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06.05.2016
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Corporate Compliance
Deutsche Compliance Konferenz 2016: Nachbericht zur Konferenz am 28./29.4.2016 im Hotel Scandic Potsdamer Platz, Berlin

Zum dritten Mal fand unter dem Motto „Compliance der Zukunft“ vom 28.-29.4.2016 in Berlin die von der dfv Mediengruppe veranstaltete „Deutsche Compliance Konferenz“ statt. Die von Prof. Dr. Martin Schulz moderierte Konferenz zeichnete sich erneut durch praxisnahe und abwechslungsreiche Compliance-Themen aus, welche für rege Diskussionen unter Teilnehmern und Referenten sorgten. Auch in diesem Jahr wurde das Konferenzprogramm durch eine Parlamentarische Runde sowie die Verleihung des Deutschen Compliance Preises abgerundet.

In seinem in die Konferenz einführenden Vortrag zeigte Tagungsleiter Prof. Dr. Martin Schulz (German Graduate School of Management & Law, GGS) zunächst Herausforderungen und Chancen von Compliance Management im Mittelstand auf.

 

Themenblock: Risikoanalyse für Exportweltmeister

Den Themenblock Risikoanalyse eröffnete sodann Prof. Dr. Hans-Michael Wolffgang (Westfälische Wilhelms-Universität Münster), dessen Vortrag sich mit Exportkontrollen und Sanktionen in der Praxis auseinandersetzte (vgl. hierzu auch den Beitrag von Wolffgang/Witte in CB 2015, 138). In diesem Rahmen verwies Wolffgang auf die zahlreichen nationalen und internationalen Rechtsgrundlagen, die deutsche Unternehmen bei der Umsetzung der Exportkontrolle zu berücksichtigen hätten. Als besonders große Herausforderung in der Praxis erwiesen sich mitunter die korrekte Einordnung des Verwendungszwecks von Dual-Use-Gütern sowie die Einhaltung der sich permanent ändernden Embargolisten. Grundsätzlich würden Unternehmen aufgrund der gestiegenen Herausforderungen nicht mehr ohne Export-Verantwortlichen auskommen.

Gegenstand des nachfolgenden Vortrages von Barbara Scharrer (GSK Stockmann + Kollegen) war die Einhaltung von Compliance in China. Aus Basis von wissenschaftlichen Untersuchungen formulierte Scharrer unterschiedliche Thesen, an denen sich deutsche Unternehmen bei der Berührung mit chinesischen Geschäftspartnern orientieren könnten. Demnach sei Compliance in China zunächst ein weniger rechtliches oder operatives Thema, sondern vor allem eine strategische Herausforderung für deutsche Unternehmen. So müsste in einem ersten Schritt erst das Geschäftsmodell geprüft und ggf. angepasst werden, ehe in einem nächsten Schritt die klassische Risikoanalyse erfolgen könne. Ferner thematisierte Scharrer die Wichtigkeit der Guanxi-Netzwerke, indem sie betonte, dass chinesische Mitarbeiter im Gegensatz zu westlich geprägten Mitarbeitern kulturhistorisch nicht „rules-oriented“, sondern vielmehr „relationship-oriented“ seien. Letztlich seien rechtssichere Geschäfte in China zwar schwierig zu realisieren, aber durchaus möglich. Die Unternehmen müssten jedoch auch lernen, „nein zu sagen“ und auf riskante Geschäfte im Zweifel zu verzichten.

 

Themenblock: Compliance Management

Inwieweit ein Risikomanagement nach ISO 19600 zur Senkung des Aufwands für die Erfüllung der Legalitätspflicht beitragen kann, war Gegenstand des Vortrages von Dr. Manfred Rack (Rack Rechtsanwälte) im Themenblock Compliance Management. In diesem Rahmen analysierte er, wie Unternehmen durch Digitalisierung unter Einhaltung der Legalitätspflicht und steigender Rechtssicherheit 68 % des Compliance-Aufwands einsparen könnten und Compliance somit erschwinglich werde (vgl. hierzu auch die Beiträge von Rack in CB 2016, 16 u. 58).

