Die jüngsten Veröffentlichungen über langjährige Rechtspraktiken von Briefkastenfirmen in Panama sind eine weitere Bestätigung dafür, dass es richtig war, mit großem Nachdruck internationale Schritte gegen Steuerbetrug und unfaire Steuerpraktiken zu vereinbaren. Die aktuellen Ereignisse geben uns Anlass, den eingeschlagenen Weg konsequent weiter zu beschreiten. Deshalb schlägt der Bundesfinanzminister die nachfolgenden Maßnahmen vor:
- Panama muss kooperieren. Panama muss möglichst rasch dem automatischen Informationsaustausch beitreten und zudem sein Gesellschaftsrecht so weiterentwickeln, dass inaktive und substanzlose Gesellschaften und deren Gesellschafter identifiziert werden können. Gesellschafter oder Geschäftsführer müssen zu einem regelmäßigen Nachweis verpflichtet werden, welche wirtschaftliche Aktivität ihre Firma entfaltet. Wir brauchen volle Transparenz. Zur Identifikation von inaktiven und substanzlosen Gesellschaften sollte die OECD Kriterien entwickeln. Wir müssen unterscheiden können zwischen unschädlichen leeren Firmenmänteln und sogenannten Briefkastengesellschaften. Wenn Panama nicht rasch kooperiert, werden wir dafür eintreten, bestimmte in Panama getätigte Finanzgeschäfte international zu ächten.
- Wir brauchen eine Vereinheitlichung der verschiedenen nationalen und internationalen „schwarzen Listen“. Dazu brauchen wir einheitliche Kriterien, die Steuer- und Geldwäscheaspekte berücksichtigen. Die Federführung muss einer internationalen Organisation wie der OECD übertragen werden. Das gegenwärtige Nebeneinander verschiedener Listen in verschiedenen Regionen und mit unterschiedlichen Zwecken schadet der Durchschlagskraft eines solchen Systems. Auf dem Weg zu einer weltweiten Lösung werden wir in Europa mit der Schaffung einer gemeinsamen Liste vorangehen.
- Einhundert Staaten sind nicht genug: Wir müssen dafür sorgen, dass weltweit möglichst alle Staaten und Gebiete den neuen Standard für den automatischen Informationsaustausch in Steuerfragen umsetzen. Dazu müssen die ehrlichen Staaten den Druck erhöhen. Es darf sich nicht mehr lohnen, eine Heimat für Schwarzgeld zu bieten.
- Wir brauchen einen Überwachungsmechanismus für den automatischen Informationsaustausch. Das Global Forum der OECD sollte die konsequente Umsetzung des Austauschs überwachen und wirksame Sanktionen für nachlässige oder nicht kooperierende Staaten entwickeln. Eine entsprechende Feststellung der OECD wäre dann auch die Rechtsgrundlage für nationale Abwehrmaßnahmen. Wir müssen zudem sicherstellen, dass der neue Standard nicht nur auf neue, sondern auch flächendeckend auf bestehende Konten angewandt wird.
- Wir brauchen weltweit Register der wirtschaftlich Berechtigten von Firmen, um die Hintermänner von Unternehmenskonstruktionen transparenter zu machen. Gleichzeitig sollen gesellschaftsrechtliche Anforderungen so gestaltet sein, dass sie eine leichte Identifizierung der wirtschaftlich Begünstigten ermöglichen. Mit der vierten Anti-Geldwäsche-Richtlinie der EU ist ein solches Register für die EU-Staaten vereinbart worden. Deutschland führt dieses Register zeitnah ein. Das kann aber nur ein erster Schritt für eine weltweite Lösung sein. Auch hier gilt, dass nicht nur neue, sondern auch bestehende Firmen flächendeckend erfasst werden müssen.
