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06.05.2013
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OLG München: Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH einer Publikums-KG

OLG München, Urteil vom 21.3.2013 - 23 U 3344/12

Aus den Gründen

I. Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche geltend, weil er als der ehemalige Notgeschäftsführer ihrer Komplementärin in pflichtwidriger Weise Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin gestellt haben soll.

Die Klägerin ist eine Publikums-KG, deren Komplementärin die B.   G.- und V. Beteiligungs GmbH ist. Der Beklagte wurde mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 11.01.2011 zum Notgeschäftsführer der Komplementärin der Klägerin bestellt und stellte am 31.03.2011 Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin wegen Zahlungsunfähigkeit bzw. drohender Zahlungsunfähigkeit. Nachdem durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 01.04.2011 das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet, ein Gutachten über die finanzielle Situation der Antragstellerin beauftragt und am 04.04.2011 ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt worden war, wurde der Beschluss, mit der der Beklagte zum Notgeschäftsführer der Komplementärin der Klägerin bestellt worden war, am 13.04.2011 aufgehoben und Herr Manuel M. zum Notgeschäftsführer bestellt. Auf Antrag der Klägerin wurden am 14.04.2011 die Beschlüsse des Insolvenzgerichts vom 01.04.2011 und 04.04.2011 aufgehoben.

Die Klägerin hat in erster Instanz Ersatz von Kosten, die für die vorläufige Insolvenzverwaltung sowie als Gerichtskosten angefallen sind, von Vorfälligkeitsentschädigungen für die laut Klägerin insolvenzbedingte Kündigung von Gesellschaftsdarlehen sowie von Rechtsverfolgungskosten verlangt und beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 28.213,74 Euro nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit dem 01.07.2011 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 26.946,01 Euro nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 26.601,98 Euro sowie fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 344,03 Euro seit dem 22.07.2011 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Stellung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 31.03.2011 bei dem AG München -Insolvenzgericht -AZ 1504 IN 1199/11 entstanden ist und noch entstehen wird.

4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.196,43 Euro nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit Klageerhebung zu zahlen.

5. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.196,43 Euro nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit Klageerhebung zu zahlen.

Hilfsweise hat die Klägerin zu Ziffer 2 beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, zum Ausgleich der Vorfälligkeitsentschädigungen der Sparkasse B. AG gegenüber der Klägerin an die Sparkasse B. AG, ..., 26.946,01 Euro nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 22.07.2011 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht, auf dessen Feststellungen gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, hat den Beklagten entsprechend der Anträge unter Ziffern 1 bis 3 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Dagegen wenden sich die Parteien mit ihren jeweiligen Berufungen.

Die Klägerin wendet sich gegen die Abweisung ihrer Anträge unter Ziffer 4 und 5. Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten seien als Teil des der Klägerin entstandenen Schadens zu ersetzen. Im Übrigen verteidigt die Klägerin das erstinstanzliche Urteil.

Die Klägerin als Berufungsklägerin beantragt:

Das Urteil des Landgerichts München I vom 13.07.2012 wird dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.196,43 Euro nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit Klageerhebung zu zahlen, sowie an die Klägerin weitere außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.196,43 nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit Klageerhebung zu zahlen.

Der Beklagte als Berufungsbeklagter beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Als Berufungskläger beantragt er:

1. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 13.07.2012 wird die Klage abgewiesen, hilfsweise, das Urteil des Landgerichts  München I vom 13.07.2012 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Landgericht München I zurückzuverweisen.

2. Die Revision zu der Frage wird zugelassen, ob es treuwidrig ist, wenn die Gesellschaft die Einberufung einer Gesellschafterversammlung dadurch vereitelt, dass dem Geschäftsführer die Namen der Treugeber nicht mitgeteilt werden.

3. Die Revision zu der Frage wird zugelassen, ob ein Geschäftsführer generell verpflichtet ist, vor der Stellung eines Insolvenzantrags wegen drohender Zahlungsunfähigkeit die Gesellschafterversammlung einzuberufen.

Die Klägerin als Berufungsbeklagte beantragt unter Aufrechterhaltung ihres Hilfsantrags zu

Ziffer 2 der Klage,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit die Klage abgewiesen wurde, und verfolgt mit seiner Berufung sein Begehren nach vollständiger Klageabweisung weiter. Im Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung habe eine Zahlungsunfähigkeit der Klägerin vorgelegen oder zumindest gedroht. Auf das bei der I. Bank unstreitig vorhandene Gesellschaftsguthaben in Höhe von rund 166.000 Euro habe er nicht zugreifen können, da dieses im Hinblick auf eventuelle Rückbuchungen zugunsten von Gesellschaftern, die ihre Einlagen über die I. Bank geleistet hatten, verpfändet gewesen sei. Für den Fall eines Zugriffs auf das Guthaben habe die I. Bank eine Beendigung der Geschäftsbeziehung -mit der Folge des Wegfalls künftiger Mittelzuflüsse aus Gesellschaftereinlagen -in Aussicht gestellt. Es sei ferner nicht möglich gewesen, einen Beschluss der Treugeberkommanditisten zur Insolvenzantragstellung wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einzuholen, weil deren Namen und Adressen dem Beklagten nicht bekannt gewesen seien und der Treuhandkommanditist, Herr Jan K., nicht bereit gewesen sei, sie ihm mitzuteilen. Seine an Herrn Manuel M. gerichtete Bitte nach den Zugangsdaten zu dem EDV-System, über das er sich die Daten der Gesellschafter habe beschaffen wollen, sei von jenem zurückgewiesen worden.

