen werden. Wie bereits oben dargelegt, spricht auch nicht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Projekt zwischen dem Kläger und dem Zeugen H. abgesprochen wurde. Auch ein Indizienbeweis ist nicht geführt. Nach dem gesamten Inhalt der Verhandlung hält die Kammer das Vorliegen einer Absprache zwar für wahrscheinlich. Dies ist allerdings nicht ausreichend, um von einem vollen Beweis ausgehen zu können. Das Beweislastrisiko trägt die Beklagte.

e) Es steht nicht fest, dass der Kläger in Bezug auf das Projekt “C. Linie 900 1 TA 24 L. Straße” (Auftrag/Projekt Nr. 3)“ mit dem Zeugen H. die Preise in den jeweiligen Angeboten der Beklagten und der W. abgesprochen hat, sowie abgesprochen hat, dass die W. Vertragspartnerin der E. werden sollte.

aa) Die Beklagte hat hierzu unter Hinweis auf das Anlagenkonvolut BK 4 vorgetragen, dass die Beklagte am 12.06.2008 zum Preis von 1.107,50 €/ to bei der U. bestellt hat, welche die Bestellung in einem Schreiben vom 17.06.2008 bestätigte. Dabei wird als Besteller die W. angegeben und darauf hingewiesen, dass die für die Erstellung der Schienenteilungspläne erforderlichen Unterlagen direkt von der W. an U. geschickt würden. Am 09.06.2008 habe die W. Rillenschienen bei der Beklagten zum Preis von 1.165,00 €/to bestellt. Die w. habe vorgetragen, dass der Kläger und der Zeuge H. abgesprochen hätten, dass dieses Projekt an die W. gehen sollte.

bb) Der Kläger hat diesen Vortrag hinreichend bestritten. Er hat hierzu - neben seinem allgemeinen Bestreiten, dass zwischen ihm und dem Zeugen H. Absprachen erfolgt seien - im Termin am 21.09.2014 mitgeteilt, er könne sich nicht an dieses Projekt erinnern und darauf verwiesen, dass die Haken auf den Unterlagen von Herrn V. und nicht von ihm seien. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass die Unterlage so rausgegangen sei. Dieses Bestreiten ist angesichts des Zeitablaufs und angesichts der Tatsache, dass dem Kläger nicht sämtliche Anfragen vorlagen, ausreichend. Im Übrigen war zu berücksichtigen, dass eine Anfrage der E. zu diesem Projekt von der Beklagten nicht vorgelegt wurde.

cc) Die Beklagte hat den Beweis zum Vorliegen einer Absprache der Preise und der Zuteilung des Projekts nicht erbracht. Der Zeuge V. hat sich - auch nach Vorlage der Unterlagen hierzu - nicht an das Projekt erinnern können und vielmehr darauf hingewiesen, dass sich Kontakte zur W. aus den Unterlagen nicht ergäben. Der Zeuge H. konnte zu diesem Beweisthema nicht vernommen werden. Wie bereits oben dargelegt, spricht auch nicht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Projekt zwischen dem Kläger und dem Zeugen H. abgesprochen wurde. Auch aus dem sonstigen Inhalt der Verhandlungen einschließlich der schriftlichen Stellungnahme des Zeugen H. vom 17.10.2012 (Anlage BK 7) konnte die Kammer nicht schließen, dass das Projekt in der von der Beklagten beschriebenen Weise zwischen dem Kläger und dem Zeugen H. abgesprochen wurde.

f) Im Hinblick auf die im Antrag zu 2) unter Ziffer 4) bis 13) genannten Projekte steht ebenfalls nicht fest, dass der Kläger mit dem Zeugen H. die Preise in den jeweiligen Angeboten der Beklagten und der W. abgesprochen hat, sowie abgesprochen hat, dass die W. Vertragspartnerin der E. werden sollte.

aa) Die Beklagte hat zu diesen Aufträgen keine Unterlagen vorgelegt und lediglich darauf verwiesen, dass es sich nach den durch die Staatsanwaltschaft/Kripo übergebenen Unterlagen und nach der Bewertung der Beamten in dem Termin zur Übergabe der Unterlagen am 23.04.2014 die Projekte als zwischen dem Kläger und Herrn H. auf Basis des geschilderten Vorgehens abgesprochen wurden.

bb) Angesichts dieses allgemein gehaltenen Vortrags war das Bestreiten des Klägers, eine Absprache habe es im Hinblick auf diese Projekte nicht gegeben, ausreichend.

cc) Die Beklagte hat den Beweis für eine Absprache zwischen dem Kläger und dem Zeugen H. über die genannten Projekte nicht geführt. Eine Vernehmung des Zeugen H., der zum Beweis einer Absprache von der Beklagten benannt war, musste aus oben genannten Gründen unterbleiben. Aus seiner schriftlichen Stellungnahme vom 17.10.2012 (Anlage BK 7) ergeben sich keine Hinweise auf die vorgenannten Projekte. Im Hinblick auf die Annahme eines Anscheinsbeweises gelten obige Ausführungen entsprechend. Weitere Indizien, die über die bereits oben genannten hinausgehen und für einen logischen Rückschluss auf die von der Beklagten behauptete Tatsache einer Absprache erlauben, sind nicht erkennbar.

g) Im Hinblick auf die im Antrag zu 2) unter Ziffer 14) (“L. brücke E.-S.“) und 15) (Betriebshof N., 1. BA) genannten Projekte steht nicht fest, dass der Kläger mit dem Zeugen H. die Preise in den jeweiligen Angeboten der Beklagten und der W. abgesprochen hat, sowie abgesprochen hat, dass die W. Vertragspartnerin der N.er Verkehrsgesellschaft (N.) werden sollte.