- Wir müssen die nationalen Register weltweit systematisch miteinander vernetzen. Dazu gehört die zügige Entwicklung eines einheitlichen Standards, welche Informationen in die jeweiligen nationalen Register aufgenommen werden und wie diese verifiziert werden. Zudem brauchen die Steuerverwaltungen Zugriff auf dieses Geldwäscheregister, wie dies in Deutschland bereits geplant ist, damit ein Abgleich mit den durch den internationalen automatischen Informationsaustausch gewonnenen Erkenntnissen erfolgen kann. Die Registerinformationen sollen auch entsprechend spezialisierten Nichtregierungsorganisationen und Fachjournalisten offen stehen können. Umgekehrt erwarten wir, dass diese Nichtregierungsorganisationen und Journalisten die Ergebnisse ihrer Recherchen auch den zuständigen Behörden zur Verfügung stellen.
- Es ist nicht Aufgabe von Banken, aggressive Steuervermeidung zu begünstigen.Unterstützungsleistungen von Banken für Steuerhinterziehung von Kunden sind schon heute strafrechtlich sanktioniert. Der BEPS-Aktionsplan sieht Offenlegungspflichten für die Anbieter von Steuersparmodellen vor. Wir werden dafür sorgen, dass Banken und Berater die Rechtsrisiken aus dem Anbieten oder Vermitteln solcher Modelle künftig nicht mehr eingehen wollen. Schon jetzt lohnt es sich immer weniger, in offenkundigen Graubereichen Geschäfte machen zu wollen.
- Wir brauchen schärfere Verwaltungssanktionen für Unternehmen. Eine wirksame strafrechtliche Verfolgung von Fehlverhalten scheitert oftmals am Nachweis persönlichen Verschuldens. Daher sollten die Institutionen selbst stärker zur Verantwortung gezogen werden. So wie in den USA werden auch in Deutschland und Europa von den Aufsichtsbehörden verhängte Sanktionen künftig eine stärkere Rolle spielen. Unternehmen müssen ihrerseits die Verantwortlichen für solche Sanktionen stärker in Regress nehmen.
- Steuerhinterzieher dürfen sich nicht in die Verjährung flüchten. Es ist nicht hinnehmbar, wenn Steuerhinterzieher auf Straffreiheit durch Verjährung spekulieren können, indem sie Auslandsbeziehungen verschweigen. Wir müssen national und international erreichen, dass die Verjährungsfrist erst dann beginnt, wenn ein Steuerpflichtiger (bestehenden und neuen) Meldepflichten für Auslandsbeziehungen nachgekommen ist („Anlaufhemmung“ für die Verjährung).
- Wir werden in Deutschland unsere Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche weiter verstärken. Deutschland hat in den vergangenen Jahren strikte Vorgaben und Kontrollen zur Bekämpfung von Geldwäsche im Finanzsektor etabliert. Solche Fortschritte brauchen wir auch bei der Geldwäschekontrolle im gewerblichen Bereich, für die im Wesentlichen die Bundesländer verantwortlich sind. Die Zentralstelle für Geldwäsche-Verdachtsmeldungen („Financial Intelligence Unit“) wird vom Bundeskriminalamt zum Zoll verlagert und dabei mit neuen Kompetenzen und deutlich mehr Personal ausgestattet. Wir werden auch mit den Ländern darüber reden, wie wir die Bekämpfung von Geldwäsche im gewerblichen Bereich in unserer föderalen Ordnung effizienter organisieren können. Wir brauchen zudem eine rechtspolitische Initiative für bessere Gewinnabschöpfungen aus illegalen Geschäften sowie schärfere Sanktionen und ein erleichtertes Einfrieren von Vermögen.
Viele Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Geldwäsche können nur dann Wirkung entfalten, wenn die Staaten weltweit zusammenarbeiten. Wir brauchen global wirksame Lösungen. Auf dem Weg dorthin haben wir – auch durch deutsche Initiative – in den vergangenen drei Jahren mehr erreicht als in den dreißig Jahren zuvor. Deswegen werden wir auch die hier vorgestellten weiteren Schritte in die internationale Abstimmung einbringen. Deutschland wird dies in enger Abstimmung mit europäischen Partnern und der OECD tun.
(PM BMF vom 11.4.2016)