Die Klägerin hat der Sparkasse B. AG mit Schriftsatz vom 07.12.2012 (Bl. 161 f. d. A.) den Streit verkündet mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit aufseiten der Klägerin beizutreten. Mit Schriftsatz vom 21.012.2012 ist die Sparkasse B. AG dem Rechtsstreit aufseiten des Beklagten beigetreten (Streithelferin zu 1).

Die Nebenintervenientin beantragt,

die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils in Höhe von 26.601,98 Euro abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

den Beitritt der Streithelferin aufseiten des Beklagten zurückzuweisen.

Ein rechtliches Interesse der Streitverkündeten am Obsiegen des Beklagten sei nicht erkennbar.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Sitzung vom 31.01.2013 hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 05.02.2013 (Bl. 195 f d.A.) der E. L + C Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, M. den Streit verkündet mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit aufseiten des Beklagten beizutreten. Mit Schriftsatz vom 25.02.2013 hat die E. L + C Rechtsanwaltsgesellschaft mbH ihren Beitritt auf Seiten des Beklagten erklärt (Streithelferin zu 2) und die ordnungsgemäße Vertretung der Klägerin im hiesigen Verfahren bestritten. Am 07.03.2011 habe die Klägerin Beschlüsse zum Ausschluss der B.  G.- und V.  Beteiligungs GmbH als Komplementärin der Klägerin gefasst. Die E. L + C Rechtsanwaltsgesellschaft mbH habe im Auftrag der B. G.- und V. Beteiligungs GmbH mit Schreiben vom 14.03.2011 Nichtigkeitsklage bezüglich dieser Beschlüsse bei dem Landgericht München I erhoben. Unter der Annahme,  dass diese Klage nach Beendigung des Mandats der E. L + C Rechtsanwaltsgesellschaft mbH durch den neuen Prozessvertreter zurückgenommen wurde, sei davon auszugehen, dass der Ausschluss der Komplementärin der Klägerin wirksam geworden sei.

Ergänzend wird auf das Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013 (Bl. 186 - 190 d. A.) sowie die zwischen den Parteien bzw. den Streitverkündeten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. A. Nebeninterventionen der Streitverkündeten

1. Der Beitritt der Streithelferin zu 1) aufseiten des Beklagten ist eine zulässige Nebenintervention im Sinne von § 66 ZPO. Die Entscheidung hierüber gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann zusammen mit der über die Berufung ergehen (vgl. BGH v. 11.02.1982 -III ZR 184/80, NJW 1982, 2079). Ein Streitverkündeter kann statt dem Streitverkünder dessen Gegner als Nebenintervenient beitreten, muss aber im Falle des Widerspruchs des Verkünders gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein rechtliches Interesse am Beitritt auf der Gegenseite glaubhaft machen (OLG München v. 27.01.2011 -13 W 2806/10, zitiert nach Juris; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 74 Rn. 1). Das weit auszulegende (BGH v. 17.01.2006 -IX ZR 236/01, BGHZ 166, 18, 20) Tatbestandsmerkmal des rechtlichen -in Abgrenzung zu bloß wirtschaftlichen oder sonst tatsächlichen -Interesses im Sinne von § 66 ZPO ist dann erfüllt, wenn der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits sich mittelbar oder unmittelbar auswirkt (BGH v. 24.04.2006 -II ZB 16/05, NZG 2006, 545). Dies ist unter anderem dann anzunehmen, wenn das streitige Rechtsverhältnis vorgreiflich für das rechtliche Verhältnis des Nebenintervenienten zu einer Partei des Rechtsstreits ist, insbesondere wenn der Intervenient einen Regressanspruch behauptet oder befürchtet (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 66 Rn. 13). Die Nebenintervenientin hat entsprechend dieser Grundsätze glaubhaft gemacht, dass sie ein Interesse am Obsiegen des Beklagten hat, weil daraus folge, dass der Beklagte zu Recht einen Insolvenzantrag für die Klägerin gestellt habe und die Kündigung der Darlehen gegenüber der Klägerin sowie die Geltendmachung einer Vorfälligkeitsentschädigung damit ebenfalls zu Recht erfolgt sei.

2. Der Beitritt der Streithelferin zu 2) konnte auch nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung mit dem Ziel ihrer Wiedereröffnung wirksam erklärt werden (vgl. Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 66  Rn. 16). Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung besteht allerdings nicht (dazu unten unter B. 1).

B. Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Soweit das Landgericht den Beklagten verurteilt hat, ist dies nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat jedoch zu Unrecht die Klageanträge Ziffer 4 und 5 auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten abgewiesen. Die zulässige Berufung der Klägerin ist daher begründet.