aa) Die Beklagte hat zu diesen Aufträgen keine Unterlagen vorgelegt und wiederum darauf verwiesen, dass es sich nach den durch die Staatsanwaltschaft/Kripo übergebenen Unterlagen und nach der Bewertung der Beamten in dem Termin zur Übergabe der Unterlagen am 23.04.2014 die Projekte als zwischen dem Kläger und Herrn H. auf Basis des geschilderten Vorgehens abgesprochen wurden.

bb) Der Kläger hat diesen Vortrag hinreichend bestritten. Er hat erklärt, dass es sich bei den Projekten nach Rücksprache mit dem Kunden im Jahre 2014 um eine Anfrage über Weichen gehandelt habe. Für diese Weichenanfragen seien aber weder der Zeuge H. noch der Kläger zuständig gewesen. Der Kläger sei an kartellrechtlich bedenklichen Gesprächen mit dem Zeugen H. nicht beteiligt gewesen.

cc) Die Beklagte hat den Beweis für eine Absprache zwischen dem Kläger und dem Zeugen H. über die genannten Projekte nicht geführt. Die obigen Ausführungen zu den im Antrag zu 2) unter Ziffer 4) bis 13) genannten Projekten gelten entsprechend. Die Kammer hat in Bezug auf die Projekte (“L. brücke E.-S.“), die von der Beklagten zur Akte gereichten Abschriften aus dem Bonusantrag der w. (Anlage BK 29) berücksichtigt. Allerdings ergeben sich hieraus unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags keine Indizien für eine Absprache zwischen dem Kläger und dem Zeugen H.. In den Aufstellungen sind der Kläger und der Zeuge H. zwar in Bezug auf beide Projekte als an der Absprache Beteiligte bzw. handelnde Personen bezeichnet. Allerdings ist ebenfalls mitgeteilt, dass der Auftrag an die W. gegangen sei und die Beklagte an dem Auftrag durch die Lieferung von Schienen an die W. partizipiert habe. Der Kläger hat jedoch bestritten, dass es sich um eine Anfrage über Schienen gehandelt hat. Die Beklagte trägt die objektive Beweislast für das Vorliegen einer Indiztatsache (Baumgärtel/Laumen/Prütting, S. 321). Sie hätte daher zunächst den Vortrag des Klägers entkräften müssen, dass es sich um einen Schienenauftrag und nicht um eine Weichenanfrage gehandelt hat.

h) Es steht nicht fest, dass der Kläger in Bezug auf das Projekt “Eifelquerbahn“ (Antrag zu 4) mit den Vertretern der Unternehmen I. G. Gleisbau und Entsorgung GmbH, F. I. GmbH, Gleisbau T. GmbH, T. N. GmbH und dem Zeugen H. vereinbart hat, dass der Gesamtauftrag an die F. I. GmbH vergeben wurde und die W. durch die Lieferung gebrauchter Schienen und Betonschwellen partizipierte.

aa) Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, dass über diesen Auftrag sei am 29.08.2004 in E. eine derartige Absprache zwischen den oben genannten Personen mit dem oben genannten Inhalt erfolgt. Der Kläger hatte diesen Vortrag ausreichend bestritten. Er hat erklärt, dass er in Bezug auf dieses Projekt keine Preise für Gebrauchtmaterial oder Mengen abgesprochen habe. Nach Kenntnis des Klägers seien auch keinerlei Gebrauchtstoffe über das Verkaufsbüro F. für das Projekt Vulkaneifelbahn geliefert worden. Preise seien vorgeben worden.

bb) Die Beklagte hat den Beweis, dass das Projekt Vulkaneifelbahn in der beschriebenen Art und Weise vom Kläger abgesprochen wurde, nicht geführt. Eine Vernehmung des Zeugen H. zu diesem Projekt konnte aufgrund seiner Aussageverweigerung nicht erfolgen. Weitere Indizien, für die Richtigkeit des Vortrags der Beklagten lagen nicht vor. Schriftliche Unterlagen oder Stellungnahmen der an der Absprache beteiligten Personen bzw. Unternehmen hat die Beklagte nicht vorgelegt. Nach alldem steht nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger in der beschriebenen Weise eine Absprache über die Preise in den jeweiligen Angeboten der benannten Unternehmen und über die Zuteilung des Projektes getroffen hat.

i) Es steht nicht fest, dass der Kläger im Jahr 2003 in Bezug auf das Projekt “C. F. Straße“ (Antrag zu 6) mit den Zeugen C. und I., sowie dem Zeugen G. (w. C. GmbH), dem Zeugen C. und Herrn Dr. F. (T.-N. GmbH), eine Absprache über das jeweilige Bieterverhalten und die Zuteilung der Lose 1 - 5 getroffen hat.

aa) Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, dass zwischen dem 28.07.2003 und dem 05.09.2003 ein Treffen in den Räumlichkeiten der Beklagten abgehalten wurde unter Teilnahme des Klägers, der Zeugen G., C., I., C. und Herrn Dr. F.. Die Ausschreibung, die ein Angebotsvolumen von 4,4 Mio. € hatte, sei jedem der Anwesenden bekannt gewesen. Es sei zwischen den vier anwesenden Unternehmen eine Aufteilung nach Losen erfolgt. Der Zeuge C. habe die Projektaufteilung in einer Notiz festgelegt. Der Bieterprozess und die spätere Ausführung sei entsprechend dieser Losaufteilung organisiert worden. Die Rolle des Organisators sei dabei der Beklagten, d. h. dem Kläger als Leiter des Verkaufsbüros, zugeteilt worden.

bb) Der Kläger hat diesen Vortrag hinreichend bestritten. Er hat im Kammertermin am 23.09.2015 eingeräumt, dass es ein Treffen gegeben habe unter Teilnahme von Herrn P., dem Zeugen I. und einem Vertreter von T.-N.. Er sei nicht von Beginn an bei dem Treffen dabei gewesen, sondern sei später dazu gerufen worden. Er sei gefragt worden, ob es kaufmännisch möglich sei, anhand der Ausschreibungsunterlagen mehrere Lieferwerke anzugeben. Er habe gesagt, dass der Kunde darüber informiert werden müsse. Über Preise und Quoten habe er nicht gesprochen. Das Angebot habe er weitergeleitet an die C. und habe an einem Bietergespräch und noch einem weiteren Gespräch teilgenommen. Ferner hat er eine E-Mail (Bl. 1431 d. A.) vorgelegt, welche belegt, dass er nicht eingeladen hat zu einem Treffen im Verkaufsbüro in F..