Der folgende Vortrag von Prof. Dr. Peter Fissenewert (hww hermann wienberg wilhelm Rechtsanwälte) widmete sich dem Thema Compliance im Mittelstand nach der Einführung von ISO 19600. Bei diesem internationalen Standard stünden Risikomanagement, Unternehmenskultur sowie Flexibilität im Vordergrund, weshalb er sich besonders gut für die Bedürfnisse des Mittelstands eigne (vgl. hierzu auch den Beitrag von Fissenewert in CB 2016, 89). In der anschließenden Panelrunde führte Dr. Karl-Heinz Withus (KPMG AG) aus, dass es sich bei ISO 19600 grundsätzlich um ein sehr gutes Rahmenwerk handele. Insbesondere die Tatsache, dass man hierbei international das gleiche Vokabular verwende und somit „über das gleiche redet“, biete Vorteile. Da man auch alle sieben Grundelemente des nationalen Standards IDW PS 980 in diesen internationalen Standard eingruppieren könne, bestehe auch kein Widerspruch zum IDW PS 980 – beide Standards ergänzten sich vielmehr.


Themenblock: Haftung und Aufsicht

Der Themenblock Haftung und Aufsicht wurde von Jörg Bielefeld (Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH) eröffnet. In seinem Vortrag zeigte er die Auswirkungen der Ende 2015 in Kraft getretenen Reform des Korruptionsstrafrechts sowie des Mitte April 2016 beschlossenen Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen auf.
Der anschließende Vortrag von Dr. Dirk Scherp (Gleiss Lutz) befasste sich mit den Neuerungen durch die 4. EU-Geldwäsche-Richtlinie und stellte Umsetzungsstrategien für betroffene Unternehmen vor.
Im letzten Vortrag des ersten Konferenztages gaben Prof. Dr. Daniela Seeliger (Linklaters LLP) sowie Dr. Oliver Mross (Hella KGaA Hueck & Co.) einen Überblick über wesentliche aktuelle Entwicklungen aus Gesetzgebung und Rechtsprechung auf dem Gebiet des Kartellrechts. Hierbei gingen die Referenten u. a. auf das Dauerthema Informationsaustausch sowie die Besonderheiten bei parallelen Durchsuchungen von Bundeskartellamt und Staatsanwaltschaft ein.

 

Parlamentarische Runde und Verleihung des Deutschen Compliance Preises 2016

Am Abend des ersten Konferenztages wurde in feierlicher Atmosphäre der Deutsche Compliance Preis 2016 verliehen. Eine hochkarätig besetzte Jury mit Vertretern aus Forschung, Verbänden und Praxis hatte über die Vergabe der Preise entschieden. Zu den diesjährigen Preisträgern gehörten die DuPont de Nemours (Deutschland) GmbH, Werk Neu-Isenburg, Jones Lang LaSalle Deutschland GmbH sowie das Universitätsklinikum Frankfurt.
DuPont de Nemours überzeugte die Jury mit einem umfangreichen und werteorientierten Compliance-System. Jones Lang LaSalle punktete wiederum insbesondere durch eine starke Verankerung von Compliance in der Organisation sowie durch die Etablierung einer positiven Compliance-Kultur. Das Universitätsklinikum Frankfurt schließlich könne in puncto Compliance als ein Pionier der Branche angesehen werden.

Weitere Hintergrundinformationen zu den Preisträgern des Deutschen Compliance Preises 2016 sowie zur Jury, den Nominierten und den Kriterien für die Preiswürdigkeit können Interessierte dem „Preisträger Magazin – Deutscher Compliance Preis 2016“ entnehmen (abrufbar unter www.deutsche-compliance-konferenz.de).