1. Die Klägerin ist prozessfähig. Durchgreifende Zweifel an der gesetzlichen Vertretungsbefugnis der B. G.- und V.-Beteiligungs GmbH als im Handelsregister ausgewiesene Komplementärin der Klägerin bestehen nicht. Die Streithelferin zu 2) verweist zwar zu Recht darauf, dass die Frage der Prozessfähigkeit von Amts wegen in jedem Verfahrensstadium zu prüfen ist. Auch ist nach §§ 156 Abs. 2 Nr. 2, 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO die bereits geschlossene Verhandlung wieder zu eröffnen, wenn nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die die Prozessfähigkeit einer Partei in Frage stellen. Das Vorbringen der  Streithelferin zu 2) erfüllt diese Voraussetzungen jedoch nicht. Eine Wiedereröffnung der Verhandlung, auf die der Streithelfer keinen Anspruch hat (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 66 Rn. 16), ist nicht veranlasst.

Zum einen ist der Vortrag  zum angeblichen - von der Klägerin im hiesigen Verfahren bestrittenen - Ausschluss der B. G.- und V.-Beteiligungs GmbH als Komplementärin der Klägerin nicht schlüssig. Die Streithelferin zu 2) geht offenbar, wie durch die von ihr eingereichte Klage dokumentiert, von der Unwirksamkeit der angeblich gefassten Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung vom 07.03. 2011 aus, meint aber, diese seien aufgrund der Rücknahme der "Nichtigkeitsklage" wirksam geworden. Litten die Beschlüsse allerdings an einem Mangel, der zu ihrer Nichtigkeit führte, bliebe diese unabhängig von der Erhebung einer entsprechenden Feststellungsklage bestehen. Lediglich anfechtbare Beschlüsse gibt es bei Gesellschafterversammlungen von Personenhandelsgesellschaften grundsätzlich nicht,  auch ist die Geltendmachung der Nichtigkeit an keine Klagefrist gebunden (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl. § 119 Rz. 31 f).

Zum anderen hat die Streithelferin zu 2) die angebliche Beschlussfassung nicht hinreichend im Sinne von § 294 ZPO glaubhaft gemacht. Der pauschale Verweis auf das von ihr eingeleitete Verfahren vor dem Landgericht München I genügt insoweit nicht.

Schließlich kann die Nebenintervenientin mit ihren Vortrag nicht gehört werden, weil es im inhaltlichen Widerspruch zum Vorbringen der von ihr unterstützten Hauptpartei steht, § 67 ZPO. Der Beklagte hat nicht nur die Komplementärstellung der B. G.- und V.-Beteiligungs GmbH nicht bestritten. Er hat sich vielmehr selbst der Sache nach auf die Unwirksamkeit der - angeblichen - Beschlüsse vom 07.03.2011 und die entsprechende Nichtigkeitsklage berufen (vgl. z.B. Schriftsatz vom 10.01.2012, S. 2, Bl. 46 d.A.). Der Beklagte bringt vor, bei Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin zu deren Vertretung als Notgeschäftsführer der B. G.- und V.-Beteiligungs GmbH befugt gewesen zu sein. Dies wäre jedoch nicht der Fall, wenn die B. G.- und V.-Beteiligungs GmbH bereits am 07.03.2011 als Komplementärin der Klägerin ausgeschlossen worden wäre. Auch gegenüber den mit der Klägerin in Geschäftsverbindung stehenden Banken hat sich der Beklagte auf die Unwirksamkeit bzw. Anfechtung von Beschlüssen zum Austausch der Komplementärin der Klägerin berufen (vgl. z.B. Anlage B 7).

2. Die Klägerin ist selbst anspruchsberechtigt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob mit der gerichtlichen Bestellung des Beklagten als Notgeschäftsführer der Komplementärin der Klägerin, der B. G.- und V.-Beteiligungs GmbH, auch ein Anstellungsvertrag gemäß §§ 611, 675 BGB zwischen jener Komplementärin und dem Beklagten zustande gekommen ist (für das Zustandekommen eines Anstellungsvertrags mit der gerichtlichen Bestellung eines Notgeschäftsführers Trölitzsch, in: Oppenländer/Trölitzsch, GmbH-Geschäftsführung, 2. Aufl. 2011, § 11 Rn. 25). Ist dies der Fall gewesen, war die Klägerin im Hinblick auf eine Haftung des Geschäftsführers ihrer Komplementär-GmbH aus § 43 Abs. 2 GmbH in den Schutzbereich jenes Anstellungsvertrags einbezogen, da die wesentliche Aufgabe der B. G.- und V.-Beteiligungs GmbH darin bestand, die Geschäfte der Klägerin zu führen (vgl. BGH v. 24.03.1980 -II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 327, 337 f.; BGH v. 25.02.2002 -II ZR 236/00, GmbHR 2002, 588, 589).

Geht man hingegen davon aus, dass die gerichtliche Bestellung des Beklagten zum Notgeschäftsführer nicht auch ein Dienstverhältnis mit der Komplementär-GmbH begründete -wie es für gerichtlich bestellte GmbH-Liquidatoren (Haas, in: Baumbach/Hueck, 20. Aufl. 2013, § 66 Rn. 23) oder Vorstandsmitglieder bei Aktiengesellschaften (Thüsing, in: Fleischer [Hrsg.], Handbuch des Vorstandsrechts, 2006, § 4 Rn. 36) von der überwiegenden Ansicht angenommen wird -, ergäbe sich dennoch eine Haftung des Beklagten gegenüber der Klägerin aus § 43 Abs. 2 GmbHG, und zwar aufgrund der drittschützenden Wirkung der Organstellung als solcher (vgl. KG v. 24.02.2011 -19 U 83/10, GmbHR 2011, 477, 478 f.; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 1649 f.; Zöller/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 43 Rn. 66).