cc) Eine Vernehmung der Zeugen G., I. und C. zu den Absprachen im Rahmen dieses Projekts konnte nicht erfolgen, da sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 384 Nr. 2, Alt. 2 ZPO Gebrauch gemacht haben. Gleichwohl war ihre Aussageverweigerung in die Gesamtwertung der feststehenden Umstände einzubeziehen (BGH, 18.10.1993, aaO; Musielak, aaO § 384 Rn. 10; MüKo-ZPO/Damrau aaO, § 384 Rn. 2).

dd) Die Beklagte hat auch durch Vorlage der schriftlichen Stellungnahme des Zeugen G. vom 17.10.2012 (Anlage BK 11) nicht bewiesen, dass das Projekt C. "F. Straße” zwischen dem Kläger und den benannten Personen in der von der Beklagten behaupteten Weise abgesprochen wurde. Die Abschrift der Stellungnahme des Zeugen G. konnte - wie oben dargestellt - im Wege des Urkundsbeweises gemäß § 416 ZPO verwertet werden, da der Kläger nicht bestritten hat, dass die Erklärung von dem Zeugen G. stammt. In der Stellungnahme erklärt der Zeuge G., dass der Kläger an einem Treffen der Weichenhersteller teilgenommen hat. Zu der streitigen Frage, ob der Kläger auch bei der Zuteilung der Lose und der Abrede über die Preise zugegen war, verhält sich die Stellungnahme des Zeugen G. nicht. Sie ist damit für das Beweisthema nicht ergiebig. Die Kammer hatte in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Zeuge I. zum Ablauf des Treffens mitgeteilt hat, dass es sein könne, dass der Kläger ausgeschlossen gewesen sei von dem Treffen, weil er nicht zum Weichenwerk gehörte und deshalb an sich nichts in der Runde zu suchen hatte. Dies entspricht dem Vortrag des Klägers, der erklärt hat, dass er lediglich mit einbezogen war in die Frage, ob eine Aufteilung des Projektes kaufmännisch möglich sei und er erklärt habe, dass dies mit dem Kunden abzustimmen sei. Bei Abgleich der schriftlichen Stellungnahme des Zeugen G. mit dem sonstigen Parteivortrag und der von der Beklagten vorgetragenen Schilderung des Zeugen I. steht damit nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger das jeweilige Bieterverhalten und die Zuteilung der Lose 1 - 5 des Projektes “F. Straße“ abgesprochen hat. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Aussageverhaltens der Zeugen C., G. und I.. Aus der Aussageverweigerung war allenfalls zu schließen, dass eine Absprache zwischen den benannten Unternehmen getroffen wurde, nicht jedoch, dass der Kläger konkret an der Absprache und der Zuteilung der Lose beteiligt war.

VI. Ferner besteht ein Anspruch der Beklagten im Hinblick auf die im Antrag zu 2) genannten Projekte sowie in Bezug auf die in den Anträgen zu 3) und zu 5) genannten Projekte kein Anspruch der Beklagten auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht gemäß §§ 280 ff., 241 Abs. 2 BGB. Denn eine Haftung des Klägers gegenüber der Beklagten ist nach den Grundsätzen der privilegierten Arbeitnehmerhaftung sowie unter Berücksichtigung eines weiteren, überwiegenden Mitverschuldens der Organe der Beklagten und ihrer Ober- und Muttergesellschaft an der Schadensentstehung im Sinne von § 254 BGB ausgeschlossen.

1. Die Grundsätze der privilegierten Arbeitnehmerhaftung finden Anwendung. Die wettbewerbswidrigen Absprachen des Klägers waren betrieblich veranlasst.

a) Die allgemeinen Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung gelten für alle Arbeiten, die durch den Betrieb veranlasst sind, und auf Grund eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden. Betrieblich veranlasst ist eine Handlung grundsätzlich, wenn sie zur Erfüllung der übertragenen Arbeitsaufgabe oder jedenfalls im objektiven Interesse des Arbeitgebers vorgenommen wird (BAG, 27.09.1994, aaO). Straftaten, die gegen das Eigentum oder Vermögen des Arbeitgebers zielen, scheiden damit von vornherein aus. Dagegen gehört auch rechts-, regel- und weisungswidriges Verhalten im gewissen Umfang zum betrieblichen Risiko (BAG, 18.04.2002, - 8 AZR 348/01, Rn. 23, juris; ErfK/Preis, aaO, § 619a BGB). Für die Frage der Anwendbarkeit der Rechtsprechungsgrundsätze kommt es danach für die betriebliche Veranlassung also nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer ohne konkrete Weisung sogar gegen eine ausdrückliche Weisung tätig wird. Es genügt, wenn eine Tätigkeit entweder arbeitsvertraglich übertragen worden ist oder im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb ausgeführt wird (Waltermann RdA 2005, 98, 103).

b) Damit sind Compliance-Verstöße durch eigeninitiatives Handeln nicht per se von der privilegierten Arbeitnehmerhaftung ausgenommen. Die Grenze ist nur überschritten, wenn sich der Arbeitnehmer schuldhaft eine Kompetenz anmaßt, die ihm ganz offensichtlich nicht zusteht (Böhm, aaO, S. 276 m. w. N. für das Anlegen schwarzer Kassen). Eine derartige Ausnahme von dem Grundsatz, dass auch bei vorsätzlichen Regelverstößen eine betrieblich veranlasste Tätigkeit vorliegt, ist nicht gegeben. Die von der Beklagten behaupteten Absprachen erfolgten unstreitig im Rahmen der dem Kläger übertragenen Arbeitsaufgaben. Der Kläger hat sich auch keine Kompetenz angemaßt, die ihm ganz offensichtlich nicht zustand. Dagegen spricht bereits, dass auch nach dem Vortrag der Beklagten die wettbewerbswidrigen Absprachen flächendeckend in allen Verkaufsbüros praktiziert wurden. Somit war das Handeln des Klägers betrieblich veranlasst.