Kurz vor der Preisverleihung diskutierten im Rahmen der von Schulz und Armin Fladung (Ressortleiter Arbeitsrecht und Compliance des BB und CB) moderierten „Parlamentarischen Runde“ Mitglieder des Deutschen Bundestages – Dr. Thomas Gambke (Bündnis 90/Die Grünen), Metin Hakverdi (SPD) und Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU) – mit den Experten Dr. Johannes Ludewig (Nationaler Kontrollrat), Niels Lau (Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.) und Dr. Manfred Rack (Rack Rechtsanwälte) über Compliance und Bürokratieabbau. Neben aktuellen politischen Forderungen wie etwa nach der Austrocknung von Steueroasen als Folge der „Panama Papers“ wurde auch über die grundsätzliche Frage diskutiert, inwieweit eine Verrechtlichung zur Etablierung von Compliance beitragen könne. Ludewig stand einer solchen Verrechtlichung ablehnend gegenüber und verwies in Bezug auf die Erreichung von Compliance-Zielen auf den entscheidenden Wert der Unternehmenskultur.

Themenblock: Branchen-Fokus

Der zweite Konferenz-Tag richtete den Fokus zunächst auf die Automobilbranche. Den Anfang machte dabei Mirko Haase (Adam Opel AG), der über Technik-Compliance als ein neues Aufgabenfeld nach den Erfahrungen aus der Automobilbranche referierte.
Im Rahmen seines Vortrages wurde mitunter der Gedanke diskutiert, ob der Standard ISO 19600 im Sinne einer technischen Norm als Stand der Technik interpretiert werden könne und es sich hierbei um ein antizipiertes Sachverständigengutachten handele, dessen Unterschreitung eine Pflichtverletzung darstelle.

Compliance Management in der Lieferkette war sodann das Thema des Vortrages von Daria Golbeck und Frank Schmid (beide Warth & Klein Grant Thornton AG). Hierbei skizzierten die Referenten einen beispielhaften Ablauf einer Compliance-Due-Diligence und stellten entsprechend der benötigten Ermittlungstiefe unterschiedliche Informationsquellen vor.
Das folgende Panel bot den Konferenzteilnehmern interessante Einblicke in den Arbeitsalltag eines Compliance Officers. So empfahl Haase etwa in Bezug auf das Third Party Management, wenn möglich den direkten Austausch mit Lieferanten zu suchen, um ein Gefühl für mögliche Risikofaktoren zu bekommen.

 

Themenblock: Datenschutz und IT-Compliance

Im letzten Themenblock der Konferenz, „Datenschutz und IT-Compliance“, stellte Tim Wybitul (Hogan Lovells Int. LLP) zunächst die Neuerungen der unlängst durch das EU-Parlament beschlossenen EU-Datenschutz-Grundverordnung vor. Hierbei verwies er u. a. auf das sich aus dem Bußgeldrahmen ergebende Drohpotential des neuen EU-Datenschutzrechts, schließlich drohen Unternehmen bei Verstößen Bußgelder in Höhe von bis zu vier Prozent des globalen (Konzern)-Umsatzes.

Im Anschluss nahmen sich Dr. Viola Bensinger (Greenberg Traurig Germany LLP) und Heinrich Buschermöhle (]init[ AG für Digitale Kommunikation) dem Thema „Neuerungen durch das IT-Sicherheitsgesetz für KMU und Erkennung und Vermeidung von Cybercrime“ an. In ihrem Vortrag wiesen sie darauf hin, dass sich das IT-Sicherheitsgesetz zwar primär an die Betreiber kritischer Infrastrukturen („KRITIS-Betreiber“) richte, jedoch darüber hinaus auch besondere Regelungen für Anbieter von Telemediendiensten (Websites) enthalte. Neben rechtlichen Vorgaben für technische und organisatorische Schutzmaßnahmen gaben die Referenten schließlich auch praktische Empfehlungen, wie Unternehmen im Ernstfall am besten auf Vorfälle reagieren sollten.

 

Fazit

Die Deutsche Compliance Konferenz überzeugte mit abwechslungsreichen und brandaktuellen Compliance-Themen, den erneut auf politischer Ebene geführten Compliance-Diskussionen sowie der Verleihung des Deutschen Compliance Preises. Hierdurch ist es abermals gelungen, den Compliance-Themen der Zukunft auf einem angemessenen Niveau zu begegnen. Wir freuen uns bereits jetzt auf die Fortsetzung der Deutschen Compliance Konferenz im kommenden Jahr!

 

Kontakt:Florian.Schnitzler@dfv.de

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