Denn die in Rede stehenden Geschäftsleiterpflichten des Beklagten, vermittels derer er in einer Sonderrechtsverbindung zur B. G.- und V.-Beteiligungs GmbH und kraft ihrer Komplementärsstellung mittelbar auch zur Klägerin stand, sind nicht von der Wirksamkeit eines Dienstvertrags, sondern allein von der Organstellung des Beklagten abhängig (vgl. auch BGH v. 25.02.2002 -II ZR 236/00, GmbHR 2002, 588, 589: Einbeziehung in den Schutzbereich des „Organ- und Anstellungsverhältnisses"). Die Geltendmachung der Ansprüche der Klägerin ist nicht von einem Gesellschafterbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG abhängig. Denn es handelt sich nicht um Ansprüche der Komplementär-GmbH, sondern um solche der Kommanditgesellschaft. Für diese besteht keine dem § 46 Nr. 8 GmbHG entsprechende Vorschrift (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.1980, II ZR 213/77, Juris Tz. 31, 33).

3. a.) Der Beklagte haftet der Beklagten auf Schadensersatz nach § 43 Abs. 2 GmbHG. Der Beklagte hat schuldhaft seine Geschäftsleiterpflichten verletzt, indem er für die Klägerin einen Insolvenzantrag stellte, ohne dass eine Antragspflicht oder auch nur ein Antragsrecht bestand.

Die Klägerin hatte darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass ihr durch ein in den Pflichtenkreis des Beklagten fallendes, möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Beklagten ein Schaden entstanden ist; der Beklagte hingegen hat darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten als Geschäftsführer nachgekommen ist, ihn kein Verschulden trifft oder der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre (vgl. BGH v. 04.11.2002 -II ZR 224/00, BGHZ 152, 280 f.; BGH v. 22.06.2009 -II ZR 143/08, NJW 2009, 2598; Uwe H. Schneider, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, § 43 Rn. 234 ff.). Handelte es sich um eine unternehmerische Entscheidung, wird der Geschäftsführer mit der sogenannten Business Judgement Rule insofern privilegiert, als er lediglich darzutun und gegebenenfalls zu beweisen hat, dass die Entscheidung auf einer sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlage sowie ausreichender Information beruhte und er vernünftigerweise annehmen durfte, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (BGH v. 04.11.2002 -II ZR 224/00, BGHZ 152, 280 ff.; BGH v. 14.07.2008 -II ZR 202/07, GmbHR 2008, 1033).

b.) Unstreitig hat der Beklagte Insolvenzantrag für die Klägerin wegen Zahlungsunfähigkeit bzw. drohender Zahlungsunfähigkeit gestellt. Ebenfalls unstreitig ist es aufgrund der zeitnahen Rücknahme des Insolvenzantrags zu einer Verfahrenseröffnung nicht gekommen und ist bis heute kein Insolvenzverfahren über die Klägerin eröffnet worden, was es zumindest als möglich erscheinen lässt, dass der Beklagte seinerzeit die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns im Sinne von § 43 Abs. 1 GmbHG vermissen ließ.

c.) Der Beklagte hat die Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns im Sinne von § 43 Abs. 1 GmbHG nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt. Eine Erleichterung seiner Darlegungslast im Sinne der Business Judgement Rule kommt nicht in Betracht, denn die Beantragung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist keine unternehmerische Entscheidung. Sie dient -im Falle der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit -entweder der Erfüllung einer zwingenden gesetzlichen Pflicht gemäß § 15a InsO oder stellt -im Falle der drohenden Zahlungsunfähigkeit -ein gesellschaftsrechtliches Grundlagengeschäft im Verantwortungsbereich der Gesellschafter dar (zur Ausnahme von gesetzes- oder satzungswidrigen Handlungen aus der Business Judgment Rule des AktG vgl. Begr. RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; Uwe H. Schneider, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, § 43 Rn. 56).

Der Beklagte beruft sich - jedenfalls in der Berufungsinstanz (Sitzungsniederschrift vom 31.01.2013, S. 3) - nicht darauf, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Antragstellung  überschuldet im Sinne von § 19 InsO gewesen sei, sodass sich keine Antragspflicht aus § 15a Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO ergab.