2. Der Kläger ist nicht als leitender Angestellter oder Prokurist aus dem Anwendungsbereich der privilegierten Arbeitnehmerhaftung ausgeschlossen.

Die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung gelten grundsätzlich für alle Arbeitnehmer. Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, 25.06.2001 – III R 38/99, Rn. 10, juris) gelten sie auch für leitende Angestellte. Die erstmals im Schriftsatz vom 26.10.2015 seitens der Beklagten aufgestellte Behauptung, der Kläger sei leitender Angestellter, ist ohnehin nicht ausreichend mit Vortrag unterlegt. Allein aus der Tatsache, dass der Kläger Personalverantwortung für vier Mitarbeiter hatte, lässt sich nicht folgern, dass er eine besondere Verantwortung hatte, die der eines Geschäftsführers als der eines Arbeitnehmers ähnelt, so dass er aus dem Bereich der privilegierten Arbeitnehmerhaftung auszunehmen wäre.

3. Eine Beschränkung der Haftung des Klägers ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil er im Hinblick auf den von der Beklagten befürchteten Schaden vorsätzlich gehandelt hat.

a) Nach den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätzen (BAG, 27.09.1994 – GS 1/89 (A), juris) hat ein Arbeitnehmer vorsätzlich verursachte Schäden in vollem Umfang zu tragen. Für Vorsatz ist es ausreichend und erforderlich, dass der Handelnde den rechtswidrigen Erfolg vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen hat. Dabei reicht es nicht aus, dass sich der Arbeitnehmer bewusst über Weisungen hinweggesetzt hat und hieraus Schäden erwachsen sind. Vorsatz ist nur dann zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer den Schaden in seiner konkreten Höhe zumindest als möglich voraussieht und ihn für den Fall des Eintritts billigend in Kauf nimmt. Über die Kenntnis der Möglichkeit des Eintritts des schadensstiftenden Erfolgs hinaus ist es damit erforderlich, dass der Schädiger den als möglich vorgestellten Erfolg auch in seinen Willen aufnimmt und mit ihm für den Fall seines Eintritts einverstanden ist (vgl. BAG 18.04.2002 – 8 AZR 348/01, Rn. 33, juris).

Dagegen handelt lediglich grob fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Es kommt also nicht nur darauf an, was von einem durchschnittlichen Angehörigen des jeweiligen Verkehrskreises in der jeweiligen Situation erwartet werden konnte, wozu auch gehört zu ermessen, ob die Gefahr erkennbar und der Erfolg vorhersehbar unvermeidbar war. Abzustellen ist auch darauf, ob der Schädigende nach seinen individuellen Fähigkeiten die objektiv gebotene Sorgfalt erkennen und erbringen konnte (BAG 18.04.2002 aaO, Rn. 33; BAG 12.11.1998 - 8 AZR 221/97, Rn. 18, juris; ErfK/Preis, aaO., § 611 BGB Rn. 15).

b) Nach diesen Grundsätzen handelte der Kläger nicht vorsätzlich im Hinblick auf den von der Beklagten geltend gemachten Schaden, d. h. die möglichen Schadensersatzansprüche. Der Kläger musste zwar aufgrund der Compliance-Schulungen und der Aushändigung der Konzernrichtlinien über die Einhaltung kartellrechtlicher Gesetze wissen, dass eine Absprache über Preise und Zuteilung von Aufträgen rechtswidrig ist. Auch musste ihm aufgrund der Verhängung des Bußgeldes im Bereich der Aufzugssparte im Jahre 2004 bewusst gewesen sein, dass ein wettbewerbswidriges Verhalten für die Beklagte erhebliche finanzielle Folgen in Form von Bußgeldern und Schadensersatzansprüche geschädigter Unternehmen nach sich ziehen kann. Gleichwohl kann der Vorsatz nicht allein auf diese objektiven Umstände gestützt werden. Denn diese betreffen allein das Wissenselement und nicht das Wollenselement des Vorsatzes. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger einen Schaden in der Größenordnung, wie er üblicherweise bei Kartellrechtsachverhalten entsteht, in der konkreten Höhe in seinen Willen aufgenommen hat oder im Hinblick auf die genannten Projekte mit dem Eintritt dieses Schadens gerechnet hat. Der Kläger war seit seinem Arbeitsantritt im Jahre 1989 mit kartellrechtswidrigen Sachverhalten konfrontiert und in diese involviert. Dies ist unstreitig. Schadensersatzansprüche der geschädigten Unternehmen waren in seinem Tätigkeitsbereich bisher nicht aufgetreten. Dieser Umstand spricht dafür, dass er darauf vertraute, dass diese weiterhin ausbleiben würden. Daran konnte auch nichts ändern, dass die Beklagte ab 2004 Compliance-Schulungen durchführte, an denen auch der Kläger teilnahm. Es kann nicht angenommen werden, dass ihm ein Schaden in der geltend gemachten Höhe gleichgültig war, er hoffte eher darauf, dass der Schaden nicht eintritt. Im Hinblick auf die von der Beklagten geltend gemachten Schäden kommt daher allenfalls eine Fahrlässigkeit des Klägers in der Form der groben Fahrlässigkeit in Betracht. Denn der Kläger konnte aufgrund seiner Stellung als Verkaufsbüroleiter und angesichts der absolvierten Schulungen bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt ermessen, dass die Absprachen aufgedeckt werden konnten und ein Schaden durch die Inanspruchnahme durch geschädigte Unternehmen drohte.

