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10.09.2015
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Haftung und Aufsicht
EuGH: Herabsetzung der Geldbußen gegen Panasonic und Toshiba wegen Kartellbeteiligung

Das Gericht hat mit Urteilen 9.9.2015 – Rs. T-82/13, T-84/13, T-91/13, T-92/13 und T-104/13 – die von der Kommission gegen Panasonic und Toshiba wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell auf dem Europäischen Markt für Röhren für Fernsehgeräte verhängten Geldbußen herabgesetzt, jedoch die gegen die anderen Kartellbeteiligten verhängten Geldbußen bestätigt.

Die Kommission verhängte mit Beschluss vom 5.12.2012 Geldbußen in einer Gesamthöhe von ungefähr 1,47 Mrd. Euro gegen sieben Unternehmen,

die zwischen 1996/1997 und 2006 an einem oder an zwei separaten Kartellen auf dem Markt für Kathodenstrahlröhren (cathode ray tubes – „CRT“) beteiligt waren.

CRT sind luftleere Glasgehäuse, die eine Elektronenkanone und eine Fluoreszenz-Anzeige enthalten. Im maßgeblichen Zeitraum gab es zwei unterschiedliche Typen: Farbbildröhren für Computerbildschirme (colour display tubes – „CDT“) und Farbbildröhren für Fernsehgeräte (colour picture tubes – „CPT“). Es handelte sich um wesentliche Bestandteile zur Herstellung eines Computerbildschirms oder eines Farbfernsehers, die in einer bestimmten Anzahl unterschiedlicher Abmessungen zur Verfügung standen.

Diese Typen von CRT waren Gegenstand zweier Zuwiderhandlungen, nämlich eines CDT-Kartells und eines CPT-Kartells, wobei jedes dieser beiden Kartelle Anlass zu multilateralen und bilateralen Zusammenkünften sowie zu weiterem Informationsaustausch gab. Die Kontakte im Zusammenhang mit CDT begannen 1996, während jene im Zusammenhang mit CPT von 1997 an stattfanden, zunächst im Rahmen des CDT-Kartells, anschließend im Wege eigenständiger Treffen. Die Zusammenkünfte fanden regelmäßig auf unterschiedlichen Ebenen der Unternehmen und an unterschiedlichen Orten in Europa und in Asien, und zwar aneinander gekoppelt, statt. Die Kartelle bestanden im Wesentlichen aus Preisfestsetzungen, aus Markt- und Kundenaufteilungen sowie aus Produktionsbeschränkungen, wobei die Durchführung der Absprachen hinsichtlich dieser Maßnahmen außerdem regelmäßig kontrolliert wurde. Darüber hinaus tauschten die beteiligten Unternehmen regelmäßig vertrauliche Geschäftsinformationen aus.

In Anbetracht ihrer Beteiligung an zwei separaten Zuwiderhandlungen, die jede für sich genommen eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung darstellte, stellte die Kommission fest, dass die weltweit führenden Hersteller von CRT gegen die im Unionsrecht vorgesehenen Kartellverbote verstoßen hätten.

Fünf Unternehmen und ihre an diesen Kartellen beteiligten Tochterunternehmen haben beim Gericht der Europäischen Union im Wesentlichen auf Nichtigerklärung des Beschlusses, hilfsweise auf Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbußen geklagt.

In seinen Urteilen vom 9.9.2015 weist das Gericht die Klagen von Samsung SDI, LG Electronics und Philips in vollem Umfang ab.

Einzelnen von Panasonic und von Toshiba sowie von MTPD, ihrem zur maßgeblichen Zeit gemeinsamen Tochterunternehmen4, geltend gemachten Klagegründen und Argumenten gibt es jedoch statt.

Das Gericht ist im Rahmen seiner Entscheidung über die von Panasonic und MTPD erhobene Klage der Ansicht, dass die Kommission, da sie über Daten verfügte, die die mit den CPT innerhalb derselben Gruppe mit einem Endprodukt verbundenen Umsätze an Waren, die anschließend im Europäischen Wirtschaftsraum verkauft wurden (EWR-Direktverkäufe über verarbeitete Waren), präziser darstellten – diese Daten waren von den beiden Unternehmen auf ein Auskunftsersuchen vorgelegt und von ihr nicht in Frage gestellt worden –, ohne Begründung von den Leitlinien abgewichen ist. Die beiden betroffenen Unternehmen hatten der Kommission nämlich vorgeschlagen, anstelle des Durchschnitts der aus den EWR-Direktverkäufen im selben Zeitraum erzielten Umsätze, multipliziert mit der Anzahl der betroffenen CPT, den gewichteten Durchschnitt der mit diesen Verkäufen verbundenen CPT nach ihrer jeweiligen tatsächlichen Größe und dem betroffenen Zeitraum zu berücksichtigen. Das Gericht setzt daher die gegen Panasonic für ihre unmittelbare Beteiligung verhängte Geldbuße von 157,5 Mio. Euro auf 128,9 Mio. Euro, die gegen Panasonic und MTPD gesamtschuldnerisch verhängte Geldbuße von 7,9 Mio. Euro auf 7,5 Mio. Euro und die gegen Panasonic, Toshiba und MTPD gesamtschuldnerisch verhängte Geldbuße von 86,7 Mio. Euro auf 82,8 Mio. Euro herab.

Außerdem erklärt das Gericht den Beschluss der Kommission insoweit für nichtig, als mit ihm eine Geldbuße von 28 048 000 Euro gegen Toshiba wegen unmittelbarer Beteiligung an der Zuwiderhandlung verhängt wurde. Das Gericht hält es für rechtlich nicht hinreichend bewiesen, dass das Unternehmen vom Bestehen eines weltweiten CPT-Kartells Kenntnis hatte oder tatsächlich informiert wurde und dass es durch sein eigenes Verhalten zu sämtlichen von den Kartellbeteiligten verfolgen gemeinsamen Zielen beitragen wollte oder diese Ziele vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, das Risiko einzugehen. Daher kann Toshiba, was den Zeitraum vom 16. Mai 2000 bis zur Gründung von MTPD am 31.3.2003 betrifft, nicht als Beteiligte an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung angesehen werden.

(PM EuGH vom 9.9.2015)

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