Eine Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 17 InsO mit der sich daran anknüpfenden Antragspflicht nach § 15a Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO hat der Beklagte nicht schlüssig dargelegt. Zahlungsunfähig im Sinne von § 17 InsO ist, wer innerhalb von drei Wochen zehn Prozent oder mehr seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten nicht bedienen kann (BGH v. 24.05.2005 -IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134; BGH v. 08.10.2009 -IX ZR 173/07, NZI 2009, 847). Unstreitig verfügte die Beklagte im Zeitpunkt der Antragstellung noch über erhebliche liquide Mittel in Form von Kontenguthaben bei verschiedenen Banken in Höhe von rund 285.000 Euro. Unschlüssig ist insbesondere der Vortrag im Hinblick auf die angebliche Nichtverfügbarkeit des Guthabens von rund 166.000 Euro bei der I. Bank. Aus Nr. 4 des als Anlage B 9 vorgelegten Vertrags mit der I. Bank ergibt sich zwar eine -im Verhältnis zu Banken regelmäßig ohnehin in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte (vgl. Nr. 21 AGB-Banken) -Verpfändung zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche der Bank gegenüber der Klägerin. Aus Nr. 7 desselben Vertrags ergibt sich allerdings auch der Freigabeanspruch der Klägerin für den Fall, dass der Wert der Sicherheit 110 Prozent der gesicherten Ansprüche der Bank nicht nur vorübergehend überschreitet. Dazu, welche konkreten Ansprüche der Freigabe des Guthabens, deren Geltendmachung im Verantwortungsbereich des Beklagten als Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin lag, entgegenstanden, hat dieser nicht substantiiert vorgetragen bzw. Beweis angeboten. Der pauschale Vortrag, die Bank habe das gesamte Guthaben als Sicherheit für eventuelle Rücklastschriften zugunsten von Treugeberkommanditisten, deren Einlagen über das Konto bei der I. Bank eingezogen wurden, reklamiert, genügt nicht. Es ist bereits nicht dargelegt worden, warum entsprechende Rücklastschriften zu befürchten gewesen sein sollen. Zudem können Rücklastschriften nur bis sechs Wochen nach Rechnungsabschluss (Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken) veranlasst werden. Die - angebliche - Haltung der I. Bank, die Verpfändung des Kontos sei Voraussetzung für die Geschäftsbeziehung, ist für die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit ohne relevante Bedeutung.

Der Beklagte hat - bis auf die Vorlage der Liquiditätsprognose, Anlage B 13 - nicht dargelegt, welche konkreten fälligen Verbindlichkeiten in welcher Höhe diesen liquiden Mitteln gegenüberstanden; eine Deckungslücke von mindestens zehn Prozent ist damit nicht schlüssig vorgetragen worden. Insbesondere kann von seiner Behauptung, die Gesellschaft habe über Jahre hinweg lediglich Verluste gemacht, angesichts der unstreitig vorhandenen liquiden Mittel nicht auf eine Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden.

Aus denselben Gründen ist auch keine drohende Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 18 Abs. 2 InsO mit dem daraus sich ergebenen Antragsrecht nach § 18 Abs. 1 InsO schlüssig dargelegt worden. Dazu hätte vorgetragen werden müssen, dass und warum im Zeitpunkt der Antragstellung davon auszugehen war, dass eine Zahlungsunfähigkeit voraussichtlich eintreten werde. „Voraussichtlich" im Sinne von § 18 Abs. 2 InsO wird herrschend als „überwiegend wahrscheinlich" interpretiert (Bußhardt, in: Braun, InsO, 5. Aufl. 2012, § 18 Rn. 4; Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, 24. El. 2012, § 18 Rn. 23; Uhlenbruck, in: Uhlenbruck [Hrsg.], InsO, 13. Aufl. 2010, § 18 Rn. 11). Erforderlich ist eine Prognose, bei der den künftig verfügbaren liquiden Mitteln die künftig fällig werdenden Verbindlichkeiten gegenüberzustellen sind, wobei der Prognosezeitraum durch das späteste Fälligkeitsdatum der im Prognosezeitpunkt bereits bestehenden Verbindlichkeiten begrenzt wird (OLG Hamm vom 13.04.2010 -27 U 133/09, ZInsO 2010, 1004; Bußhardt, in: Braun, InsO, 5. Aufl. 2012, § 18 Rn. 7). Die von dem Beklagten vorgelegte Aufstellung der Forderungen, die seiner Behauptung nach im Verlauf des Sommers 2011 durch die Klägerin zu bedienen waren, lassen den Schluss auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit indes nicht zu. Insbesondere sind, wie bereits der Wortlaut von § 18 Abs. 2 InsO verdeutlicht (vgl. zudem OLG Hamm vom 13.04.2010 -27 U 133/09, ZInsO 2010, 1004), noch nicht entstandene Forderungen nicht zu berücksichtigen, weshalb die von dem Beklagten in seine Zahlungsfähigkeitsprognose eingestellten Beträge für die Abschlussprüfung in den Monaten April, Mai und Juni 2011 -ungeachtet der fehlenden Darlegung, weshalb sie die behauptete Höhe von insgesamt 115.000 Euro erreichen sollten -außer Acht zu lassen sind.