4. Die Beklagte trifft jedoch ein Mitverschulden an der Verursachung des zu erwartenden Schadens. Dieses Mitverschulden überwiegt das Verschulden des Klägers.

a) Die Ersatzpflicht des Schädigers ist nach § 254 Abs. 1 BGB beschränkt oder kann entfallen, wenn bei Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat. Dabei ist die Frage des mitwirkenden Verschuldens nicht mit den gleichfalls zu berücksichtigenden Grundsätzen über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung bzw. privilegierten Arbeitnehmerhaftung gemäß § 254 BGB zu vermengen (BAG, 21.05.2015 - 8 AZR 116/14, Rn. 25, juris). Im Rahmen der Mitverschuldensprüfung gemäß § 254 BGB ist ein Organisationsverschulden in Form einer Verletzung von Organisations- und Überwachungspflichten zu berücksichtigen (vgl. BAG, 15.11.2001 – 8 AZR 95/01, Rn. 20; BAG, 16.02.1995 – 8 AZR 493/93, Rn. 24, juris; BAG, 18.06.1970 – 1 AZR 520/69, Rn. 27, juris; LAG Thüringen, 25.04.2002 – 1 Sa 107/2001, Rn. 59, juris). Dies gilt zumindest, soweit diese Betriebsrisiken noch nicht ausreichend im Rahmen der Prüfung einer Haftungserleichterung des Arbeitnehmers gemäß den Grundsätzen der privilegierten Arbeitnehmerhaftung erfolgt ist (HWK/Krause, 5. Aufl. , Rn. 41; P./Schwarze, Die Haftung des Arbeitnehmers, 3. Aufl., Rn. 255, Böhm, aaO, S. 279).

b) Aus dem unstreitigen Vortrag der Parteien sowie dem Ergebnis der Beweisaufnahme ergibt sich ein Organisationsverschulden seitens der Geschäftsführung der Beklagten, welches der Beklagten gemäß § 31 BGB zuzurechnen ist.

aa) Ein Organisationsverschulden fällt der Beklagten zunächst im Zusammenhang mit der Vereinbarung der kartellrechtswidrigen Vertriebsvereinbarung im Jahre 2001 zur Last. Der Vertriebsvertrag nebst Site Letter zwischen der U. und der L. H. Gesellschaft für Technik mbH wurde von der Geschäftsführern der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der w. vereinbart. In dem Vertriebsvertrag und der Nebenabrede, war festgelegt, dass die Beklagte die U.-Schienen exklusiv vertreibt (vgl. Punkt 3.1. des Bußgeldbescheides vom 18.07.2013). Die Absprache stellte eine Vereinbarung zwischen Unternehmen sowie eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise dar, die eine Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckte und gemäß §§ 1, 81 GWB verboten ist. Hiervon geht auch die Beklagte aus (vgl. S. 23 der Klageschrift gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Beklagten und Vorstand der Muttergesellschaft der Beklagten, Bl. 550 - 572 d. A.).

Der kartellrechtswidrige, exklusive Vertriebsvertrag zwischen der Beklagten und der U. wirkte sich auch auf die Tätigkeit des Klägers aus und schaffte ein Risiko für die ihm vorgeworfenen, wettbewerbswidrigen Absprachen. Denn die Exklusivität der Lieferbeziehung galt auch gegenüber der W.. Diese musste die im eigenen Konzern hergestellten Schienen über die Beklagte beziehen und dieser eine Händlerprovision zahlen. Ein solcher Bezug von Schienen der U. durch die W. war dabei im Rahmen der Zweimarkenstrategie nicht ausgeschlossen (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2014). An einem Bezug der im eigenen Konzern hergestellten Schienen der U. bestand für die W. bereits deswegen ein Interesse, weil sie ansonsten z. B. die Kundin E. nicht beliefern konnte. Denn die E. - dies hat der Zeuge V. erklärt - wollte Schienen aus dem ortsansässigen Werk in E. beziehen. Die Projekte der E. betreffen dementsprechend auch den Großteil der dem Kläger vorgeworfenen Absprachen. Soweit die W. jedoch Schienen aus dem konzerneigenen Werk über den Umweg der Beklagten bestellte, konnte es nicht ihre Absicht gewesen sein, mit den konzerneigenen Schienen der U. in Wettbewerb zur Beklagten zu treten. Ein solcher Wettbewerb wäre aufgrund der Händlermarge immer zulasten der W. ausgegangen. Gleichzeitig war es Geschäftspolitik der Beklagten, auf Kundenanfragen bzw. Ausschreibungen insbesondere von Nahverkehrsunternehmen, stets ein Angebot zu unterbreiten. Auch dies hat der Zeuge V. glaubhaft bekundet. In dieser Konstellation eines exklusiven Vertriebsvertrages mit einem Konzernunternehmen des Wettbewerbers bestand ein vorhersehbares Risiko, dass sich die Beklagte mit der W. über parallel vorliegende Anfragen bzw. Ausschreibungen wettbewerbswidrig abstimmte. Dieses Risiko lässt sich zurückführen auf die von den Geschäftsführern Rechtsvorgängerin vereinbarten, kartellrechtswidrigen Vertriebsvertrag mit der U..

bb) Ein weiteres Organisationsverschulden fällt der Beklagten jedoch auch deswegen zur Last, weil sie dem Kläger bei der Einführung der Zweimarkenstrategie vermittelte, dass die Beklagte nicht mit der W. konkurrieren solle.

