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CB-Standpunkte
06.10.2016
CB-Standpunkte
Prof. Dr. Martin Schulz: Compliance- und Integritätskultur als Erfolgsfaktor für Compliance im Mittelstand

Mittelständische Unternehmen haben eine große Bedeutung, der Mittelstand gilt als „Rückgrat der deutschen Wirtschaft“. Der Umsetzungsgrad von Compliance-Management ist in vielen mittelständischen Unternehmen jedoch nach wie vor sehr unterschiedlich: Während viele Konzerne und große Unternehmen seit längerem über umfangreiche Compliance-Programme bzw. über ein etabliertes Compliance-Management-System (CMS) verfügen, fehlt es in mittelständischen Unternehmen häufig noch an vergleichbaren Strukturen und Prozessen. Dies gilt trotz der Tatsache, dass kleinere und mittelständische Unternehmen den Risiken aus „Non-Compliance“ und Rechtsverstößen grundsätzlich genauso ausgesetzt sind wie andere Unternehmen.

Mittelständische und kleinere Unternehmen verfügen jedoch häufig nicht über ein vergleichbares Budget und vergleichbare Ressourcen zur Beschäftigung mit Compliance-Fragen oder zur Einführung eines CMS. Zudem fehlt es teilweise auch noch an der notwendigen Sensibilisierung für die Bedeutung rechtlicher Risiken und ihrer strategischen Steuerung, die gestiegene Bedeutung von Compliance und Compliance-Management wird unterschätzt. Die Frage der Wahrnehmung von Compliance-Management stellt sich bei mittelständischen Unternehmen daher in doppeltem Sinne: Zum einen geht es um Sensibilisierung der Unternehmensleitung für das Thema Compliance und die Notwendigkeit von Compliance-Management. Zum anderen stellt sich die Frage, wer die Compliance-Verantwortung und konkrete Compliance-Maßnahmen übernehmen soll.

Als Antwort gibt es kein „Patentrezept“, vielmehr zeigt die Unternehmenspraxis ganz unterschiedliche Organisationsmodelle: Teils wird die Compliance-Funktion durch den (Allein-) Unternehmer bzw. Mitglieder der Geschäftsleitung wahrgenommen, teilweise werden Compliance-Aufgaben an Compliance-Officer delegiert. In anderen Unternehmen werden Compliance-Aufgaben von der Rechtsabteilung oder die interne Revision übernommen. Schließlich beauftragen Unternehmen auch externe Anbieter (wie Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer) mit der Ausführung von Compliance-Aufgaben.

Unabhängig von der jeweiligen Organisationsstruktur kommt es für die effektive Erfüllung der Compliance-Aufgaben in jedem Fall auf eine enge Abstimmung und Koordination zwischen Unternehmensleitung und den beauftragten Personen bzw. Unternehmenseinheiten an (sog. „Schnittstellenmanagement“). Dabei können mittelständische Unternehmen Vorteile haben, denn in vielen dieser Unternehmen gibt es flache Hierarchien und kurze Berichtswege, die Geschäftsleitung hat einen „direkten Draht“ zu den Unternehmensangehörigen.

Ein weiterer Vorteil mittelständischer Unternehmen besteht in der Tatsache, dass die Gründer bzw. Unternehmenseigentümer häufig eine dominante Stellung einnehmen. Diese Position verleiht ihnen eine gute Möglichkeit zur Förderung einer Compliance- und Integritätskultur. Diese beschreibt die Bedeutung, welche die Unternehmensangehörigen einem regelkonformen und integren Verhalten beimessen. Diese Kultur spielt für den Erfolg von Compliance-Management eine ausschlaggebende Rolle. Denn aktuelle Untersuchungen haben bestätigt, dass sich Compliance nicht auf Legal Compliance beschränkt und ein integrierter Ansatz von Compliance- und Integritätsmanagement erfolgversprechender ist als ein rein regel- und kontrollbasierter Compliance-Ansatz.

Da weithin Konsens dahingehend besteht, dass die Unternehmenskultur durch das Verhalten der Unternehmensleitung geprägt wird, haben mittelständische Unternehmen diesbezüglich eine große Chance. Die Geschäftsleiter können durch vorbildliches Verhalten und klare Kommunikation einer wertebasierten Unternehmensführung den Grundstein für wirksame Compliance legen.

Prof. Dr. Martin Schulz, LL.M. (Yale), ist Professor für deutsches und internationales Privat- und Unternehmensrecht an der German Graduate School of Management and Law (GGS), Heilbronn. Publikations- und Forschungsschwerpunkte sind deutsches und internationales Gesellschaftsrecht, Compliance Management sowie Wissensmanagement für Juristen.

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