Selbst wenn man im Hinblick auf die Schwierigkeit der konkreten Anwendung des Tatbestands der drohenden Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 18 InsO einen Beurteilungs- bzw. Ermessensspielraum nach Vorbild der Business Judgment Rule zugesteht (dafür Thole, ZHR 173 [2009], 504, 521 ff.; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 43 Rn. 23c), hat der Beklagte entsprechend der dann erleichterten Darlegungs- und Beweislast eine hinreichende Informationsgrundlage und Abschätzung der Risiken seiner Entscheidung nicht substantiiert dargelegt. Seine Darlegungen zur grundsätzlichen finanziellen und wirtschaftlichen Schieflage der Gesellschaft, die nach Ansicht des Beklagten für eine drohende Zahlungsunfähigkeit sprachen (Bl. 81 ff, 172 f. d. A.; Anlage B 13), sind nicht schlüssig: Sie beziehen sich allesamt auf die Fortführungsprognose im Sinne des Überschuldungstatbestands in § 19 InsO, der neben der rechnerisch-bilanziellen Überschuldung in der Tat eine negative Fortführungsprognose voraussetzt. Der Tatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit dagegen bezieht sich nicht auf bilanzielle Größen in Verbindung mit einer Fortführungsprognose, sondern erfordert eine Liquiditätsprognose. Der Beklagte hat jedoch weder den tatsächlichen Bestand der Gesellschaftsverbindlichkeiten im Antragszeitpunkt noch deren Fälligkeitstermine und damit auch nicht dargelegt, dass und inwiefern die Verbindlichkeiten der Gesellschaft ihre verfügbare Liquidität im Prognosezeitraum übersteigen würden. Auch mit der pauschalen Berufung auf das Zeugnis von Insolvenzrechtsspezialisten der Kanzlei E., der Herren H. und S., genügt der Beklagte seiner Darlegungslast nicht, denn Tatsachen, anhand derer sich eine Zahlungsunfähigkeitsprognose nachvollziehen ließe, sind damit nicht beigebracht worden.

4. Selbst wenn jedoch im Zeitpunkt der Insolvenzantragsstellung von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit auszugehen gewesen sein sollte, hätte der Beklagte mit der Antragsstellung ohne Einholung eines zustimmenden Beschlusses der Gesellschafter der Klägerin seine Geschäftsleiterpflichten verletzt. Nach herrschender Meinung in der Literatur darf ein Geschäftsführer nämlich gegen den Willen der Gesellschafter keinen Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit stellen (für die GmbH: Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 60 Rn. 29, § 64 Rn. 161; Leinekugel/Skauradszun, GmbHR 2011, 1121, 1123 ff.; Tetzlaff, ZInsO 2008, 137, 139; für die AG: Wortberg, ZInsO 2004, 707, 708). Ein solcher Gesellschafterbeschluss ist zwar im Außenverhältnis keine Voraussetzung der Antragstellung oder Verfahrenseröffnung. Im Innenverhältnis einer von Zahlungsunfähigkeit bedrohten Gesellschaft ist das antragsberechtigte Organ jedoch zur Einholung eines entsprechenden Beschlusses verpflichtet, da es sich nicht um eine Geschäftsführungsmaßnahme, sondern um ein den Gesellschaftszweck änderndes -mit Verfahrenseröffnung endet die werbende Tätigkeit der Gesellschaft (Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl. 2012, § 131 Rn. 29) -Grundlagengeschäft handelt (so für die GmbH auch Leinekugel/Skauradszun, GmbHR 2011, 1121, 1124 f.). Die drohende Zahlungsunfähigkeit löst keine -ohne schuldhaftes Zögern zu erfüllende (§ 15a Abs. 1 InsO) -Insolvenzantragspflicht aus, sondern berechtigt die Gesellschaft lediglich zur Antragstellung und das Insolvenzgericht zur Verfahrenseröffnung (§ 18 Abs. 2 InsO). Dementsprechend droht dem antragsberechtigten Organ keine Haftung wegen Insolvenzverschleppung (Bußhardt, in: Braun, InsO, 5. Aufl. 2012, § 18 Rn. 4; H.-F. Müller, in: Jaeger, InsO, 2004, § 18 Rn. 3). In den Vordergrund treten damit die Interessen der Gesellschafter als wirtschaftliche Eigentümer des Gesellschaftsunternehmens. Aus deren Sicht gleicht eine Insolvenzverfahrenseröffnung letztlich einer Auflösung der Gesellschaft, über die nach der gesellschaftsrechtlichen Zuständigkeitsordnung allerdings gerade nicht der Komplementär allein entscheidet, sondern die Gesellschafter durch Beschluss (§§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 1 Nr. 1 HGB). Darüber hinaus haben die Gesellschafter, wenn sie sich aufgrund einer abzeichnenden finanziellen Schieflage der Gesellschaft für eine Beendigung der geschäftlichen Aktivitäten entscheiden, ein Interesse an einer geregelten, unter alleiniger Hoheit der Gesellschaft -nicht eines Insolvenzgerichts oder eines Insolvenzverwalters -stattfindenden Liquidation gemäß §§ 161 Abs. 2, 145 ff. HGB.