Der Zeuge N., der auf Seiten der Muttergesellschaft der Beklagten mit der internen Untersuchung des Schienenkartells befasst ist, hat in seiner Vernehmung im Termin am 22.09.2015 die Art und Weise geschildert, wie dem Kläger und den anderen Vertriebsmitarbeitern das Zusammenspiel mit der U., der W. und der W. vermittelt wurde. Er hat erklärt, dass in der Nebenabrede zum Vertriebsvertrag zunächst das theoretische Gerüst für das Absprachesystem zwischen den beteiligten Gesellschaften gelegt wurde. Ziel der Abrede sei es gewesen, sich gegenseitig aneinander zu binden, eine wechselseitige Exklusivität und einen Preiswettbewerb zwischen den Handelshäusern zu vermeiden. Die Zweimarkenstrategie habe dabei der operativen Umsetzung dieses theoretischen Gerüsts gedient. Nach Einschätzung der Compliance-Abteilung sei durch die Zweimarkenstrategie der Markt quasi verschlossen worden. Auf der Oberbautagung im November 2001 sei den Arbeitnehmern die Zweimarkenstrategie nahe gebracht worden. Die Botschaft, die dort platziert worden sei, sei, dass ein Wettbewerb zwischen beiden Handelshäusern vermieden werden sollte. Außerdem sei es auf der Oberbautagung darum gegangen, für einzelne Regionen "Pflöcke einzurammen", d. h. Kunden aufzuteilen. Die Anwesenheit der Geschäftsführer und der Vorstände hätte hierbei den Mitarbeitern die Strategie mit dem nötigen Nachdruck vermitteln sollen. Die Beklagte hat diese Schilderung, die zwar nicht auf eigener Wahrnehmung, jedoch nach der Aussage des Zeugen aus der Auswertung von Unterlagen zum Schienenkartell und den Gesprächen mit anderen Verkaufsbüroleitern beruhte, nicht bestritten. Die Kammer musste ohnehin davon ausgehen, dass der Kläger sich diese für ihn günstigen Erklärungen hilfsweise zu eigen gemacht hat (vgl. BGH, 10.11.2009 - VI ZR 325/08, Rn. 5, juris). Die Schilderung des Zeugen N. deckt sich im Übrigen auch mit den unbestrittenen Erklärungen des Klägers im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung. Dort hatte der Kläger ausweislich des Vernehmungsprotokolls bereits mitgeteilt, “Sinn und Zweck der Oberbautagung sei für ihn gewesen, dass sich die Vertriebswege der W. nicht untereinander konkurrieren sollten und die externen Bewerber nach Möglichkeit vom Markt ausgeschlossen wurden. Die Vorstände, Dr. T., Herr R. (mit fast hundertprozentiger Sicherheit), Herr N. sowie alle Geschäftsführer des Handels U., der W. und der U. waren anwesend, wobei sich die Anwesenheit der Vorstände, was ungewöhnlich war, über die gesamte Dauer der Veranstaltung erstreckte.”

cc) Dieses war die Ausgangslage für die wettbewerbswidrigen Absprachen mit der W., aufgrund welcher die Beklagte den Kläger in Anspruch nimmt. Dem Kläger wurde bei der Einführung der Zweimarkenstrategie bedeutet, dass er beim Vertrieb der U.-Schienen mit der W. nicht konkurrieren sollte, ihm wurde durch die Geschäftsführung seiner ehemaligen Arbeitgeberin und den Vorstand der Muttergesellschaft ein wettbewerbswidriges Verhalten nahegelegt. Hierdurch konnte auf Seiten des Klägers der Eindruck entstehen, dass individuelle Abreden im Verhältnis zur W. dem Sinn und Zweck der Zweimarkenstrategie entsprechen. Dabei konnte es aus Sicht des Klägers keinen erheblichen Unterschied darstellen, dass teilweise die U. L. T. GmbH als ein weiteres Konzernunternehmen des U. L.-Konzerns an den in den Anträgen zu 3) und 5) genannten Absprachen beteiligt war.

dd) Soweit die Beklagte behauptet, dass der Kläger sich autonom, d. h. ohne Weisung des Geschäftsführers C., entschieden habe, an dem allgemeinen Absprachesystem teilzunehmen, ist dies nach alledem unerheblich. Selbst wenn es der Zeuge C. keine Kenntnis über individuelle Absprachen mit der W. hatte, muss sich die Beklagte gleichwohl das Verhalten der Geschäftsführung und der Organe der Muttergesellschaft bei Einführung der Zweimarkenstrategie im Verhältnis zum Kläger zurechnen lassen. Im Übrigen stand der Zeuge C. nach den Feststellungen des Bundeskartellamts nicht außerhalb des Absprachesystems mit der W.. Er war bereits gemäß der kartellrechtwidrigen Nebenabrede Ansprechpartner für die Vertriebsorganisation, bekräftigte am 16.01.2008 die kartellrechtswidrige Zusammenarbeit mit der W. bei einem Treffen, vereinbarte am 08.05.2008 die 60/40 Quote und wies anschließend die Mitarbeiter in den Verkaufsbüros an, sich an die Preisvorgaben der U. und damit eine Verteilung der Projekte zu halten (vgl. Punkt 3.1. des Bußgeldbescheides vom 18.07.2015). Ferner war er nach dem Vortrag der Beklagten auf den jährlichen Oberbautagungen in den Jahren 2001 bis 2008 anwesend, in denen offen über die Quoten und Verkaufsgebiete auf dem Privatmarkt und in Bezug auf die U. gesprochen wurde.

ee) Selbst unterstellt, dass der Zeuge C. keine Kenntnis von individuellen Absprachen mit der W. und anderen Wettbewerbern hatte, trifft ihn zudem ein der Beklagten zurechenbares Verschulden in Bezug auf die Überwachung des Verhaltens des Klägers.

