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07.10.2013
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Haftung und Aufsicht
OLG Schleswig-Holstein: Voraussetzungen einer Deliktshaftung des Vorstandes einer Anlagevermittlungsgesellschaft

1. Nicht alle Normen des WpHG sind als Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB anzusehen. Ein Bedürfnis, auch unmittelbar von den Organen eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens oder seinen Angestellten Schadenersatz verlangen zu können, ist nicht anzuerkennen, weil die Aufsichtsbehörden, die Bußgeldtatbestände des WpHG und die vertraglichen Schadenersatzpflichten des Wertpapierdienstleistungsunternehmen für einen effektiven Schutz der Anleger sorgen. (Rn.37)

2. Der Vorstand einer Anlagevermittlungsgesellschaft haftet, wenn er bei riskanten Geschäften die Kunden bewusst über Risiken und verminderte Gewinnchancen ungenügend aufklärt bzw. diese bewusst verharmlost hat. (Rn.41) Hinsichtlich der allgemein notwendigen organisatorischen Vorkehrungen zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Beratung trifft den Vorstand zunächst die sekundäre Darlegungslast. (Rn.42)

3. Eine obligatorische Risikoaufklärung der Kunden in Schriftform ist erst mit § 31 Abs. 3 Satz 4, Abs. 3a WpHG durch das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz vom 5. April 2011 in das Gesetz aufgenommen worden. (Rn.45) Es hätte die Anforderungen an einen telefonischen Vertrieb von Vermögensanlagen und die Möglichkeit telefonischer Order überspannt, wenn grundsätzlich nur eine rechtzeitige Aufklärung des Kunden in Schriftform zulässig gewesen wäre. (Rn.47)

4. Die Regelung in § 31d Abs. 1 und Abs. 3 WpHG n. F. erlaubt dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen, den Kunden lediglich eine Zusammenfassung der wesentlichen Bestandteile der Zuwendungsvereinbarungen vorzulegen, wenn zugleich die Offenlegung weiterer Einzelheiten angeboten und gewährt wird. Es reicht deshalb aus, den Kunden in allgemeiner Art die Quellen der Zuwendungen zu nennen und deren Höhe in einer gewissen Bandbreite mitzuteilen. (Rn.56)

5. Ob eine Extraaufklärung beim Erwerb Wertpapieren über die fehlende Teilnahme an der Einlagensicherung erforderlich ist, hängt vom Anlageprofil und dem Anlageziel des Kunden ab. Wenn der Anleger bereits umfassend, z. B. über ein Totalverlustrisiko aufgeklärt worden ist, ist eine gesonderte Aufklärung über den fehlenden Schutz durch den Einlagensicherungsfonds nicht mehr erforderlich, weil der Hinweis auf ein Totalverlustrisiko denklogisch bereits die Information eines fehlenden anderweitigen Sicherungsmechanismus beinhaltet. (Rn.61)

OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.5.2013 – 5 U 140/12

                                                 

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