Ein Beschluss der Gesellschafter der Klägerin über den Insolvenzantrag wurde unstreitig nicht gefasst. Der Beklagte behauptet, die Einholung eines solchen Beschlusses sei nicht möglich gewesen. Dieser Vortrag kann ihn allerdings nicht entlasten, denn unstreitig war jedenfalls der Treuhandkommanditist, Herr Jan K., für den Beklagten erreichbar. Der Treuhandkommanditist Köster war -unabhängig von der Frage der internen Pflichtenbindung gegenüber seinen Treugebern -gesellschaftsrechtlich vollwertiger Gesellschafter der Klägerin, verfügte dementsprechend über vollwertige Kommanditistenrechte und hätte somit über die Insolvenzantragsstellung wegen drohender Zahlungsunfähigkeit selbst mitbeschließen können und -aus Sicht des Beklagten -müssen. Die Erreichbarkeit oder Nichterreichbarkeit der Treugeber änderte nichts daran, dass zur Beschlussfassung der Treuhandkommanditist selbst berufen war, der Insolvenzantragsstellung aber unstreitig nicht zugestimmt hat. Schließlich vermag auch eine vorderhand gegebene Unerreichbarkeit von -unmittelbaren wie mittelbaren -Gesellschaftern nach dem zur Notwendigkeit eines Beschlusses über die Insolvenzantragsstellung wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Ausgeführten jenen Beschluss nicht zu ersetzen, denn an der Interessenlage hinsichtlich der Disposition über das Schicksal der Gesellschaft ändert dieser Umstand nichts. Kann der Geschäftsführer die Zustimmung der Gesellschafter nicht einholen, ist er im Innenverhältnis nicht berechtigt einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit zu stellen.

Im Übrigen ist der Vortrag des Beklagten zur Information der Gesellschafter über die Insolvenzantragsstellung bereits in sich nicht widerspruchsfrei. Der Beklagte behauptet zum einen, die Namen und Adressen der Gesellschafter seien ihm nicht bekannt gewesen und der Treuhandkommanditist Jan Köster sei nicht bereit gewesen, sie ihm mitzuteilen. Zum anderen behauptet er, seine Bemühungen zur Erlangung der Gesellschafterdaten habe in einer E-Mail an Herrn M. mit der Bitte um Übermittlung der Zugangsdaten zum EDV-System der Klägerin -ohne ausdrückliche Bitte nach den Gesellschafternamen und -adressen -bestanden, die abgelehnt worden sei.

5. Der Beklagte handelte auch schuldhaft. Er hat nicht -was ihm oblag (BGH v. 09.06.1980 -II ZR 187/79, GmbHR 1980, 298) -dargelegt, dass er die Einhaltung der ihm obliegenden objektiven Geschäftsleiterpflichten unverschuldet versäumt hat.

6. Die vom Landgericht zugesprochenen Schadenspositionen sind adäquat-kausale Folge der Pflichtverletzung des Beklagten. Ausgangspunkt der Ermittlung des Schadens im Sinne der

§§ 249 ff. BGB ist die Differenzhypothese, also ein Vergleich des tatsächlichen Vermögensstands der Gesellschaft mit dem, der sich ohne die pflichtwidrige Handlung eingestellt hätte (vgl. KG v. 24.02.2011 -19 U 83/10, GmbHR 2011, 477, 478 f.; Zöllner/Noack, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 43 Rn. 15).

a.) Der Beklagte hat der Klägerin die an den Insolvenzverwalter geleistete Vergütung in Höhe von 24.082,39 Euro zu ersetzen. Der Beklagte kann insoweit nicht mit dem Einwand gehört werden, die Abrechnung des Insolvenzverwalters sei übersetzt gewesen. Ein Verstoß der Klägerin gegen ihre Schadensminderungspflicht, § 254 Abs. 2 BGB, ist nicht ersichtlich. Unstreitig hatte der ehemalige vorläufige Insolvenzverwalter zunächst einen Betrag von 47.547,26 Euro brutto als Vergütung geltend gemacht. Hiergegen erhob die Klägerin über ihren anwaltlichen Vertreter Einwendungen dahingehend, dass ein Vergütungsanspruch lediglich in Höhe von 24.082,39 Euro bestehe. Diesen Betrag durfte die Klägerin nach entsprechender Rechnungstellung durch den Insolvenzverwalter ohne Verstoß gegen ihre Pflicht zur Schadensminderung leisten. Sie war nicht verpflichtet, die Zahlung zu verweigern und einen Rechtsstreit mit dem Insolvenzverwalter mit ungewissem Ausgang zu riskieren. Zwar kann die Schadensabwendungs- und im Einzelfall dem Geschädigten den Gebrauch von Rechtsmitteln gebieten. Voraussetzung ist aber, dass die in Betracht kommende Maßnahme Aussicht auf Erfolg verspricht und ihr nicht im Einzelfall Gesichtspunkte der Zumutbarkeit entgegenstehen (BGH NJW-RR 1991, S. 1458; BGH NJW 1993, S. 522, 524). Vorliegend bestand kein Zweifel daran, dass dem Insolvenzverwalter dem Grunde nach Vergütungsansprüche zustanden. Die Höhe der Ansprüche richtete sich nach dem Schätzwert der Masse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2012, IX ZB 230/10 juris Tz. 8), wobei insbesondere die Bewertung der im Eigentum der Klägerin stehenden Immobilie in Oldenburg von Bedeutung war. Der Buchwert des Vermögensgegenstandes ist dabei - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht entscheidend, sondern der zu erwartende Realisierungswert (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2005, IX ZB 256/04, juris Tz. 32, 38). Der Beklagte legt im Übrigen weder konkret dar, in welcher Höhe die Forderung des Insolvenzverwalters übersetzt gewesen sein soll, noch genügt sein Vortrag um feststellen zu können, inwieweit eine Überhöhung für die Klägerin eindeutig ersichtlich gewesen sein müsste. Vor diesem Hintergrund kann nicht von der Zumutbarkeit einer weitergehenden Verweigerung der Erfüllung der vom Insolvenzverwalter geltend gemachten Ansprüche ausgegangen werden. Die der Klägerin aufgrund der Auseinandersetzung mit dem Insolvenzverwalter - gerade zur Schadensminderung - enstandenen und der Höhe nach unstreitigen Rechtsanwaltskosten von 4.131,44 Euro sind von dem Beklagten ebenfalls zu ersetzen.