Der Zeuge hat selbst bei seiner Vernehmung am 23.09.2015 mitgeteilt, dass die W. bemüht war, die Kunden aufzuteilen und dies im Vorfeld der Oberbautagung 2001 angestrebt hat. Soweit von dem Zeugen C. tatsächlich keine Kundenaufteilung gewollt gewesen ist, hätte er die Kenntnis von diesem Ansinnen der W. zum Anlass nehmen müssen, seine Mitarbeiter konkret anzuweisen, keine Absprachen zur Kundenaufteilung zu treffen. Denn den Mitarbeitern war zugleich auf der Oberbautagung signalisiert worden, sich nicht in einen Preiswettbewerb mit der W. zu begeben. Hier war es nicht ausreichend, dass der Zeuge - wie er selbst ausgesagt hat - einer Kundenaufteilung immer ablehnend gegenüber gestanden habe. Zudem erhielt er im weiteren Verlauf Kenntnis von zumindest zwei Absprachen mit der W. betreffend das Verkaufsbüro C. und -hatte gemäß dem Protokoll seiner polizeilichen Vernehmung (Bl 135 - 145 d. A.) - Kenntnis von dem Kartell auf dem DB-Schienenmarkt, welches ebenfalls in den Verkaufsbüros praktiziert wurde. Auch von Kartellabsprachen im Bereich Weichen hatte er nach seiner dortigen Aussage "eine Ahnung". Ferner sei bei ihm - wie anderen Teilnehmern - bereits auf der Oberbautagung in N. im April 2005 klar geworden, dass die Absprachen Konsequenzen haben könnten. All dies wäre Anlass gewesen, die Tätigkeit seiner auf dem Privatmarkt tätigen Mitarbeiter, wie den Kläger, im Hinblick auf die Einhaltung von Kartellgesetze konkret zu überprüfen und Absprachen zu untersagen. Für dieses Überwachungsverschulden der Geschäftsführung spricht nicht zuletzt, dass das vom Kläger praktizierte Abspracheverhalten für alle Verkaufsbüroleiter üblich war, wie die Beklagte bis zuletzt vorgetragen hat (vgl. LAG Bremen, 12.04.2011 – 1 Sa 36/09, Rn. 200, juris).

ff) Die Beklagte kann sich zu ihrer Entlastung auch nicht darauf berufen, dass sie den Kläger mehrfach in Compliance-Themen geschult hat. Diesen Aspekt hat die Kammer bereits bei dem Verschuldungsgrad des Klägers mitberücksichtigt. Die von der Obergesellschaft durchgeführten Schulungen lassen auch das Organisationsverschulden auf Seiten der Organe der Beklagten, das im Widerspruch steht zu den Compliance-Bemühungen der Muttergesellschaft und ihr gemäß § 31 BGB zuzurechnen ist, nicht entfallen.

c) Die Beklagten muss sich das Organisations- und Kontrollverschulden ihrer Geschäftsführer sowie der Geschäftsführer ihrer Rechtsvorgängerin gemäß § 31 BGB zurechnen lassen.

aa) Im Rahmen des § 254 BGB muss sich der Schädiger das Verschulden seiner Organe gemäß § 31 BGB zurechnen lassen und zwar ohne Entlastungsmöglichkeit. Das Verschulden eines Organs ist als unmittelbares eigenes Verschulden der juristischen Person anzusehen (BGH, 10.12.2009 – VII ZR 42/08, Rn. 54; BGH, 23.10.1997 – III ZR 275/96, Rn. 8, juris; LAG Niedersachsen, 07.07.2003 – 5 Sa 188/02, Rn. 130, juris; MüKoBGB/Oetker, 7.Aufl., § 254 Rn. 136).

bb) Eine Einstandspflicht gemäß § 31 BGB ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Geschäftsführer der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin nicht in "Ausführung der ihnen zustehenden Verrichtungen" handelten.

Eine Zurechnung nach § 31 BGB setzt nicht voraus, dass sich das Organ innerhalb der Grenzen seiner Vertretungsmacht gehalten hat. Entscheidend ist vielmehr allein, ob sein Handeln in den ihm zugewiesenen Wirkungskreis fällt. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn das schadenstiftende Verhalten so sehr außerhalb seines Aufgabenbereiches steht, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem Handeln und dem allgemeinen Rahmen der ihm übertragenen Obliegenheiten nicht mehr erkennbar und daher der Schluss geboten ist, dass das Organ nur bei Gelegenheit, nicht aber in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen gehandelt hat (BGH, 08.07.1986 – VI ZR 47/85, Rn. 12; MüKoBGB/Arnold BGB § 31 Rn. 33-34, beck-online).

Die Vereinbarung des kartellrechtswidrigen, exklusiven Vertriebsvertrags durch die Geschäftsführer der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers sowie die anschließende operative Umsetzung der Zweimarkenstrategie im Rahmen der Oberbautagung im November 2001 ist danach zurechenbar. Selbst wenn die Organe außerhalb ihrer Vertretungsmacht gehandelt haben, ist ein innerer Zusammenhang zwischen ihrem Handeln und dem allgemeinen Rahmen der ihm übertragenen Obliegenheiten erkennbar. Im Hinblick auf die Verletzung von Kontrollpflichten ist der erforderliche innere Zusammenhang ohnehin gegeben.

cc) Hierbei kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass der Kläger kollusiv mit den Geschäftsführern, dem Vorstand der Muttergesellschaft und den anderen 16, gemäß Bescheid des Bundeskartellamts an den Absprachen Beteiligten, zusammen gewirkt hat.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.04.1974 (Az. 3 AZR 379/73, Rn. 47) nicht einschlägig. Die streitigen Abreden mit der W. und anderen Wettbewerbern waren nicht kollusiv zum Nachteil der Beklagten, sondern zu deren (vermeintlichen) Vorteil. Sie sind nicht gleichzusetzen mit einer gemeinschaftlich begangenen Unterschlagung von Firmenvermögen, der Gegenstand der vorzitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts war.

d) Das Verschulden der Geschäftsführer der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin ist nach dem og. auch kausal für die zu erwartenden Schäden durch die Inanspruchnahme der geschädigten Nachverkehrs- und Wirtschaftsunternehmen.

e) Hinter das Verschulden der Beklagten tritt das Verschulden des Klägers zurück.

aa) In allen Fällen der Mitverantwortung des Geschädigten bestimmt sich die Haftungs- und die Mithaftungsquote nach den Umständen, insbesondere danach, wie weit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Der Gesetzeswortlaut liegt hierbei das Hauptgewicht auf den Verursachungsanteil und stellt erst in zweiter Linie auf den Verschuldensgrad ab (Hofmann, Haftpflichtrecht für die Praxis, S. 343). Das Ergebnis der Abwägung muss nicht in Anteilshaftung beider Seiten sondern kann auch in der Haftung des Geschädigten oder des Schädigers bestehen, wenn der Verursachungsanteil der einen Seite derart überwiegt, dass der Beitrag des anderen Teils dahinter zurücktritt.

Neben dem Gewicht der Verursachung kommt es auch auf das Vorliegen eines Verschuldens und auf den jeweiligen Verschuldensgrad an, doch tritt diese Bewertung hinter diejenige nach dem Ausmaß der Verursachung zurück (BGH, Urteil vom 29.01.1969 – I ZR 18/67, Rn. 32, juris). Der Vorsatz eines Organs des Geschädigten gegenüber bloßer Fahrlässigkeit des Schädigers führt in der Regel zu einem Ausschluss der Schadensersatzpflicht (MüKoBGB/Oetker, aaO., § 254, Rn. 136).

bb) Nach diesen Grundsätzen tritt die Haftung des Klägers für eine grob fahrlässige Verletzung seiner Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag hinter dem Verschulden der Beklagten zurück. Dies ergibt sich aus dem überwiegenden Verursachungsanteil der Organe der Beklagten an den wettbewerbswidrigen Absprachen mit der W.. Bereits der Abschluss des Vertriebsvertrages mit der kartellrechtswidrigen Nebenabrede zur Exklusivität der Lieferbeziehung schaffte wie oben dargelegt ein erhebliches Risiko wettbewerbswidriger Absprachen zwischen dem Kläger und der W.. Die Organe der Beklagten und ihrer Muttergesellschaft haben den Wettbewerb mit der W. in diesem Rahmen kartellrechtswidrig eingeschränkt. Dies entspricht auch den Feststellungen des gegen die Beklagte ergangenen Bußgeldbescheides vom 19.07.2013. Die Zweimarkenstrategie und die Art und Weise, wie sie durch die Organe der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Muttergesellschaft der Beklagten auf der Oberbautagung im November 2001 dem Kläger vermittelt wurde, hat das Risiko wettbewerbswidriger Abreden mit der W. noch erheblich erhöht. Der Kläger bewegte sich – wenngleich pflichtwidrig und schuldhaft, soweit man den Vortrag der Beklagten unterstellt - innerhalb dieser von der Beklagten geschaffenen Ausgangslage. Sein Verursachungsanteil an dem zu erwartenden Schaden ist allerdings als deutlich geringer anzusehen als der Tatanteil der Beklagten, die es als Arbeitgeberin durch ihre Organe in der Hand hatte, ihren Betrieb so zu organisieren, dass kartellrechtswidrige Absprachen in der Art, wie sie jahrelang flächendeckend praktiziert wurden, unterbleiben. Ferner überwiegt neben dem Verursachungsanteil auch das Verschulden der Geschäftsführer der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin über das Verschulden des Klägers. Hierbei ist zunächst festzustellen, dass der Abschluss der kartellrechtswidrigen Nebenabrede und die Exklusivität der Lieferbeziehung durch die Organe der Rechtsvorgängerin der Beklagten nach dem unstreitigen Vortrag mit Wissen und Wollen einer Wettbewerbsbeschränkung erfolgte. Gleiches muss gelten im Hinblick auf das Verhalten der Geschäftsführung auf der Oberbautagung 2001, in deren Rahmen die Botschaft vermittelt wurde, dass der Kläger zur W. nicht in Konkurrenz treten solle. Bei vorsätzlicher Schadenmitverursachung auf Seiten des Geschädigten steht diesem gegen den fahrlässig handelnden Schädiger regelmäßig kein Ersatzanspruch zu (BGH, 08.10.1991 – XI ZR 207/90, Rn. 26, juris; MüKo/Oetker, BGB, § 254 Rn. 112). In Bezug auf die nachfolgende Verletzung von Überwachungs- und Kontrollpflichten kann nach dem oben gesagten zumindest grobe Fahrlässigkeit des Geschäftsführers angenommen werden. Bei der Gesamtwürdigung des Verursachungsanteils und des Verschuldens der Organe der Beklagten scheidet eine Haftung des Klägers für ein pflichtwidriges, grob fahrlässiges Verhalten bei den von der Beklagten behaupteten Absprachen mit der W. über die Preise und die Zuteilung der genannten Projekte unter Beteiligung der W. wegen überwiegender Schadensverursachung aus.

IV. Aus den gleichen Gründen besteht keine Haftung des Klägers gemäß § 823 Abs. 2 i.V.m §§ 298 Abs. 1, 263 Abs. 1 StGB, § 1 GWB, § 826 BGB, §§ 830 Abs. 1, 840 BGB, §§ 426, 840 BGB, § 33 GWB, 426 BGB. Auch im Rahmen der deliktischen Haftung und im Innenverhältnis als Gesamtschuldner tritt ein etwaiger Tatanteil des Klägers gemäß § 254 Abs. 1 BGB sowohl im Hinblick auf Verursachung und Verschulden hinter dem Tatanteil der Beklagten zurück.

C) Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO der Beklagten aufzuerlegen.

D) Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht liegen nicht vor. Es ist weder über Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, noch liegt eine divergente, also abweichende Entscheidung der Kammer zu einer divergenzfähigen Entscheidung eines Divergenzgerichtes vor. Schließlich ist auch kein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ersichtlich, § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG.

 

 

 

 

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