b.) Die Kosten des Insolvenzverfahrens in Höhe von 344,03 Euro sind ohne Zweifel auf die Pflichtverletzung des Beklagten zurückzuführen.

c.) Das Landgericht hat den Beklagten auch zu Recht zur Erstattung der von der Sparkasse Bremen gegenüber der Klägerin geltend gemachten Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 26.601,98 Euro verurteilt.

Der Senat ist davon überzeugt, dass die Kündigung der Darlehen mit den Nummern ...46, ...52 sowie ...13 durch die Nebenintervenientin, der Sparkasse B., am 08.04.2011 adäquat-kausale Folge der Insolvenzantragsstellung durch den Beklagten war. Die Nebenintervenientin hat hinsichtlich ihres Kündigungsrechts auf Nr. 26 Abs. 2 ihrer AGB verwiesen, die im Falle der wesentlichen Verschlechterung oder erheblichen Gefährdung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers zur Darlehenskündigung aus wichtigem Grund berechtigt. Die Nebenintervenientin beruft sich in ihrem Kündigungsschreiben vom 08.04.2011 ausdrücklich darauf, dass die Stellung eines Insolvenzantrags zur Kündigung gemäß ihrer AGB berechtige (Anlage SH 2). Nach Auffassung des Senats war diese Kündigung auch berechtigt, ohne dass es auf das tatsächliche Vorliegen von Insolvenzgründen ankäme. Deren Bestehen zu überprüfen kann grundsätzlich nicht Aufgabe der kreditgebenden Bank sein. Etwas anderes könnte allenfalls gelten, wenn der Bank das Fehlen von Insolvenzgründen positiv bekannt war oder sich eine entsprechende Erkenntnis aufdrängen musste. Dafür spricht vorliegend jedoch nichts. Jedenfalls gab es für die Klägerin keine offenkundigen Anhaltspunkte, um an der Wirksamkeit der Kündigung zu zweifeln, so dass sie sich nicht gegen die Geltendmachung der Vorfälligkeitsentschädigung wenden musste.

Dass die Nebenintervenientin ferner vorträgt, infolge von Mitteilungen des Beklagten an sie im März 2011 auch ohne den späteren Insolvenzantrag zur Kündigung berechtigt gewesen zu sein, entlastet den Beklagten nicht. Denn die Darlehen wurden nachweislich erst nach Stellung des Insolvenzantrags sowie unter Berufung auf diesen -und gerade noch nicht im März 2011 -gekündigt. Außerdem war die Mitteilung, dass der Beklagte beabsichtige, einen Insolvenzantrag für die Klägerin zu stellen, ebenso pflichtwidrig wie die spätere Antragstellung selbst. Dass schließlich allein die Unterrichtung  über Streitigkeiten zwischen der Klägerin und der B. G.- und V.-Beteiligungs GmbH über deren Vertretungsbefugnis die Nebenintervenientin, wie diese meint, zur Kündigung berechtigt haben soll, erschließt sich dem Senat nicht. Die Nebenintervenientin legt auch nicht näher da, wie sich ein derartiges Kündigungsrecht aus ihren AGB ableiten lassen soll. Schließlich ist auch nicht ersichtlich oder unter Beweis gestellt, dass die Nebenintervenientin tatsächlich eine Kündigung der Darlehen auf diesen Grund gestützt hätte. Der tatsächliche Geschehensablauf spricht dagegen.

Nach den von der Klägerin nach Hinweis des Senats im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen (Anlagen K 22 bis K 24) steht zur Überzeugung des Senats - wie bereits vom Landgericht angenommen -  überdies fest, dass die Vorfälligkeitsentschädigungen auch tatsächlich durch die Klägerin an die Nebenintervenientin gezahlt wurden.

d.) Entgegen der Ansicht des Landgerichts sind schließlich auch die von der Klägerin in Ziffer 4 und 5 der Klage geltend gemachten, zur Rechtsverfolgung hinsichtlich der streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche aufgewandten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf Grundlage des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nach § 249 BGB zu ersetzen. Kosten, die im Zuge der Geltendmachung und Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs verursacht werden, sind im Wege der Naturalrestitution ersatzfähig (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 249 Rn. 56). Rechtsanwaltskosten sind zu ersetzen, wenn und soweit die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war (BGH v. 23.10.2003 -IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446; BGH v. 10.01.2006 -VI ZR 43/05, NJW 2006, 1065). Bei der Inanspruchnahme des Beklagten handelt es sich nicht um einen einfach gelagerten Schadensfall, dessen Regulierung der Klägerin ohne die Zuziehung eines Rechtsanwalts zugemutet werden konnte.

7. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

C. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97, 101 Abs. 1 Hs 2, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2 i.V.m. 709 Satz 2, 543 Abs. 2 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die der Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsfragen sind geklärt. Es handelt sich lediglich um Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall.

 

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